Das Fahrerkarussell für die Formel-1-Saison 2019 nimmt Fahrt auf. Keine Zeit des Jahres bietet sich besser für Vertragsgespräche an als die Sommerpause. McLaren wartet auf die Entscheidung von Fernando Alonso und grübelt über die schwachen Leistungen von Stoffel Vandoorne. Und dann ist da auch noch Nachwuchstalent Lando Norris, das seinen Chefs Kopfzerbrechen bereitet.

Der junge Brite gilt bereits seit Jahren als zukünftiger Formel-1-Pilot und hat auf seinem Weg durch die Nachwuchsserien bisher auch keinen Zweifel daran aufkommen lassen. Nach seinem dominanten Titelgewinn in seinem Debütjahr in der Formel 3 EM stieg er für 2018 in die Formel 2 auf, wo er aktuell auf dem zweiten Gesamtrang hinter Mercedes-Junior George Russell liegt. Der Aufstieg in die Königsklasse scheint nur noch eine Frage der Zeit.

"Es ist schwierig zu sagen, besonders in der momentanen Situation, in der niemand wirklich weiß was Fernando nächstes Jahr machen will", vermag der 18-Jährige im Rahmen der Budapest-Testfahrten seine Chancen auf ein Stammcockpit 2019 noch nicht wirklich einzuschätzen. Der Wunsch ist zweifelsohne auch nach einer halben Saison Formel 2 schon vorhanden: "Es wäre natürlich schön, in der Formel 1 zu fahren."

Konkurrenten buhlten bereits um McLaren-Talent Norris

Norris gehört seit Anfang 2017 zum Nachwuchskader McLarens und der britische Traditonsrennstall baut bereits auf seinen Rohdiamanten. "Lando ist ein McLaren-Pilot und wir glauben, dass er hier eine glänzende Zukunft vor sich hat. Wir sind nicht daran interessiert, Lando langfristig irgendwo hingehen zu lassen", stellte CEO Zak Brown vor einigen Monaten klar - und das nicht ohne Grund.

Toro Rosso hatte auf der Suche nach einem Ersatz für den strauchelnden Brendon Hartley bei McLaren angeklopft, in der Hoffnung Norris loseisen zu können. Und Red Bulls Juniorteam soll Gerüchten zufolge nicht der einzige Rennstall gewesen sein, der Gefallen an Norris gefunden hat. Die Chance 2019 Formel 1 zu fahren dürfte sich ihm also auch außerhalb von McLaren bieten. "Bei McLaren zu bleiben ist vielleicht besser für mich", glaubt der Youngster.

Seine Chancen auf ein Stammcockpit dort dürften tatsächlich nicht allzu schlecht stehen. Vandoorne unterperformt in seinem zweiten Jahr neben Alonso, sodass selbst Brown zuletzt in Budapest äußerte, dass er es doch gerne sehe würde, wenn der Belgier seinen erfahrenen Teamkollegen zur Abwechslung auch einmal hinter sich lässt. Sowohl im Qualifying als auch im Rennen landete Vandoorne an allen zwölf Rennwochenenden hinter Alonso.

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Norris gefällt Freitagsfahrer-Modell: Formel 1 lernen braucht Zeit

Beim zweimaligen Weltmeister wiederum steht nach wie vor ein Wechsel in die IndyCar im Raum. Doch selbst wenn McLaren an Alonso und Vandoorne festhalten sollte, könnte sich Norris eine Formel-1-Zukunft dort vorstellen. "Ich will dann gerne die Trainings am Freitag fahren und mehr Möglichkeiten haben, ein F1-Auto zu fahren", kann er sich ein vorbereitendes Jahr gut vorstellen - jedoch mit dem Nachsatz, dass dann ein Stammcockpit für 2020 in Aussicht stehen müsse.

Das Lehrjahr an sich käme ihm sogar sehr gelegen, wie er erklärt: "In dieser von Aerodynamik geprägten Formel 1 ist es nicht einfach, ins Cockpit zu springen und sofort schnell zu sein. Es gibt viele Dinge, besonders im Vergleich zur Formel 2, die sehr knifflig sind und an die man sich nicht so leicht gewöhnt. Jeder Fahrer, auch ich, braucht was das angeht Zeit. In den Freien Trainings lernst du viel über das Auto, das Team und die Richtung in die gearbeitet wird."

Eine Alternative um 2019 doch schon eines der heißbegehrten Stammcockpits in der Formel 1 zu ergattern, wäre eine Ausleihe an ein anderes Team. Demgegenüber zeigte sich Brown bisher offen. "Wenn es eine Möglichkeit für ihn ist Erfahrung zu sammeln denke ich, dass wir es in Erwägung ziehen würde", so der US-Amerikaner. Auch Norris hätte nichts dagegen.

Ausleihe für 2019? Norris kann es sich vorstellen

"Natürlich kann ich mir das auch vorstellen. Ich würde das gerne sehen, einfach nur damit ich in der Formel 1 fahren kann", erklärt er gegenüber Motorsport-Magazin.com. Mit Blick auf das momentane Kräfteverhältnis in der Formel 1 wäre er damit nicht schlecht beraten, denn so gut wie jedes Paket ist derzeit besser als das von McLaren. Doch das Leihmodell hat bei ihm keineswegs Priorität.

"Ich denke nicht, dass das der beste Weg ist", sagt er. "Idealerweise bin ich auch nächstes Jahr bei McLaren, das ist für mich die perfekte Situation." Vielleicht auch, weil sein kometenhafter Aufstieg durch die Nachwuchsserien dieses Jahr einen kleinen Dämpfer erfährt. Nach einem Sieg beim Auftaktrennen und Meisterschaftsführung an den ersten Rennwochenenden, fiel er hinter Russell zurück.

Norris legt Fokus auf Formel-2-Titelkampf 2018

Zuletzt kämpfte er sich wieder an den Führenden heran. Bei noch vier ausstehenden Rennwochenenden liegt er zwölf Punkte zurück. Sollte es mit dem Titel nicht klappen, hätte McLaren ein Argument ihn zu vertrösten und ein weiteres Jahr in der Formel 2 fahren zu lassen. "Ich muss mich einfach auf die Formel 2 konzentrieren und dort den bestmöglichen Job machen und hoffentlich gewinnen. Das ist das Beste, was ich machen kann", so Norris.

Mit dem Formel-2-Titel in der Tasche könnte er im Unterhaus der Königsklasse nicht mehr antreten und McLaren müsste sich etwas einfallen lassen. Vandoorne parkte man damals in der japanischen Super Formula, jedoch nur weil das Team mit Alonso und Jenson Button eine starke Fahrerpaarung hatte. Angesichts des schwächelnden Vandoornes hat Norris bessere Chancen, bei einem Titelgewinn ein Formel-1-Cockpit zu erhalten.

Allzu viele Gedanken will er sich über die unterschiedlichen Szenarien für 2019 aber zu diesem Zeitpunkt nicht machen. "Die Entscheidung liegt sowieso nicht bei mir. Die Bosse und Fernando entscheiden", so Norris. Letzterer hatte angekündigt, sich in der Sommerpause Gedanken über die Zukunft machen zu wollen. In wenigen Wochen sollte der Alonso-Domino also fallen und damit möglicherweise auch Norris' Weg für 2019 bestimmen.