Bei Haas saß die Enttäuschung nach dem letzten Formel-1-Rennen in Silverstone tief. Statt mit dem erhofften Schritt in Richtung Renault und Platz vier bei den Konstrukteuren reisten die US-Amerikaner mit zwei mageren Punkten ab. Eine Kollision ausgerechnet zwischen Kevin Magnussen und Romain Grosjean hatte ein weiteres Top-Resultat zunichte gemacht. Die Folgen: Kein böses Blut zwischen den Teamkollegen, dafür aber ein Appell vom Teamchef.

"Es ist schwierig für den Start Verhaltensregeln aufzustellen", gibt Teamchef Günther Steiner zu, dass die heißeste Phase des Rennens nicht nur für die Fahrer, sondern auch für die Teamleitung schwierig zu handhaben ist. Einen Super-GAU wie in Silverstone gilt es in Zukunft aber mit allen Mitteln zu verhindern. "Die einzige Verhaltensregel ist: Macht keine Dummheiten", so der Tiroler. "Oder anders gesagt, macht nichts, was für den Nachteil des Teams ist."

In Österreich hatte Haas mit den Plätzen vier und fünf das beste Resultat der Teamgeschichte sichergestellt und in der Weltmeisterschaft auf einen Schlag 22 Punkte auf Renault aufgeholt. In Silverstone war der VF-18 wieder klar die vierte Kraft und die Positionen hinter den Top-Teams für das Rennen nach dem Qualifying schon so gut wie gebucht. Der Ausgang des Rennens war dadurch umso schmerzhafter.

Rückschlag für Grosjean, Magnussen zeigt Verständnis

"Ich weiß nicht wie viele es sind, aber es ist jedem hier sehr klar, dass wir viele Punkte verschenkt haben", so Magnussen. "Wenn wir auf die Performance des Autos schauen haben wir wahrscheinlich das viertbeste im Feld, sind aber nicht auf Platz vier", so der Däne, der 39 der bis dato 51 Punkte von Haas beisteuerte. Die in Silverstone verlorenen Punkte gingen relativ deutlich auf die Kappe Grosjeans, der dem Teamkollegen in Kurve drei in die Seite fuhr.

Der krisengebeutelte Franzose hatte sich in Österreich mit seinem ersten Punkterestulat erst in der Woche zuvor aufgerappelt, war in Silverstone aber wieder in seine alten Muster zurückgefallen: Crash im Training und zwei Kollisionen im Rennen. "Er hat keine Punkte geholt nachdem er in Österreich noch Vierter war. Das ist natürlich ein Rückschlag", so Steiner. "So geht es für ihn nicht vorwärts, aber das weiß er auch."

Teamkollege Magnussen sah davon ab, den Finger in die Wunde des Teamkollegen zu legen:"Ich werde hier jetzt nicht mit Schuldzuweisungen anfangen. Die Situation war sehr klar." Etwas, das auch die Stewards so sahen. Sie sprachen gegen Grosjean keine Strafe aus. Für Magnussen eine nachvollziehbare Entscheidung. "Die Stewards sehen es in der ersten Runde etwas locker. Sie schauen etwas weg, was für mich in Ordnung ist. Es ist schließlich der Start, da sind alle eng beisammen und es passiert schnell, dass mal ein Rad stehenbleibt."

Für Magnussen zählt nur dass es ein einmaliger Ausrutscher bleibt: "Du musst einfach extra vorsichtig sein, wenn dein Teamkollege außen neben dir ist. Was da passiert ist, wird sich hoffentlich nicht wiederholen." Etwas, worin sich das ganze Team einig ist - denn der Rückstand auf Renault ist wieder auf 19 Punkte angewachsen. "Wir können keine Punkte wegwerfen, vor allem nicht in der ersten Kurve wenn gar keine Gefahr ausgeht, von jemandem überholt zu werden", so Steiner.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Deutschland GP (07:51 Min.)

Haas: Keine Eskalation nach teaminterner Kollision

Force India sah sich 2017 mit einer ähnlichen Situation konfrontiert. In Baku schmissen Esteban Ocon und Sergio Perez ein Top-Resultat weg, wenige Wochen später folgte in Spa-Francorchamps eine Wiederholung. Anders als bei Force India scheint der teaminterne Zusammenstoß bei Haas aber schnell aus der Welt geschafft worden zu sein. "Wir sprechen sehr offen innerhalb des Teams und verstehen uns gut", so Magnussen."Wir konnten die Sache deshalb schnell hinter uns lassen."

Bei noch elf ausstehenden Rennen bleibt reichlich Zeit, die Lücke zu Renault mit starken Resultaten zu schließen. "Sie müssen jetzt für das Team arbeiten und so viele Punkte wie möglich machen, denn wir haben schon zu viele verloren", so Steiner. Viele Punkte sollten mit dem Haas des Jahrgangs 2018 eigentlich problemlos möglich sein. Die meisten Zähler verlor das Team aufgrund von Eigenverschulden, angefangen mit den verpatzten Boxenstopps beim Auftakt in Melbourne.

Magnussen: Haas muss punkten solange es noch geht

"Wir brauchen ein Wochenende ohne Drama. Es ist immer hausgemachtes Drama. Wir brauchen einfach ein Wochenende ohne Pech. Wir brauchen nicht einmal Glück, wir müssen nur die Leistung zeigen die für uns möglich ist und dann sollten wir mit beiden Autos sicher in den Punkten sein", glaubt Steiner. In den letzten beiden Rennen vor der Sommerpause soll der Schaden nach Möglichkeit behoben werden.

Denn darauf, dass der VF-18 auch in der zweiten Saisonhälfte regelmäßig die vierte Kraft im Feld sein wird, will sich das Team nicht verlassen. "Es gibt keine Garantien", so Magnussen. "Das ist natürlich auch ein Grund, weshalb es frustrierend ist, dass wir nicht mehr Punkte geholt haben mit dem Potential, das im Auto steckt. Es gibt keine Garantie, dass das die ganze Saison so weitergeht. Die Dinge ändern sich in der Formel 1 schnell. Wir müssen Punkte holen, solange wir es noch können."