Das Williams-Debakel in der Formel-1-Saison 2018 geht weiter. Von einem schleichenden Verfall kann längst keine Rede mehr sein. Jetzt hat der Traditionsrennstall einen gefühlt neuen Tiefpunkt erreicht. Selbst auf der Powerstrecke von Montreal, seit Jahren eigentlich die größte Stärke der Mercedes-befeuerten F1-Boliden aus Grove, fahren Lance Stroll und Sergey Sirotkin beim Trainingsauftakt zum Kanada GP nur hinterher.

Zweieinhalb Sekunden fehlen dem fast zeitgleichen Duo auf den Rängen 19 und 20 von 20 Startern auf die Spitze, auf dem nur 4,3 Kilometer kurzen Circuit Gilles Villeneuve eine Welt. Selbst auf P18 fehlen noch zwei bzw. drei Zehntel, P15 und damit virtuell Q2 im Qualifying, ist sogar mehr als eine halbe Sekunde weg.

Claire Williams wiederholt Durchhalteparolen

Dennoch gibt der Rennstall nicht auf. "Wir haben nie gesagt, dass wir dieses Saison abschreiben und das würden wir bei Williams auch niemals auf keine Weise tun. Es ist erst ein Drittel des Jahres vorbei, viele Rennen kommen noch. Wir haben nicht die Punkte geholt, die wir holen wollten. Aber die Jungs machen einen guten Job und es braucht einfach etwas Geduld", übt sich Teamchefin Claire Williams weiter in Durchhalteparolen. Updates würden weiterhin kommen, ergänzt die Britin.

Doch hatte Williams derlei Neuerungen bereits in der jungen Vergangenheit gebracht, Notfallkonzepte aktiviert, neue Wege versucht - nichts funktionierte. In Kanada gab es nun im Grunde mal nichts Neues - und auch das scheiterte grandios. Alles beim Alten auch bei den Fahrern. Lance Stroll und Sergey Sirotkin wirkten in beiden Trainings sichtlich überfordert mit dem Williams FW41 - welcher Anteil Auto und welcher den Fahrer zukommt sei einmal dahin gestellt.

Unfall: Lance Stroll in der Wall of Champions

Lance Stroll touchierte jedenfalls mehrfach die Mauern bis er schließlich zu heftig in die berüchtigte Wall of Champions einschlug. "Es war etwas unglücklich, dass ich heute Morgen die Mauer gestreift habe, aber es gehört beim Spiel dazu, deine Limits zu finden. Es ist Teil des Trainings, jeden Zentimeter zu finden", redet der Local Hero seine Fehler klein.

Auch mit Blick auf die Performance ringt Stroll darum, im Schlechten irgendwo etwas Gutes zu sehen. "Im Longrun sahen wir ordentlich aus, aber Sonntag sehen wir dann erst, wo wir sind. Ich bin viele Runden gefahren, habe gute Informationen aufgenommen. Jetzt müssen wir das anschauen und uns in die bestmögliche Position für Morgen bringen", so der Kanadier, nachdem er erst einmal eine TV-Journalistin mit einem lapidaren "War halt Freitag" abgewatscht hatte.

Sergey Sirotkin: Es war sehr, sehr, sehr schlecht

Höflicher äußerte sich Sergey Sirkotkin - und der Russe nahm einmal mehr auch kein Blatt vor den Mund, sparte sich jedwede Schönfärberei. "Eine harte Session, ehrlich gesagt", kommentiert der Russe den letzten Platz am Nachmittag. "Heute Morgen sah es noch nicht so schlecht für uns aus. Mit den härteren Reifen haben wir noch ordentlich Potential im Auto gesehen. Wir waren nicht die Schnellsten, aber wir wussten, dass in Sachen Rundenzeit da noch was geht", meint Sirotkin zwar noch.

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Aber: "Wir haben es auf gewisse Weise im FP2 auch hinbekommen, aber das war im Ergebnis kein Stück zu sehen. Das zweite Training war eine sehr, sehr, sehr schlechte Session. Es war sehr seltsam, wie sich die Reifen verhalten haben. Mit den weicheren Mischungen ging gar nichts. Ich hatte da echt zu kämpfen, überhaupt irgendetwas herauszuholen und den Sweetspot zu finden. Und wir wissen alle, wie wichtig das ist. Das war echt hart. Da haben wir noch viel zu lernen."

Rob Smedley, Performance-Chef bei Williams will diese Lehren bereits gezogen haben. "Wir sahen mit mehr Benzin stärker aus, aber wir haben auch ganz gut verstanden, was wir tun müssen, um auch mit wenig Sprit konkurrenzfähiger zu sein." Die Wettquoten für einen Q2-Einzug eines Williams dürfte das jedoch auch kaum verbessern.