Formel 1 2019: Red Bull mit Honda-Motor?: (06:01 Min.)

Die Deadline naht. Red Bull muss sich entscheiden. Es geht um viel. Mit welchem Motor fährt der einstige Dauerweltmeister in der Formel-1-Saison 2019? Noch immer hat sich Red Bull nicht entschieden. Zur Auswahl stehen Renault und Honda. Mercedes und Ferrari wollen den Konkurrenten nicht beliefern.

Eigentlich ist die Deadline längst abgelaufen. Schon am 15. Mai müssten die Teams ihre Motorenpartner an die FIA gemeldet haben, um eine Belieferungsgarantie für die kommende Saison zu haben. Allerdings bat Red Bull um eine Aufschiebung der Deadline.

Und die Bullen sind längst mich mehr in der Situation wie Ende 2015. Damals ging man davon aus, Motoren von Mercedes zu erhalten und hatte bereits den Vertrag mit Renault aufgekündigt. Mercedes zog allerdings zurück und Ferrari wollte nie. Honda durfte damals nicht, weil McLaren-Boss Ron Dennis auf Exklusivität beharrte, die ihm Honda zugesichert hatte.

Geschickte Taktik: Red Bull lässt Toro Rosso Honda testen

So stand Red Bull - mit Renault bereits überworfen - ohne Partner da. Erst spät konnte man sich doch noch einmal mit den Franzosen zusammenraufen. Die FIA führte aber anschließend neue Regeln ein, die jedem Team die Garantie bieten sollten, einen Motor zu haben. Der Hersteller, der zum Zeitpunkt der Deadline am wenigsten Teams beliefert, muss den suchenden Rennstall zu einem festgelegten Preis beliefern.

Doch diese Garantie braucht Red Bull nicht mehr. Mit Honda gibt es nun eine Alternative. Eine sehr gute, wie sich an Toro Rosso zeigt. Dr. Helmut Marko fädelte den Deal mit Toro Roso schon im vergangenen Jahr geschickt ein. Für Toro Rosso bedeutet das aktuell kostenlose Motoren und Werksstatus. Für Red Bull bedeutet das: Es gibt gute Vergleichsdaten.

Bislang eher Traum- statt Zwangsehe: Toro Rosso und Honda, Foto: LAT Images
Bislang eher Traum- statt Zwangsehe: Toro Rosso und Honda, Foto: LAT Images

Und genau deshalb war der Kanada GP für Red Bull besonders interessant. Renault und Honda brachten Updates mit nach Montreal. Die Ergebnisse dieser Upgrades sollen maßgebliche Anhaltspunkte für die Entscheidung für 2019 liefern.

FIA drückt bei Toro Rosso Auge zu

Fast wäre es bei Honda richtig in die Hose gegangen: Bei Pierre Gasly gab es Probleme am Motor, weshalb er vor dem Qualifying zurück zum alten Motor ging. Da Brendon Hartley schon in der ersten Runde nach dem Unfall mit Lance Stroll ausschied, hätte es um ein Haar keinerlei Daten von der neuen Honda Power Unit gegeben.

Aber nur beinahe: Denn Toro Rosso wechselte zwischen Qualifying und Rennen noch die Power Unit bei Pierre Gasly. Motorsport-Magazin.com berichtete ursprünglich, dass Toro Rosso nach dem Qualifying erneut die alte Motorspezifikation einbaute. Laut Regelwerk hätte das eigentlich auch passieren müssen, denn Gasly startete nicht aus der Boxengasse. Das Einbauen einer anderen Spezifikation nach dem Qualifying wäre nämlich eigentlich ein Bruch der Parc-ferme-Regeln gewesen.

Pierre Gasly wechselte in Kanada zweimal Motor, Foto: Sutton
Pierre Gasly wechselte in Kanada zweimal Motor, Foto: Sutton

Eigentlich. Denn die FIA drückte diesmal ein Auge zu. Gasly durfte mit dem neuen Honda-Motor aus der Startaufstellung ins Rennen gehen. "Im Reglement heißt es, die Teile müssen ähnlich in Design, Gewicht, Trägheit und Funktion sein", verteidigt FIA Rennleiter Charlie Whiting. Doch in der Vergangenheit gab es schon ähnliche Fälle, in denen ein Start aus der Boxengasse nötig war.

