Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Frankreich GP (07:30 Min.)

Die Formel 1 feiert nach zehn Jahren ihr Comeback in Frankreich. Auf dem Circuit Paul Ricard in Le Castellet steigt das achte Rennwochenende 2018, welches gleichzeitig den Triple Header mit den anschließenden Grands Prix in Österreich und Großbritannien einläutet. Der Anfang mit dem Rennen in Südfrankreich wartet mit allerlei Unbekannten für Sebastian Vettel, Lewis Hamilton & Co. auf. Wir haben die Brennpunkte für den GP in der Grande Nation.

Brennpunkt #1: Strecke - Unbekanntes Terrain

Der Circuit Paul Ricard in Le Castellet war zuletzt 1990 Heimat des Frankreich GP - keine Chance also für die Teams, nach fast 30 Jahren für das Kräfteverhältnis bei der diesjährigen Ausgabe irgendwelche Rückschlüsse zu ziehen. In dieser Zeit hat sich an der Rennstrecke einiges geändert. Ganz unbekannt ist sie den Rennställen allerdings nicht. Denn in der Zwischenzeit wurde Le Castellet teilweise sehr intensiv als Teststrecke genutzt. Selbst nachdem die Testbeschränkungen immer strenger wurden, fuhr man noch regelmäßig in Le Castellet. Vor allem Pirelli nutzte die Anlage für Reifentests.

Zumindest ein Teil der Piloten ist dadurch mit dem Streckenverlauf vertraut. Ansonsten dürfte dank der heutigen Simulatoren ohnehin kein Pilot mehr gänzlich unvorbereitet an einen neuen Austragungsort reisen. Dieser verfügt im Falle von Le Castellet trotz Modifikationen immer noch über einige der Passagen, für die der Kurs seit seiner Erbauung 1970 berüchtigt ist. Die Mistral-Gerade sorgt trotz Schikane weiterhin für hohe Geschwindigkeiten und die darauffolgende Signes-Kurve bleibt eine Challenge.

Brennpunkt #2: Dünne Reifen - Vorteil für Mercedes?

Weiche Reifen, harte Reifen, dicke Reifen, dünne Reifen. Keine Rennstrecke ohne Pirellis schwarzes Gold im Fokus. In Le Castellet fahren die Italiener zum zweiten Mal nach Barcelona ihre dünneren Reifen auf. Die Lauffläche ist bei dieser Variante 0,4 Millimeter dünner als im Normalfall. Aufgrund der auf dem neuen Asphalt erwarteten hohen Kurvengeschwindigkeiten soll der Reifen durch die dünnere Oberfläche besser gekühlt werden.

Mercedes gefiel diese Bauart in Spanien besonders gut. Die Silberpfeile dominierten die Konkurrenz zum bisher einzigen Mal in dieser Saison wie in alten Zeiten nach Belieben und krönten das Wochenende mit einem Doppelsieg von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas. Ein gutes Omen für Frankreich? Möglich. Andererseits haben die beiden Rennstrecken erstens wenig miteinander zu tun und obendrein werden auch eine Nummer weichere Mischungen als in Barcelona eingesetzt.

Brennpunkt #3: WM-Kampf - Wer ist vorne?

Egal welche Reifen Pirelli auffährt, die Saison 2018 verwöhnt uns wieder einmal mit einem spannenden WM-Kampf. In Montreal übernahm Sebastian Vettel zuletzt wieder die WM-Führung, welche er in Baku an Lewis Hamilton verloren hatte. Einen Punkt liegt der Ferrari-Pilot nach sieben Rennen vorne. Bei Mercedes herrschte nach der Performance von Kanada regelrechte Krisenstimmung. Hamilton zeigte sich davon unbeeindruckt: "Ich lasse das nicht an mich heran. Das wäre das erste Zeichen von Schwäche."

Die dünnen Reifen sprechen möglicherweise für Mercedes, doch die Erlebnisse der bisherigen Rennen lassen selbst für die Protagonisten keine Prognosen mehr zu. "Man sieht keinen Trend mehr", hatte Silberpfeil-Teamchef Toto Wolff zugegeben. Wenn irgendwo ein Trend zu sehen war, dann wohl am ehesten bei Red Bull. Die rückten in Monaco und Montreal nämlich näher zur Spitze auf. Mit Le Castellet steht nun allerdings wieder ein Streckentyp an, der dem RB 14 mit seinen vielen Highspeed-Abschnitten nicht entgegenkommt.

Brennpunkt #4: Verfolger - Duell der Renault-Motoren?

Genauso unberechenbar wie der Kampf an der Spitze ist der um die Plätze im Mittelfeld. Zuletzt war Renault wieder relativ deutlich die vierte Kraft und baute in der Gesamtwertung den Vorsprung auf McLaren beträchtlich aus. Alles andere als das wäre beim ersten Heimspiel seit zehn Jahren eine Enttäuschung. "Ich bringe eine Extraportion Motivation mit, um den Job auf der Strecke zu erledigen", so Nico Hülkenberg. Die dürfte zumindest wieder für Platz sieben reichen. An die drei Top-Teams heranzukommen wird wieder einmal ein Ding der Unmöglichkeit sein.

Eine Extraportion Motivation wird Hauptkonkurrent McLaren in seiner festgefahrenen Situation mit dem MCL33 hingegen nicht helfen. Zumal der Circuit Paul Ricard auf dem Papier für das Team ein wahrer Albtraum ist. Stattdessen darf wieder mit Haas gerechnet werden, die auf schnellen und flüssigen Kursen mit dem VF-18 dieses Jahr stets gut dabei waren. Die langen Geraden dürften auch Force India in die Karten spielen, deren Bolide auf Highspeed-Abschnitten seine Stärken zur Geltung bringen kann.

Brennpunkt #5: Heimrennen - Wer wird bester Franzose?

Einen besseren Zeitpunkt als 2018 hätten sich die Franzosen für die Rückkehr in den F1-Kalender kaum aussuchen können. Mit Romain Grosjean, Esteban Ocon und Pierre Gasly sind drei Lokalmatadore am Start. Die bisher stärkste Vorstellung lieferte in der Saison 2018 ausgerechnet Toro-Rosso-Rookie Gasly, der in Bahrain sensationell Vierter wurde. In Monaco wurde er außerdem Siebter. Wenn der STR13 sich mit Le Castellet anfreunden kann, ist ihm ein Angriff auf Renault durchaus zuzutrauen.

Ocon darf ebenfalls das Potential für den Titel des Best of the Rest zugetraut werden. Teamkollege Perez hat es in diesem Jahr richtig schwer mit dem Mercedes-Junior, der in Baku ohne die Kollision zu Rennbeginn auch ein Kandidat fürs Podium gewesen wäre. Dieses will er am liebsten noch in diesem Jahr nachholen. Das Heimrennen wäre dafür der perfekte Anlass. Ein perfekter Anlass dürfte es auch für Grosjean sein, in seinem völlig verkorksten Jahr 2018 endlich die ersten Punkte zu holen. Viel mehr darf von dem so arg gebeutelten Haas-Piloten aber nicht erwartet werden.