Pirellis Vertrag mit der Formel 1 läuft noch bis Ende 2019. Danach ist die Reifenzukunft der Königsklasse ungewiss. Der Automobilweltverband FIA hat am Donnerstag vor dem Deutschland GP die Ausschreibung für den Nachfolger des aktuellen Vertrages veröffentlicht, die Laufzeit ist von 2020 bis 2023 angegeben.

Auch nach 2019 soll es einen Einheitslieferanten in der Formel 1 geben, so heißt es in der Ausschreibung. Dass FIA-Präsident Jean Todt keinen kostspieligen Reifenkrieg will, ist bereits länger bekannt.

Richtig interessant wird es aber bei den technischen Details zum Formel-1-Reifen der Zukunft. 2020, im ersten Jahr des neuen Reifenvertrages, soll sich demnach kaum etwas ändern. Die Dimensionen der Pneus bleiben gleich, weil es bis dahin auch keine Regel-Revolution bei den Autos geben wird.

Vorderreifen werden 2021 schmaler

2021 allerdings steht in der Formel 1 alles auf dem Prüfstand: Geldverteilung, Teilnehmer, Regeln und Reifen. Es wird eine Revolution. Die Reifen sollen dabei eine große Rolle spielen. Während aktuell auf 13-Zoll-Reifen gefahren wird, sollen 2021 18-Zoll-Reifen zum Einsatz kommen.

Die Niederquerschnittsreifen sehen jenen, die auf straßenzugelassenen Sportwagen zum Einsatz kommen, deutlich ähnlicher. Die Vorderreifen sollen dann in der Breite schrumpfen. Derzeit 305 Millimeter breit, werden es 2021 nur noch 270 Millimeter sein. Die Hinterreifen sind weiterhin mit 405 Millimeter veranschlagt.

JahrVorderreifenHinterreifenHeizdecken
2020305/67-13405/67-13Ja
2021270/D1-18405/D2-18Nein
2022270/D1-18405/D2-18Nein
2023270/D1-18405/D2-18Nein

Die 18 Zoll sind noch nicht ein Stein gemeißelt, Reifenhersteller, die sich an der Ausschreibung beteiligen, dürfen eigene Vorschläge einbringen. Der Reifendurchmesser vorne und hinten soll aber in der Region von 700-720 Millimeter liegen.

Nicht nur für Aerodynamiker und Fahrwerkstechniker wird der größere Durchmesser eine große Herausforderung: Neben den Dimensionen soll noch ein weiterer Faktor geändert werden. Ab 2021 soll das schwarze Gold auf Heizdecken verzichten.

Formel 1 stellt Forderungen für Reifenverschleiß

Neben den technischen Daten gibt die FIA auch noch weitere Ziele aus. Die Verbesserung der Show steht dabei - neben dem Sicherheitsaspekt - im Mittelpunkt. Dazu werden genaue Ziele beim Reifenabbau angegeben, um unterschiedliche Rennstrategien zu ermöglich.

Mischung2 Sekunden Abbau nachRundenzeit
Hart22% der RenndistanzBasiszeit
Mittel18% der Renndistanz1,2s schneller
Weich10% der Renndistanz2,2s schneller

Bei drei verschiedenen Reifenmischungen, die weiterhin an einem Wochenende zum Einsatz kommen sollen, soll die härteste Mischung über 22 Prozent der Renndistanz um zwei Sekunden langsamer werden. Die mittlere Mischung soll diesen Abbau nach 18 Prozent erreicht haben, die weichste Mischung bereits nach 10 Prozent. Dafür soll der weichste Reifen auf eine Runde 2,2 Sekunden schneller sein als der härteste Reifen, der mittlere Reifen rund 1,2 Sekunden.

Durch diese Formel ergeben sich verschiedene Rennstrategien, von einem Stopp bis zu drei Reifenwechsel. Schon 2020 sollen bei mindestens 75 Prozent aller Rennen diese Werte erreicht werden, in den Folgejahren soll dieser Wert noch gesteigert werden.

  • Ein-Stopp: 1x Medium + 1x Hard
  • Zwei-Stopp: 1x Soft + 2x Medium
  • Drei-Stopp: 3x Soft + 1x Medium

Um die Show zu verbessern, wird zudem ein sogenannter 'Cliff' vorgeschlagen, der nach dem linearen Verschleiß kommen soll. Gerät der Reifen ans seine Verschleiß-Grenze, gibt es unter der tatsächlichen Mischung noch eine zusätzliche Mischung. Darauf lässt sich zwar noch fahren, allerdings verliert der Pilot schlagartig Performance.

Auch bei den Betriebstemperaturen will die FIA einen Reifen, der nicht mehr so kompliziert ist. Alle Mischungen sollen sich in Abhängigkeit von der mittleren Mischung ähnlich verhalten. Das Reifenverständnis soll einfacher werden.

MischungOptimale KerntemperaturArbeitsfenster
A (Härteste)(X + 10 bis 15) °COptimale Kerntemp +-15°C
B(X + 5 bis 10) °COptimale Kerntemp +-15°C
CX°COptimale Kerntemp +-15°C
D(X - 5 bis 10) °COptimale Kerntemp +-15°C
E (Weichste)(X - 10 bis 15) °COptimale Kerntemp +-15°C

Dazu ist ein weiteres Ziel, die Fahreigenschaften deutlich zu verbessern. Das Problem des Überhitzens soll erheblich reduziert werden, die Piloten müssen die Pneus wieder härter ran nehmen können. Wenn der Reifen beim Hinterherfahren oder bei unsanfter Fahrweise überhitzt, soll er sich anschließend schnell wieder regenerieren und keine bleibenden Schäden davon tragen.

Gleichzeitig, so die Anforderungen die FIA, muss die Performance der neuen Reifen mindestens auf dem Niveau der 2019er Pneus bleiben. Die Arbeitsbedingungen dafür sollen größer ausfallen, es soll mehr Freiheiten bei der Fahrzeugabstimmung geben.

Die erste Phase der Ausschreibung läuft bis zum 31. August 2018. Anschließend wird es zwei weitere Phasen geben, deren genauen Daten noch bekanntgegeben werden.

Pirelli & Michelin Favoriten für Formel-1-Reifen

Pirelli kündigte bereits an, weiterhin an der Formel 1 interessiert zu sein. "Wir liefern das, was von uns verlangt wird", sagte Pirelli CEO Marco Tronchetti Provera erst kürzlich beim Besuch eines Rennens.

Durch die neuen Dimensionen dürfte auch Michelin an der Königsklasse interessiert sein. Die Franzosen wollten unbedingt einen größeren Reifendruchmesser. Allerdings müsste ein neuer Hersteller nur für die Übergangssaison 2020 noch Reifen der alten Dimension entwickeln.