Fernando Alonso reiht sich mit Kanada 2018 offiziell in die Reihe der Formel-1-Methusalems ein. Spaniens F1-Superstar bestreitet in Montreal sein 300. GP-Wochenende und durchbricht damit eine Schallmauer, welche vor ihm nur drei andere Piloten erreicht haben: Rubens Barrichello, Michael Schumacher und Jenson Button. Vor dem Start ins Wochenende reflektiert der McLaren-Fahrer mit viel Dankbarkeit und auch etwas Wehmut.

"Das ist definitiv eine besondere und runde Zahl. Ich bin glücklich darüber, denn das ist eine lange Zeit in der F1", so der Asturier, für den das 300. Wochenende allerdings erst den 297. Rennstart markiert. Mit Belgien 2001, USA 2005 und Russland 2017 nahm er drei Rennen nicht in Angriff. So oder so fällt es ihm aber schwer, die besten Momente herauszupicken. "Es wäre einfach zu sagen, dass die beiden Weltmeisterschaften es sind", sagt Alonso.

"Manche Erinnerungen sind einfach Trips oder unterschiedliche Dinge, die nicht auf der Rennstrecke stattgefunden haben. Viele dieser Erlebnisse abseits der Strecke waren magisch. Das ist auch ein Teil der Reise", erklärt er. Zu seiner Reisen, welche 2001 mit seinem Debüt für Minardi begann, gehören allerdings auch Enttäuschungen wie die verpassten WM-Titel 2007, 2010 und 2012.

"Ich weiß, dass wir in der Vergangenheit ein paar Chancen verpasst haben. Wir hätten vier oder fünf WM-Titel gewinnen können. Einmal haben mir sieben, dann drei und nochmal drei Punkte gefehlt, irgendwie so", trauert er den verpassten Erfolgen nach. Tatsächlich waren es zwei, fünf und vier Punkte die ihm jeweils zum WM-Gewinn fehlten. "Wenn ich versuche mich an alle zu erinnern vergesse ich wahrscheinlich 20 Prozent. Vielleicht auch aus Absicht, weil ich versuche einige der schlechten Erinnerungen zu löschen", scherzt Alonso.

Alonso durch die Formel 1 ein anderer Mensch? Kein bisschen

Die 300er-Marke zeigt ihm jedenfalls, wie sehr die Königsklasse sein bisheriges Leben bestimmt hat. "Ich bin 36 Jahre alt und habe 18 davon in der Formel 1 verbracht. Das ist die Hälfte meines Lebens, die ich hier verbracht habe", rechnet er vor. "Ich bin hier aufgewachsen und habe viele tolle Momente erlebt und es ist für mich eine große Familie." Angesichts dessen könnte man leicht denken, dass ihn dieses Umfeld in fast zwei Dekaden entscheidend geprägt hat.

"Nicht besonders", so Alonso. "In Sachen Racing und was meinen Zugang dazu angeht ist es im Grunde genommen seit dem ersten Tag dasselbe. Es geht darum konkurrenzfähig zu sein, nie aufzugeben und jedes Mal wenn ich den Helm aufsetze alles zu geben." Seine persönliche Entwicklung sei durch die Zeit im Profisport ebenfalls keine andere gewesen. "Als Person bin ich definitiv gewachsen, du reifst. Aber ich habe zwischen 18 und 36 dieselbe Entwicklung durchgemacht wie eine normale Person."

Alonso debütierte 2001 zusammen mit Kimi Räikkönen, Juan Pablo Montoya und Enrique Bernoldi, Foto: Sutton
Alonso debütierte 2001 zusammen mit Kimi Räikkönen, Juan Pablo Montoya und Enrique Bernoldi, Foto: Sutton

Alonso auf Rekordkurs: Barrichello-Marke 2019 fällig

Mit dem Saisonfinale in Abu Dhabi wird Alonso sein 314. F1-Wochenende bestreiten und damit in den Geschichtsbüchern schon hinter Rekordhalter Barrichello liegen, der auf 326 Teilnahmen kam. "Ich habe daran nie gedacht", sagt Alonso. "Ich erinnere mich daran, wie ich mich von Rubens verabschiedet habe und ich dachte, dieser Rekord ist nicht von dieser Welt. Nicht viele schaffen so viele Jahre in der F1, werden nie müde und finden dazu immer ein Cockpit"

"Es stimmt, dass ich wenn ich die Saison beende, Zweiter in dieser Statistik sein werde. Dann werde ich Rubens darauf ansprechen. Wenn er mir etwas anbieten kann um diesen Rekord zu behalten, werde ich mit ihm darüber reden", so Alonso mit einem Augenzwinkern. Ob es tatsächlich dazu kommt, steht noch in den Sternen. Denn noch ist er weder bei McLaren noch bei einem anderen Team bestätigt. Ob er 2019 weiter Formel 1 fahren wird? "Ich weiß noch nicht. Das werden wir sehen."

300 GP und noch kein bisschen müde: Bin ein ehrgeiziger Mann

Tatsächlich scheint Alonso WM-Titel Nummer drei noch nicht aufgegeben zu haben. Seit nunmehr zwölf Jahren jagt er diesem Ziel hinterher. Den letzten Sieg feierte er 2013 bei seinem Heimrennen in Spanien, damals noch im Ferrari. Trotz dieser langen Durststrecken überzeugt Alonso Wochenende um Wochenende auch mit unterlegenem Material, beweist immer wieder Durchhaltevermögen sowie Rennschärfe wie zu seinen erfolgreichsten Zeiten. Motivationsprobleme? Fehlanzeige.

"Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mann. Für mich ist jeder GP wie ein Neubeginn und du versuchst alles bei Null zu beginnen. Du musst das Auto vorbereiten und gehst in das Wochenende und glaubst an den Sieg - selbst wenn du innerlich weißt, dass es unmöglich sein wird. Wenn die Ampel ausgeht und du das Rennen startest, hoffst du immer darauf, doch ein Podium oder einen Sieg zu holen. Das wird auch dieses Wochenende nicht anders sein", erklärt er.

Formel 1 Kanada 2018: Brennpunkte zum Rennen in Montreal: (06:49 Min.)

McLaren in Kanada mit Motor- und Aero-Upgrade

Dabei ist der Circuit Gilles Villeneuve auf dem Papier nicht gerade für den MCL33 geschaffen. Vor allem die lange Gerade schmerzt. "Es wird ein hartes Wochenende was die Performance angeht. Der Kurs ist für unser Paket nicht so toll", weiß auch Alonso, der einen Teil seiner Hoffnungen auf das Renault-Update setzt: "Wir hoffen, dass es uns etwas extra Performance gibt." Gegen den größten Konkurrenten wird das aber wohl nicht helfen: "Renault wird dieselben Motoren haben, also haben wir gegenüber diesen Autos keinen Vorteil."

Um das in der Konstrukteurs-WM sechs Punkte vorne liegende Werksteam einzuholen hat McLaren dafür etwas anderes im Gepäck. "Es gibt auch ein paar Aerodynamik-Updates am Auto. Die werden der Performance hoffentlich auch einen kleinen Boost verleihen", so Alonso. Die bisherigen Rennen 2018 machen ihm darüber hinaus Mut, dass es besser als auf dem Papier läuft: "Wir haben bisher immer etwas besser performt als erwartet. Ich denke also, dass es ein gutes Wochenende wird."