Sebastian Vettel wurde für seinen Fehler in der Qualifikation zum Österreich GP bestraft. Drei Plätze muss der Ferrari-Pilot in der Startaufstellung nach hinten, Platz sechs statt drei also. Bei den Vettel-Fans war der Aufschrei groß.

Klar, es war auf den TV-Bildern gut zu erkennen, dass Carlos Sainz Vettel ausweichen musste, der Spanier musste sogar auf die ungeliebten Kerbs, um einen Unfall zu verhindern. Doch Sainz selbst sagte später, dass es an seinem Qualifying nichts geändert hat. Er wollte keine Strafe für Vettel.

Doch warum bestraft man dann jemanden, wenn selbst der Gegner der Meinung ist, es sei alles okay? Tatsächlich ist das einmal mehr eine komplexe Thematik. Man kann die Diskussion schon in Frankreich beginnen. Dort kam - so meinen viele - Vettel glimpflich davon.

Nachdem er in Kurve eins mit Valtteri Bottas kollidiert war und dessen Rennen zerstört hatte, bekam er nur eine Fünf-Sekunden-Strafe aufgebrummt, die letztendlich nichts an seinem Rennergebnis änderte.

Die Stewards entschieden sich für die Strafe, ohne auf die Konsequenzen zu achten. Es war nun mal ein kleiner Fehler von Vettel, noch dazu in der ersten Kurve. Es war keine Harakiri-Aktion. Das verdient keine härtere Strafe. Das Rennen eines anderen zerstören, das ist eine andere Sache - aber die wird eben nicht bestraft.

Die Stewards sind dazu angehalten, die Auswirkungen bei ihrem Urteil auszuklammern. Das widerspricht oftmals dem gesunden Menschenverstand, sorgt aber für eine gewisse Konstanz bei den Entscheidungen. Denn der gleiche Fehler könnte unterschiedlich bestraft werden, je nachdem welche Konsequenzen er auf der Strecke nach sich zieht.

Außerdem zieht das weitere Probleme und Fragen nach sich: Ist es schlimmer, einen WM-Führenden abzuschießen als einen Piloten, der auf Platz 15 fährt?

Es ist eine schwierige Diskussion. Falsch und richtig gibt es nicht. Auch die FIA sucht nach besseren Lösungen. Derr gesunde Menschenverstand soll nicht ganz ausgeklammert und die Konstanz gleichzeitig beibehalten werden.

Was ich aber nicht mehr hören kann: Fahrer A wird bevorzug, Fahrer B benachteiligt. Das Beispiel Vettel zeigt das auch ganz klar: In Frankeich vielleicht etwas glimpflich davongekommen, in Österreich möglicherweise etwas hart bestraft worden.

Der ein oder andere mag jetzt Beispiele heranführen, dass Fahrer X für ein Blockieren nicht bestraft wurde. Aber jeder Zwischenfall ist anders. Es gibt keine identischen Fälle. Die FIA macht hier auch einen sehr guten Job. Rennleiter Charlie Whiting erklärt uns anwesenden Journalisten inzwischen viele Szenen im Detail, zeigt zusätzliches Videomaterial und steht Rede und Antwort.

Motorsport-Magazin.com-Redakteur Christian Menath beim FIA Stewards-Seminar, Foto: FIA
Motorsport-Magazin.com-Redakteur Christian Menath beim FIA Stewards-Seminar, Foto: FIA

Aus eigener Erfahrung - ich durfte dem Stewards-Seminar, bei dem der Steward-Nachwuchs ausgebildet wird, beiwohnen - kann ich sagen, dass extrem viel dafür getan wird, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das Bild von alten bestechlichen Männern in einem verschlossenen Raum ist schlichtweg falsch - und das nicht nur, weil mit Silvia Bellot in Österreich auch eine Frau unter den Stewards ist.

Und eine Sache darf man nie vergessen: Von nichts kommt nichts. Auch wenn es schade ist, wenn Rennen nicht auf der Strecke entschieden werden: Vettel machte nun mal den Fehler. Und Fehler ist eben Fehler.