Bei Honda gibt es 2018 in der Formel 1 viel Neues. Nicht nur das Kundenteam wechselte von McLaren zu Toro Rosso. Yusuke Hasegawa ist Geschichte, das Management wurde zwischen Geschäftlichem und Technischem aufgeteilt. Toyoharu Tanabe, einst Motoreningenieur von Gerhard Berger zu McLaren-Honda-Zeiten, leitet nun den Einsatz an der Strecke. Er empfing Motorsport-Magazin.com im nagelneuen Honda-Motorhome zum Gespräch.

In den letzten Jahren war es immer recht einfach, eine Rangordnung der Motorenhersteller zu machen, in dieser Saison nicht mehr...
Tanabe-san: Die Regeln für die Power Unit waren jetzt fünf Jahre stabil. Dass es dieses Jahr viel enger ist, ist das Ergebnis dieser stabilen Regeln. Wir sind noch immer hinten im Vergleich mit den anderen Top-Power-Unit-Herstellern. Bei der Zuverlässigkeit sind wir nun etwas näher an den Top-Teams, aber noch immer etwas hinten.

Auch hinter Renault?
Tanabe-san: Vielleicht noch immer hinter ihnen, ja.

In welchen Bereichen fehlt Ihnen noch etwas auf Mercedes und Ferrari?
Tanabe-san: Es ist nicht die eine Technologie. Es ist die gesamte Power Unit. Es geht um Verbrennung, Reibung, Schmierung, Kühlung... Es ist die Summe aus diesen vielen technischen Dingen. Man verliert ein bisschen hier, ein bisschen da und am Ende ist es der gesamte Rückstand.

Wo haben Sie die größten Fortschritte gemacht? Bei der Vorkammerzündung? Dort sollen Sie in der Vergangenheit Probleme gehabt haben...
Es ist eine sehr komplizierte Technologie. Wir haben sehr viel vom vergangenen Jahr gelernt. Ein Bereich, auf den wir uns sehr fokussiert haben, um diese Probleme in den Griff zu bekommen. Das ist ein Grund, warum wir die Probleme dieses Jahr nicht mehr haben.

Nach dem guten Qualifying in diesem Jahr in Bahrain dachten viele, dass sie im Rennen dann durchgereicht würden. Energiemanagement im Rennen und Qualifying sind unterschiedliche Dinge. Aber sie waren auch im Rennen stark. Haben Sie jetzt keine Schwächen mehr?
Tanabe-san: Vielleicht. Ich hoffe! In Baku waren wir aber beispielsweise beim Energiemanagement nicht gut genug. Pierre wurde beim Restart deshalb von vielen Autos überholt. Generell haben wir keine großen Nachteile mehr, aber vielleicht fehlen noch ein paar Bereiche. Wir werden weiter lernen.

Toyoharu Tanabe im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com-Redakteur Christian Menath, Foto: Sutton
Toyoharu Tanabe im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com-Redakteur Christian Menath, Foto: Sutton

Geht es beim Energiemanagement um Hard- oder um Software?
Tanabe-san: An der Strecke haben wir eine bestimmte Hardware. Wir müssen also die Software anpassen. Für unsere Leute an der Strecke geht es darum, wie man die Komponenten nutzt. Wie macht man einen Plan für das Energiemanagement, wie kommuniziert man mit den Team-Ingenieuren und mit den Fahrern. Das ist auf unserer Seite ein sehr wichtiger Job an der Strecke. Natürlich fehlt uns noch etwas Erfahrung, in Japan und in Milton Keynes, wie die Systeme und Komponenten sein sollten, um mehr Performance zu generieren.

Was haben Sie von 2017 auf 2018 geändert, dass Sie einen so großen Sprung gemacht haben?
Tanabe-san: [überlegt lange]

Oder ist es der Kunde?
Tanabe-san: Wir arbeiten sehr eng mit unserem Partner Toro Rosso zusammen. Ich glaube aber, dass es das auch schon im vergangenen Jahr so war. Wir haben nur aus den vorangegangenen Jahren gelernt.

Haben Sie dieses Jahr mehr Freiheiten?
Tanabe-san: Die Situation für dieses Jahr war, dass wir etwas spät mit unserem Partner begonnen haben. Aber sie sind sehr aufgeschlossen. Wir mussten deshalb Entscheidungen sehr schnell treffen, um für diese Saison bereit zu sein. Ich war aber in den vergangenen Jahre nicht involviert, deshalb habe ich keine direkten Vergleiche. Wir haben viele Freiheiten, aber wir haben sehr wenig Zeit, das Auto fertig zu machen. Das Team hatte das Auto, wir diese Power Unit und dann ging es nur darum, die Dinge zusammenzubringen.

Voraussichtlich bringen Sie in Montreal ein größere Upgrade. In welchen Bereichen wurde die Power Unit überarbeitet?
Tanabe-san: Hauptsächlich am Verbrennungsmotor.

Wie sieht es dann mit dem Mix-and-Match aus? Können Sie dann noch die Komponenten untereinander durchtauschen?
Tanabe-san: Grundsätzlich können wir das. Aber wir müssen über die Balance zwischen Verbrennungsmotor, Turbolader, MGU-H und MGU-K nachdenken. Es ist nicht sehr einfach, einen Teil der Power Unit zu ändern.

Motorsport-Magazin.com bedankt sich bei Toyoharu Tanabe für das Gespräch, Foto: Sutton
Motorsport-Magazin.com bedankt sich bei Toyoharu Tanabe für das Gespräch, Foto: Sutton

Durch die Probleme beim Saisonstart und den Unfall von Brendon Hartley in Barcelona kommen Sie wohl nicht mit dem angestrebten Motorenkontingent hin. Gibt Ihnen das mehr Freiheiten bei neuen Spezifikationen?
Tanabe-san: Wir entwickeln Zuverlässigkeit und Performance während des Jahres immer weiter und wenn wir uns wohl damit fühlen, diskutieren wir mit dem Team, wo und wie der Einsatz am besten ist.

Über die Verhandlungen mit Red Bull können Sie nichts sagen, das ist klar. Aber aus technischer Sicht: Wäre es gut für Sie, mehrere Kunden zu haben? Honda hat seit Jahren immer nur zwei Autos. Sie waren zuletzt in Amerika im IndyCar-Projekt involviert, da hatte Honda deutlich mehr Daten...
Tanabe-san: Je mehr Motoren, Fahrer und Teams im Einsatz sind, desto mehr Daten haben wir. Das würde unserer Performance natürlich helfen. Letztes Jahr hatten wir in Indianapolis 13 Fahrer und 13 Honda-Motoren, jedes Fahrzeug hat Daten gesammelt. Ein Fahrer hat uns das gefragt, ein anderes Auto hatte das Problem. Vielleicht sind es nicht genau sechsmal so viele Informationen wie in der Formel 1, aber generell gilt: Mehr Fahrer und mehr Teams geben uns mehr technischen Input. Das sollte uns helfen.