Knapp sechs Zehntel im Q1, sogar gut sechs im Q2 und noch immer für Monza stolze dreieinhalb im finalen Q3. Während Kimi Räikkönen mit der Pole Position im Ferrari Monza Jubeln ließ und seinen Teamkollegen Sebastian Vettel eine seltene Pleite im Qualifying zufügte, fuhr Landsmann Valtteri Bottas seinem Stallrivalen bei Mercedes nur hinterher.

Lewis Hamilton war immer deutlich schneller, wie die eingangs genannten Abstände vor Augen führen. Aber warum? Warum war Bottas im Kampf um einen guten Platz in der Startaufstellung für das Formel-1-Rennen in Monza 2018 so schwach? Lag es nur am Windschatten, das ja so große Thema am Samstag? Dagegen spricht, dass Bottas immer hinten war - und das Mercedes ohnehin abwechselte, Bottas nicht zum permanenten Helfer degradierte.

Valtteri Bottas: Der Windschatten war es nicht

Und auch Bottas nennt das lediglich als kleine Randnotiz. Stattdessen stecke etwas anderes dahinter: Die gesamte Entwicklung über das Wochenende in Sachen Setup an seinem Mercedes.

"Ich fühle ich mich das ganze Wochenende vor allem in Kurve eins nicht wohl beim Anbremsen. Auch heute war der gesamte Tag schwierig für mich. Wir haben für das dritte Training ziemlich große Änderungen am Setup vorgenommen. Danach war das Auto besser in den Kurven, aber wir haben Performance beim Anbremsen verloren und es war sehr einfach, die Räder zu blockieren. Dann sind wir wieder zurückgegangen, so ziemlich auf das von Freitag, nur mit ein paar Anpassungen an der Balance. Dann war das Auto viel besser, aber es war immer noch nicht optimal", schildert Bottas den Status Quo bis zum Qualifying.

Bottas auf der Bremse nicht warm geworden

Deshalb sei es auch im Zeittraining noch nicht richtig rund gelaufen. "Auch in Q3 habe ich mich da nicht gut gefühlt und eine Fehler im ersten Versuch dort gemacht und mich verbremst. Danach war es schwierig, die Kurve im zweiten Versuch richtig hinzubekommen. Und auch auf der Geraden habe ich wegen weniger Windschatten dreieinhalb Zehntel verloren", so Bottas, im zweiten Schuss anders als im ersten der Windschatten-Spender bei Mercedes. "Ich habe die Runde einfach nie recht zusammenbekommen."

"Valtteri erlebte bislang ein kniffliges Wochenende. Er fühlte sich nicht ganz wohl im Auto, was sich heute in seiner Position niedergeschlagen hat", bestätigt Toto Wolff. "Wir haben mit ihm das ganze Wochenende am Setup experimentiert und sind nie zu dem Punkt gekommen, dass er das Vertauen ins Auto erlangt. Man konnte sogar sehen, dass er mal Bestzeit im zweiten Sektor hatte. Aber er hat es einfach nicht zusammenbekommen", so der Österreicher.

Bottas atmet auf: Gut, dass Red Bull hier sowieso keine Gefahr ist

Das passt zu Bottas Aussagen, vor allem auf der Bremse gekämpft zu haben. Denn im zweiten Sektor ist Monza mit den Lesmos noch mit Abstand am flüssigsten, die harten Bremszonen befinden sich in Sektor eins. Wenn es dort nicht passt, fatal auf einem Stop&Go-Kurs, wie Mercedes-Ingenieur Andrew Shovlin ausführt: "valtteri fühlte sich beim Anbremsen im Auto nicht ganz so wohl wie Lewis und auf dieser Strecke benötigt man bei den starken Bremsmanövern volles Vertrauen ins Auto."

Für das Rennen ist jedoch noch nichts verloren. "Er hat jedoch heute im Verlauf der Sessions gute Fortschritte erzielt und startet aus einer Position, aus der wir Ferrari vor uns angreifen und unter Druck setzen können", so Shovlin. Tatsächlich fuhr Bottas seinem Teamkollegen und Ferrari nämlich hinterher, für Platz vier reichte es jedoch noch immer völlig locker. Weil Red Bull in Italien einfach keine Rolle spielt. Verstappen gab auch Bottas noch eine Sekunde mit. "Gut, dass wir von hinten dieses Wochenende keine große Bedrohung von Red Bull haben", atmet der Finne auf.

Bottas hofft auf Rennen: Longrun-Balance war besser

Am Rennsonntag sieht sich Bottas besser aufgestellt, war mit der Balance in den Probeläufen für den Grand Prix am Sonntag zufriedener als mit der Pace auf eine Runde. "Das Gefühl im Longrun war okay, ich habe keine großen Bedenken, dass das Auto dafür nicht ganz optimiert ist. Das Setup ist jetzt nahe dran, wie es sein soll. Wir müssen einfach da sein. Es geht einfach nur darum, ob wir genug Pace für Ferrari haben und die Reifen bei uns lang genug halten", so der Finne.

Direktes Hinterherfahren ist dafür bekanntlich pures Gift. Doch genau das ist wegen des so enormen Windschatten-Effekts in Monza jetzt sehr gut möglich. Deshalb gibt sich Bottas vorsichtig mit Prognosen für das Duell mit Ferrari. "Hier spürst du es [das voranfahrende Auto, Anm. d. Red.] innerhalb von zwei Sekunden Abstand in den Kurven, aber auf den Geraden gewinnst du ordentlich. Wir werden sehen, wie nah wir den Ferrari folgen können. Wir müssen es so nah wie möglich machen, um angreifen zu können wenn es eine Gelegenheit gibt. Mit den Reifen sollte es schon okay sein. Hoffentlich", so Bottas zu Motorsport-Magazin.com.

"Das Wochenende ist auf alle Fälle noch nicht vorbei, denn das Rennen ist erst morgen und wir werden alles geben, um Ferrari unter Druck zu setzen und sie anzugreifen. Warten wir ab, was bei der Strategie möglich ist. Ich bin mir sicher, dass die erste Runde sehr interessant wird, da wir vor der ersten Kurve vielleicht einen leichten Windschatten haben könnten …", hofft der Finne auf eine schnelle Änderung der Gemengelage gleich am Start in Monza.