Dass Red Bull Racing sich gerne - aber natürlich nicht mit Freude - über die mangelnde Renault-Power im Heck beschwert, ist nichts Neues in der Formel 1. Seit Jahren hallen derartige Töne alle Wochenenden wieder aus Milton Keynes. Doch beim zweiten Red-Bull-Heimrennen im wenige Kilometer vom Hauptquartier entfernten Silverstone, beim Großbritannien GP 2018, ist der Nachteil besonders groß - entsprechend auch die Kritik.

"Wir waren einfach zu langsam auf den Geraden, um irgendetwas auszurichten. Du konntest es am Ende gut bei Daniel sehen als er Bottas angreifen wollte. Selbst wenn wir das DRS geöffnet haben waren wir mit demselben Speed unterwegs wie sie (Mercedes, Ferrari, Anm. d. Red.) ohne DRS. Da kannst du einfach nichts machen. Wir waren zu langsam auf den Geraden, um irgendwas zu machen. Du konntest es immer beim Safety Car sehen, es war wie Drag-Racing. Wir waren so langsam, das war ein Witz", tobt Max Verstappen.

Red Bull: Waren Ferrari und Mercedes ausgeliefert

"Die Re-Starts waren intensiv, aber wir hatten einfach nicht den Speed auf den Geraden, um viel auszurichten. Hinter Ferrari und Mercedes waren wir einfach zu langsam. In frischer Luft war das Auto ziemlich gut. Aber es war etwas wie in der vergangene Woche als ich Kimi gefolgt bin und auf einen Fehler von ihm angewesen war, denn auf den Geraden hatten sie sehr viel mehr Power selbst als wir DRS hatten", bestätigt Ricciardo.

Auch Teamchef Christian Horner stimmt mit ein in die Leistungsklagen. "Wie jeder leicht sehen konnte waren unsere beiden Fahrer leider machtlos, um unser Gegner zu attackieren oder sich verteidigen. Wir waren ihnen auf den Geraden extrem ausgeliefert. Am Ende des Rennen war Daniel in der Lage, etwas Druck zu machen. Aber wie vor schon vom ganzen Wochenende wussten, konnte es unser Speed auf der Geraden nicht mit Mercedes oder Ferrari aufnehmen."

Verstappen & Ricciardo nicht einmal mit DRS schnell genug

Tatsächlich hat Max Verstappen bereits nach dem Qualifying diesen Nachteil mit klaren Aussagen moniert. 80 PS würde Red Bull fehlen, eine Sekunde verliere man in Silverstone alleine auf den Geraden. Das ganze verschärften die gegenwärtigen Formel-1-Boliden und der neue Asphalt des Silverstone Circuits. Einige Kurven, die zuvor noch echte Kurve waren, gingen 2018 durch den griffigeren Asphalt und die Downforce-Monster der F1 plötzlich voll. So verlor Red Bull hier seinen gerne bemühten Abtrieb-Vorteil, geriet auch nun auch an diesen Stellen in ein Leistungsdefizit.

Im Rennen führt das auch ein Blick auf die Topspeed-Werte vor Augen – wenngleich wegen Verzerrungen durch Windschatten und DRS immer mit Vorsicht zu genießen. An der "Speed Trap" Ende Hangar Straight kam Verstappen mit 313,2 km/h auf den zweitschlechtesten Wert aller Fahrer – Brendon Hartley Ein-Runden-Rennen einmal nicht mitgezählt. Kimi Räikkönen setzte hier den Bestwert mit einem dramatischen Unterschied: 346,8 km/h. Hamilton erreichte 339,6 km/h, Vettel 333,3 km/h. Immerhin Ricciardo war mir 334,2 km/h noch recht gut dabei.

Topspeeds Silverstone: Red Bull an allen Messstellen weit hinterher

Doch auch schon am Sektormesspunkt Eingang Hangar Straight – also direkt nach den schnellen S-Kurven war Red Bull abgeschlagen. Sechs km/h fehlten Ricciardo auf den Bestwert Vettels, bei Verstappen waren es gar zehn. Auch am ersten Sektormesspunkt Ende Wellington – auch hier wieder Verzerrungen durch Windschatten zu bedenken – sieht es düster aus. Vettel: 327,8 km/h, Räikkönen: 327,4 km/h, Hamilton: 323,6 km/h. Ricciardo? 319 km/h. Verstappen? 300,5 km/h.

Ein Klassenunterschied. Den prangert Verstappen schließlich auch im niederländischen TV wortwörtlich an. "Ich musste das ganze Rennen über die Reifen managen, aber wir waren super langsam auf den Geraden. Das war ein großes Drama. Ich habe einen Einstopper versucht. Am Ende hatte ich glück mit dem Safety Car, denn es hätte nicht geklappt. Nach dem ersten Safety Car habe ich diesen Move gegen Kimi gemacht. Das war schön, aber es ist einfach unglaublich frustrierend wie viel uns auf den Geraden fehlt. Das ist echt richtiger Mist. Es war tragisch. Auf den Geraden ist es als würdest du in einer anderen Serie fahren", klagte Verstappen bei den Kollegen von Ziggo-TV sein Leid.

Nachfragen, ob es wie Formel 1 vs. Formel 2 gewesen sei beantwortete der Youngster mit einem klaren "Ja!" Fast schon wie einst ein gewisser Fernando Alonso bei McLaren auf die Honda-Power-unit als "GP2-Motor" fluchte …