Fünf aus Acht. Das Alfa Romeo Sauber F1 Team holte in der Formel-1-Saison 2018 bislang in mehr Rennen WM-Punkte, als es Zähler liegen ließ. Allen voran Ferrari-Junior Charles Leclerc sorgt für Verzückung, ergatterte jüngst binnen der vergangenen fünf Grands Prix viermal Zählbares. Noch dazu war der Monegasse Stammgast im Q2.

Genau das gelang zuletzt in Frankreich auch Teamkollege Marcus Ericsson. Der Schwede, zuletzt arg im Schatten des aufstrebenden Rookies, schien sich leicht zu rehabilitieren, doch fuhr Leclerc dann sensationeller denn je sogar ins Q3.

Im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com erklärt Ericsson, warum ihm Frankreich trotzdem Mut macht, Leclerc bald wieder mehr fordern zu können und warum er den Schweizer Rennstall ab sofort immer in den Punkten sieht - auf jeder Strecke und aus eigener Kraft.

Motorsport-Magazin.com: Das Rennen lief für dich am Ende ganz gut. Aber insgesamt kein so sauberes Wochenende für dich, oder?
Marcus Ericsson: Nein. Ich denke, der Unfall im ersten Training hat mein Wochenende unter dem Strich stark beeinträchtigt. Aber gleichzeitig gibt es einiges Positives auf meiner Seite. Mein Qualifying war mein bestes des Jahres. Und das mit fast null Vorbereitung. Ich denke, ich hatte vor dem Qualifying nur acht wirkliche Push-Laps. Damit in Q2 zu kommen, war echt eine gute Leistung.

Dein Teamkollege Charles Leclerc hat es dieses Mal sogar in Q3 geschafft ...
Marcus Ericsson: Im ersten Run war ich im Q2 auch eine Zehntel vor Charles. Gut, im zweiten dann nicht mehr. Es hätte also noch ein paar Plätze besser sein können. Aber noch immer ein gutes Qualifying insgesamt.

Im Rennen wurden es dann ein paar Plätze besser. Für Punkte hat es bei dir aber nicht gereicht. Woran ist es gescheitert?
Marcus Ericsson: Im ersten Teil hat es mir erneut nicht geholfen, dass ich nicht so viele Runden gefahren bin. Deshalb hatte ich im ersten Stint zu kämpfen und habe die Reifen nicht wirklich zum Arbeiten bekommen, auch wegen des Safety Cars. So habe ich gegen Vandoorne und Brendon (Hartley, Anm. d. Red. ) verloren. Aber dann bekam ich die Reifen zum Arbeiten. Nach zehn bis 15 Runden konnte ich meine Zeiten stabilisieren. Als Fernando (Alonso, Anm. d. Red.) dann hinter mir war, konnte er mich nicht wirklich einholen und ich hatte dieselbe Pace wie die Jungs vor mir. Um den Boxenstopp herum habe ich dann einen richtig guten Job gemacht, habe hart gepusht, um einen Undercut gegen Brendon zu schaffen und das haben wir erfolgreich geschafft und die Position zurückgewonnen.

Wirklich zufrieden bist du damit aber offenbar nicht ganz ...
Marcus Ericsson: Der letzte Stint auf dem Ultrasoft war dann schon ziemlich gut, erst haben wir die Williams eingeholt und überholt, sodass ich eine tolle zweite Rennhälfte hatte. Das Problem dieses Wochenende war eigentlich nur der Crash im ersten Training, denn das wirft dich zurück und du bist immer nur dabei, die Zeit wieder aufzuholen. Aber im ersten Training lief es auch noch gut. Ich war da die ganze Zeit bei der Pace, da war also auch ein Schritt nach vorne zu sehen. Ich fühlte mich auf demselben Level wie Charles vor dem Crash, der ja an den vorherigen paar Wochenenden etwas stärker war.

Woran lag dieser Aufschwung?
Marcus Ericsson: Die Veränderungen, die wir bei mir vor dem Wochenende vorgenommen haben, mit Setup, System-Einstellungen und Co. gingen alle in die richtige Richtung für mich. Daraus konnten wir lernen, auch für Spielberg. Wenn ich dort ein sauberes Wochenende schaffe, also ohne irgendwelche Crashs oder andere Probleme, dann wird es spannend sein, zu sehen, ob ich mit Charles mithalten kann. Denn er ist gerade natürlich extrem stark und macht einen wirklich guten Job mit dem Auto, das wir haben. Insgesamt also ein schwieriges Wochenende, aber auch mit ein paar positiven Momenten.

Zu Saisonbeginn sah es noch so aus, als sei ein Punkt wegen eurer jüngeren Geschichte noch wie etwas ganz besonderes. Jetzt ist das eher Tagesgeschäft. Wie siehst du die Fortschritte, die das Team macht?
Marcus Ericsson: Ich denke, es ist diese Saison wirklich extrem beeindruckend. Beim ersten Test hatten wir ein komplett neues Auto, ein komplett neues aerodynamisches und mechanisches Konzept. Da hatten wir viel Arbeit. Aber über diesen ganzen ersten Teil der Saison hinweg war es sehr, sehr beeindruckend. Das zeigt, wie gute Leute wir wirklich haben und was das Team ausrichten kann, wenn die finanzielle Basis erst einmal solide ist. Wir haben auch tolle Anlagen in der Schweiz. Es ist das Ergebnis guten Teamworks. Die Jungs in der Fabrik machen einen klasse Job, jedes Rennen Updates zu bringen. Auch hier an der Strecke schaffen wir, es sie richtig zu verstehen und einzusetzen.

Formel 1 2018: Frankreich Grand Prix Analyse (34:57 Min.)

Das ist der Schlüssel, dass wir jedes Wochenende Upgrades gebracht haben. Nichts Massives. Aber immer kleine Dinge, die der Performance helfen und dazu beitragen, dass wir das Auto mehr und mehr verstehen. Unsere Entwicklungsrate im Grid ist ganz klar eine der besten, wenn die die beste überhaupt. Damit können wir echt happy sein. Aber wir wollen natürlich noch mehr. Wir wollen jedes Wochenende Punkte holen. Das ist das nächste Ziel.

Könnt ihr das jetzt inzwischen? Punkte holen, egal auf welcher Strecke und aus eigener Kraft?
Marcus Ericsson: Ja. Das Mittelfeld ist extrem eng. Aber wir - oder Charles - haben jetzt ja in einigen Rennen Punkte angeschrieben. Ich ja auch in Bahrain. Wir haben das auch auf vielen verschiedenen Typen von Strecken geschafft. Deshalb sehe ich keine spezifischen Strecken mehr, auf denen wir schlechter sind. Ich denke, wir sind jetzt auf allen Strecken dabei. Aber es ist echt eng im Mittelfeld. Wenn du es da mit dem Setup nur ein bisschen falsch erwischt, dann wirst du keine Punkte machen. Aber wenn du es richtig hinbekommst, dann bist du es. Wir sind dabei und können es jetzt jedes Wochenende schaffen.