Spa 2018: Rettete der Halo Leclerc das Leben? (04:51 Min.)

Die Formel 1 und Halo. Was lange nie miteinander warm zu werden schien, hat jetzt durch einen Vorfall beim vergangenen Belgien GP einen völligen Umschwung erfahren. In Spa-Francorchamps hatte Nico Hülkenberg am Start Fernando Alonso abgeschossen. Dessen McLaren legte eine Flugshow hin, schrammte dabei über das Cockpit des Sauber-Boliden von Charles Leclerc.

Eine irre Szene - ähnlich der von Romain Grosjean, ebenfalls mit Alonso, vor sechs Jahren an selber Stelle. Größter Unterschied neben der für Alonso vertauschten Rolle: Heuer gab es den Cockpitschutz Halo . Der Bügel zeigte tatsächlich Kampfspuren. Klar und deutlich zu erkennen war der schwarze Gummiabrieb des Alonso-Reifens auf dem weißen Halo des Alfa-Saubers Leclercs. Diese Fotos gingen schnell um die Welt.

Nico Hülkenberg weiter kein Halo-Fan, aber überzeugt

Etwas später ließen die Onboard-Aufnahmen diverser Cockpits den Atem stocken, führten zusätzlich vor Augen, dass Halo hier tatsächlich erstmals in der Formel 1 Schlimmeres verhindert, vielleicht ein Leben gerettet haben könnte. Auch die F1-Piloten bekamen das natürlich in der kurzen Zeit bis zum nächsten Rennen in Monza mit. Vor dem Italien GP äußerten sich die Fahrer nun zum ersten Mal mit diesem Wissen.

Die große Frage: Erscheint der Halo jetzt in einem anderen Licht? Legen selbst schärfste Kritiker ihre Stimmungsmache gegen die Optik, Stichwort Flip-Flop, beiseite? Zusammengefasst: Tatsächlich herrscht ein gewisser Meinungsumschwung vor, doch manche Einstellung bleibt unverrückbar. Motorsport-Magazin.com hat die wichtigsten Aussagen aus dem Fahrerlager.

Zunächst zu den direkt Beteiligten. Unfallverursacher Nico Hülkenberg, immer einer der größten Halo-Gegner, ist jetzt etwas überzeugter. Aber nicht abschließend. "Auch wenn ich noch immer kein großer Fan von Halo bin muss ich die Fakten anerkennen und zugeben, dass es der F1 etwas bringt, vor allem die Sicherheit finden wir im Auto ganz gut. Also noch immer etwas gemischte Gefühle, aber ich kann daran sowieso nichts machen", sagt Hülkenberg, meint damit aber nur die Optik, klar.

"Es hat sich sonst als ein gutes Teil herausgestellt. Wir können natürlich nicht sagen, was ohne es gewesen wäre, aber wenn du die Bilder danach gesehen hast mit den Spuren der Reifen, dann schaut es schon recht deutlich aus. So gesehen hat es einen sehr guten Job gemacht und den Kopf geschützt", ergänzt der Emmericher.

Charles Leclerc: Halo verdient jetzt, in Formel 1 zu sein

Charles Leclerc, der eigentliche Betroffene, ist diesbezüglich erstaunlich weniger überzeugt. "Wenn wir uns die Bilder ansehen können wir nicht ganz sicher sein, was ohne es passiert wäre", meint der Monegasse. "Aber natürlich war ich ziemlich happy, dass ich ihn über meinem Kopf hatte", ergänzt der Ferrari-Junior. Im Zweifel also besser mit als ohne Halo. "Es verdient jetzt in der F1 zu sein. Ob es schlecht aussieht oder gut spielt jetzt keine Rolle mehr finde ich", meint Leclerc.