So konnte Gasly im Rennen wertvolle Daten sammeln. Von Startplatz 19 kam er sogar einige Plätze nach vorne. Auf der Motorenstrecke stand am Ende der elfte Rang. Doch nach dem Rennen war Red Bull noch nicht schlauer. "Das müssen wir jetzt erst genau analysieren, rein von den Rundenzeiten und dergleichen lässt sich das nicht genau sagen", sagte Marko zu Motorsport-Magazin.com.

Renault-Upgrade bei Red Bull nur bedingt erfolgreich

"Aber es ist auf Honda-Seite sehr erfreulich", so Marko weiter. "Dadurch, dass wir nicht das gleiche Benzin haben, ist das Renault-Update nur schaumgebremst ausgefallen." Während das Renault-Werksteam mit Castrol fährt, hat Red Bull mit Mobil 1 einen eigenen Ausrüster. Die Motorenentwicklung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Benzin- und Schmiermittellieferanten.

Beim Renault Werksteam zeigte das Motoren-Upgrade die volle Wirkung, Foto: LAT Images
Beim Renault Werksteam zeigte das Motoren-Upgrade die volle Wirkung, Foto: LAT Images

Das Werksteam zeigte in Kanada zwar eine starke Leistung und bewies sich als Best of the Rest, allerdings war der Rückstand auf Red Bull weiterhin beträchtlich. Mehr als eine Sekunde fehlte Nico Hülkenberg auf Max Verstappen auf der wohlgemerkt relativ kurzen Motoren-Strecke.

Spätestens bis zum Österreich GP will Red Bull eine Entscheidung getroffen haben. Bis dahin sollen die Daten genauer analysiert werden. Red Bull braucht auch deshalb bald Gewissheit, weil bereits am Auto für 2019 entwickelt wird. Marko beruhigt aber: "Wann haben wir bei Toro Rosso die Entscheidung gefällt? Die war relativ spät und hat auch funktioniert." Im vergangenen Jahr fielen die Entscheidungen bei McLaren und Toro Rosso erst in Singapur.

Honda verspricht Red Bull Werksteam-Status

Für Red Bull geht es aber mehr als 'nur' um die pure Performance. Während man bei Renault Kunde zweiter Klasse ist - das Verhältnis hat sich nie ganz erholt -, ist man bei Honda Wunschpartner. Honda will auf Dauer einen Partner, mit dem man um Siege und Weltmeisterschaften fahren kann. Das geht mit Toro Rosso nicht.

Red Bull würde sich mit Honda nicht nur eine Menge Geld sparen, sondern hätte auch erstmals in der Geschichte des Rennstalls Werksstatus. Von Renault bekommt Red Bull die Power Unit und muss sie irgendwie in das Chassis integrieren. Ein Werksteam kann zusammen mit dem Motorenpartner an der Integration arbeiten. Vor allem bei den komplexen Power Units ein großer Vorteil.

Auf dem Papier scheint die Entscheidung leicht. Honda hat viele Vorzüge und scheint dazu auch bei der Performance keine großen Nachteile zu haben - auch wenn Motorenchef Toyoharu Tanabe im Motorsport-Magazin.com-Interview einräumte, dass Honda noch immer etwas hinten liegt.

Red Bull mit Renault plötzlich WM-Kandidat

Doch Red Bull wird es nun schwer gemacht: Erstmals in der Hybrid-Ära kann der Rennstall 2018 konstant aus eigener Kraft um Siege mitkämpfen. Ohne diverse Fehler in den ersten Saisonrennen hätte man sogar mehr als nur Außenseiter-Chancen auf den WM-Titel. Will man da den aktuellen Partner wirklich verlassen?

Red Bull fährt nun bei fast allen Rennen aus eigener Kraft mit um den Sieg, Foto: LAT Images
Red Bull fährt nun bei fast allen Rennen aus eigener Kraft mit um den Sieg, Foto: LAT Images

Während Honda gerne wartet und für ein zweites Team bereit wäre, schart Renault schon mit den Hufen. Viry will endlich eine Entscheidung aus Milton Keynes. Auch wenn das Verhältnis zerrüttet ist: Red Bull ist für die Franzosen die einzige Möglichkeit, in absehbarer Zeit achtbare Erfolge einzufahren. Mit dem eigenen Werksteam ist man davon noch meilenweit entfern. Die Entscheidung ist also komplexer, als sie auf den ersten Blick scheint.

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