Formel 1: Toro Rosso Teamchef Franz Tost im Exklusiv-Interview (18:12 Min.)

Haas und Sauber sind zwar 2018 überraschend konkurrenzfähig, doch Freunde haben sich die Ferrari-Kunden in der Formel 1 nicht überall gemacht. Haas fährt schon seit dem Formel-1-Einstieg 2016 als Ferraris Edelkunde, in dieser Saison wuchs mit Alfa Romeo Sauber die Ferrari-Familie weiter an.

Die Formel 1 ist inzwischen eine Dreiklassengesellschaft: Werksteams, B-Teams und kleine unabhängige Privatiers. Toro Rosso schwebte in den letzten Jahren irgendwo zwischen Privatteam und B-Team. 2019 wird sich das drastisch ändern, wie Teamchef Franz Tost im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com verriet.

"Ja, wir werden ans Limit der Listed Parts gehen", bestätigte der Österreicher. Die Listed Parts sind jene Teile, die ein Formel-1-Rennstall selbst entwickeln und herstellen muss, um per Reglement noch als eigenständiger Rennstall zu gelten. "Ich kenne die Liste in- und auswendig und wir werden so viele Teile, wir das Reglement zulässt, von Red Bull Technology beziehen."

Toro Rosso 2019: Back To The Roots

Als Red Bull Minardi 2006 übernahm und Toro Rosso gründete, war der Plan von Anfang an, ein B-Team von Red Bull Racing zu kreieren. Allerdings machte 2010 das Reglement Toro Rosso einen Strich durch die Rechnung, zahlreiche Teile mussten vom Team selbst entwickelt und hergestellt werden.

Inzwischen wurde das Reglement wieder aufgelockert, mit Haas und Sauber exerzieren gleich zwei Rennställe das Modell gemeinsam mit Ferrari sehr exzessiv. "Der Haas ist mehr oder weniger ein Ferrari, bei dem ein paar Monate früher die Zeichnungen freigegeben worden sind, Sauber arbeitet auch sehr eng mit Ferrari zusammen", meint Tost. "Man sieht ja, welche Entwicklungen das Team in der Zwischenzeit durchgemacht hat."

"Wozu sollen wir in Eigenregie Teile entwickeln, die man von Red Bull Technology kaufen kann?", fragt sich Tost. "Das ist nicht notwendig. Erstens werden wir dieses Level nie erreichen, zweitens ist es nicht nötig, das Geld auszugeben."

Toro Rosso Teamchef Franz Tost im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com, Foto: Casio Edifice
Toro Rosso Teamchef Franz Tost im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com, Foto: Casio Edifice

"Ich habe dazumal schon gesagt, dass die Zusammenarbeit zwischen Red Bull und Toro Rosso der Weg der Zukunft ist. Ich finde es einfach blödsinnig, dass jedes einzelne Team einen eigenen Windkanal hat, eigenes CFD und so weiter. Wenn du Autos auf der Startaufstellung anschaust, siehst du nicht die großen Unterschiede, die man sich erwartet. Meiner Meinung nach sollte es fünf oder sechs Werksteams und fünf oder sechs Kundenteams geben."

Getriebe & Aufhängungen von Red Bull

2019 ist für Toro Rosso der perfekte Zeitpunkt, um wieder auf das Kundenmodell zurückzugreifen, weil auch Red Bull in der kommenden Saison mit Power Units von Honda an den Start gehen wird.

Neben den Getriebeinnereien wird Toro Rosso dann auch das Getriebegehäuse von Red Bull erhalten. Damit gehen auch Aufhängungsteile einher, die im Getriebegehäuse untergebracht sind, also die Feder-Dämpfer-Einheit. Auch die Fahrwerksgeometrie wird damit festgelegt, weil die Querlenker am Getriebegehäuse angebracht sind. Entsprechend kommen auch Querlenker und Radträger von Red Bull.

Toro Rosso wird nicht mehr alle Teile selbst entwickeln, Foto: Red Bull Content Pool
Toro Rosso wird nicht mehr alle Teile selbst entwickeln, Foto: Red Bull Content Pool

An der Vorderachse wird es ähnlich aussehen, allerdings noch nicht 2019. Weil sich das Reglement hier ändert, könnte es etwas eng im Zeitplan werden. "Bei Red Bull dauert es immer etwas länger", weiß Tost aus Erfahrung. "Dann haben wir Angst, dass das zu lange dauert und bis zum ersten Test nicht mehr fertig wird."

Eine ausführliche Hintergrundgeschichte zur Verwandlung von Toro Rosso gibt es in der nächsten Print-Ausgabe von Motorsport-Magazin.com. Für die Recherche haben wir uns in die Teamfabrik nach Faenza begeben. Die nächste Ausgabe erscheint am 06.09.2018.