Alonso: Will gar nicht wissen, wo ich ohne Halo eingeschlagen wäre

Auch Torpedo Alonso ist nicht 100 Prozent sicher, ob in Spa erstmals vom Lebensretter Halo in der Formel 1 gesprochen werden kann. "Es ist schwer zu sagen, wo mein Vorderreifen auf Charles' Cockpit gelandet wäre. Ich würde das aber lieber auch gar nicht wissen. Egal, ob es der Kopf, die Hände am Lenkrad oder was auch immer es gewesen wäre. Deshalb ist es mit diesem Zweifel nur gut, Halo zu haben. Der Bereich des Cockpits ist eben der fragilste Teil des Autos und der Halo hat gemacht was er sollte", lobt Alonso. Der Spanier schlägt sich also klar auf die Seite der Pro-Halo-Fraktion. "Wir sollten happy damit sein, ich habe keine Bedenken."

"Der Halo hat in Spa einen sehr guten Job gemacht, Charles' Kopf zu schützen", stimmt Mercedes-Pilot Valtteri Bottas zu. Daniel Ricciardo unterdessen erinnert, ohnehin immer in Team Halo gespielt haben. "Ich habe das Gefühl, immer für einen Kopfschutz gewesen zu sein. Ich denke, für den Look war niemand von uns. Aber vor allem nach Wilsons Crash vor ein paar Jahren habe ich gesagt, dass etwas passieren muss. Und ich bin weiter dafür."

Ricciardo: Halo-Kritiker haben jetzt ihren Beweis

Für Ricciardo deutet alles darauf hin, dass Halo in Spa Schlimmeres verhindert hat. "Hartleys Onboard hat es am besten gezeigt. Alonso kam von der Seite und es wäre sehr knapp geworden, wenn er kein Halo gehabt hätte. Es hat gemacht, was es machen sollte. Das ist auch gut mit Blick auf die Kritiker, die es nicht mögen. Jetzt haben wir den Beweis, dass es vor schweren Verletzungen schützen kann", meint Ricciardo.

Genau diese Bedenken hatte es trotz aller Studien der FIA nämlich auch weiter gegeben. Vor allem überwog jedoch die Kritik an der Optik. Max Verstappen nimmt deshalb auch heute seine Aussage vom Flip-Flop nicht zurück. Auch Kevin Magnussen hadert weiter mit der Optik. "Es ändert für mich nicht die Tatsache, dass meine Vorstellung von der Formel 1 ohne Halo auskommt. Genau wie meine Vorstellung von einem Motorrad ist, dass es zwei Räder hat", so der Däne ziemlich deutlich.

Magnussen: Halo passt nicht zu meiner Vorstellung der Formel 1

Über eine optische Alternative wie eine Scheibe wolle er gar nicht mehr sprechen. "Es ist jetzt so da wie es ist und wird sich vielleicht nicht mehr ändern, ich kann das sowieso nicht beeinflussen", resigniert der Däne bei Motorsport-Magazin.com.

Wie Hülkenberg erkennt auch Magnussen als einer der größten Polterer gegen Halo, als der Cockpitschutz verpflichtend wurde, an, dass die Wirkung offenbar stimmt. "Es ist schwierig zu bewerten. Ich bin einfach froh, dass niemand verletzt wurde. Das will niemand. Das ist die Quintessenz. Es gibt da nicht mehr viel zu fragen, wenn der Halo ein Leben rettet. Dann sagst du ja nicht: Ich wünschte, es wäre nicht da gewesen. Ich bin froh, dass es in diesem Fall da war."

Technik erklärt: Formel-1-Cockpitschutz Halo im Detail (23:34 Min.)

Sebastian Vettel: Alte Bilder ohne Halo heute komisch

Und dann ist da noch Sebastian Vettel, ebenfalls zumindest unter optischen Gesichtspunkten nie ein großer Halo-Fan. Das ist der Deutsche noch immer nicht. Doch bestätigt Vettel mit einer Aussage, wie es sicher auch vielen TV-Zuschauern ergeht. Wirklich bemerkt wird der Halo gar nicht mehr. "Jeder hat sich daran gewöhnt, überraschend zu sehen wie schnell das ging", so DER Ferrari-Fahrer. Tatsächlich wird 2018 nicht Wochenenden für Wochenende gegen Halo gewettert. Vettel geht sogar einen Schritt weiter: "Es ist fast so, dass du denkst, es fehlt etwas, wenn du alte Bilder siehst."