Esteban Ocon zählt zu einem erlesenen Kreis extrem vielversprechender Talente der Formel 1. Der junge Franzose ist Teil einer goldenen Generation, fuhr in den Nachwuchsserien gegen niemand geringeren als einen gewissen Max Verstappen - und besiegte ihn. Doch dem Niederländer gelang bereits der Sprung in ein Top-Cockpit, Ocon blieb der rasante F1-Durchmarsch noch verwehrt.

Anders als der aktuell kriselnde Red-Bull-Star überzeugt Ocon bei Force India jedoch sehr viel mehr. Nach einer starken Rookie-Saison 2017 bremsten den Mercedes-Junior zum Start der F1-Saison 2018 einzig noch Umstände außerhalb seiner Macht. Bis zum Monaco GP. Endlich lieferten Auto und Rennglück genauso wie der Fahrer. Prompt fuhr Esteban Ocon auf Platz sechs. Fast wie ein Klassensieg, weil Best of the Rest hinter den überlegenen Mercedes, Ferrari und Red Bull.

Esteban Ocon: Mercedes-Junior vor Bottas-Blockade

Sinnbild für die Gegenwart - und Zukunft - des 21-Jährigen in der Formel 1: Ocon sah die Zielflagge in Monte Carlo unmittelbar nach Valtteri Bottas. Direkt hinter dem Finnen steht der Franzose als Mercedes-Junior auch in der Fahrer-Rangordnung der Silberpfeile. Ocon ist aktuell erster Anwärter für einen Aufstieg in das Mercedes-Werksteam. Großer Druck lastet daher auf dem Finnen. Alles andere als kühl ist der Ocon-Atem in dessen Nacken. Doch der lässt sich nicht irritieren.

Im Gegenteil: Während die Vertragsverlängerung mit F1-Weltmeister Lewis Hamilton ohnehin nur als Formsache gilt, steigen auch Bottas' Mercedes-Aktien durch seine starken und vor allem konstanten Leistungen. Sogar mehr ist als ein weiterer Jahreskontrakt scheint greifbar.

Damit wäre für Esteban Ocon der Weg ins Werksteam verbaut. Schlechte Nachrichten also für das Mercedes-Juwel. Oder doch nicht? Im Interview mit Motorsport-Magazin.com am Mittwoch vor dem langen Monaco-Wochenende erklärt der Franzose, warum er sich wegen Bottas' starke Performance erst gar keine Sorgen machen kann. Ein Plan B mit Renault ist es jedenfalls nicht ...

Esteban Ocon hat eine klare Vorstellung von seiner F1-Zukunft, Foto: Sutton
Esteban Ocon hat eine klare Vorstellung von seiner F1-Zukunft, Foto: Sutton

Formel-1-Shootingstar Esteban Ocon im Interview

Motorsport-Magazin.com: Esteban, in deinem letzten Vier-Augen-Interview mit uns hast du dich noch ganz am Anfang deiner F1-Zeit befunden. Seit Manor ist viel passiert. Der Wechsel zu Force India. Eine sehr starke Saison im vergangenen Jahr. Eigentlich deine Rookie-Saison, weil es deine erste volle war. Dieses Jahr geht es jetzt mit Force India ziemlich durchwachsen los. Das Auto ist nicht so gut dabei wie 2017. Wie sieht du deine gegenwärtige Situation?
Esteban Ocon: Die vergangene Saison war einfach unglaublich. Es war die erfolgreichste Saison in der Geschichte von Force India. Wir hatten das gesamte Jahr ein großartiges Auto, das war großartig. In einem Abschnitt der Saison haben wir in der Qualifikation das Mittelfeld immer hinter uns gehalten - und zwar ganz klar. Das war großartig.

In diesem Jahr haben wir mit einem schwierigen Auto angefangen, konnten uns aber die ganze Zeit über verbessern. Im Wintertest war das Auto noch ganz klar am schwierigsten zu fahren. Danach haben wir uns aber von Rennen zu Rennen verbessert. In Bahrain habe ich schon den ersten Punkt geholt, in Baku hatten wir dann wirklich eine fantastische Pace, qualifizierten uns auf Platz sieben, aber was dann im Rennen passiert ist, hast du ja gesehen.

Wieviel wäre ohne den Startunfall mit Kimi denn dort schon drin gewesen?
Esteban Ocon: Wir hätten die Pace gehabt, richtig, richtig große Punkte zu holen. Sergio fuhr ja ein fantastisches Podium ein. Das hätte auch meine Position sein können. In Barcelona waren wir dann wieder in einer Situation, um Punkte zu holen. Von Rennen zu Rennen haben wir uns bisher massiv verbessert und das ist positiv. Bisher hatte ich einfach viel Pech und ich bin zuversichtlich, dass es ab jetzt besser wird.

Viele der Dinge die passiert sind, lagen ja auch einfach nicht in deiner Hand. Auto, Zwischenfälle ...
Esteban Ocon: Ja, an manchen Dingen kann ich eben auch nichts ändern.

F1-Youngster Ocon im Frankreich-Rausch: Sternefunkeln

Auch nichts ändern kannst du am Rennkalender. Das willst du gerade aber sicher auch nicht. Mit Monaco jetzt erst ein im Grunde schon französischer Grand Prix, dann geht es nach Kanada ins französischsprachige Montreal und dann endlich zum richtigen Frankreich GP, dem F1-Comeback in der Grand Nation in Le Castellet. Das sind drei Heimrennen in Folge für dich!
Esteban Ocon: Yeah, ja! Das ist einfach großartig. Ich werde diese Zeit des Jahres echt genießen. In Barcelona war meine Familie auch schon da.

Stimmt, das geht für dich auch noch als Heimrennen für dich durch bei deinen Wurzeln.
Ja und jetzt sind wir in Monaco, einer der schönsten Städte der Welt, in Kanada mag ich die Strecke sehr und der Frankreich GP wird dann das Highlight. Da funkeln die Sterne schon in meinen Augen, ich kann wirklich mehr als nur glücklich darüber sein. In meiner Heimat zu fahren war immer ein Traum von mir.

Esteban Ocon im Interview mit Motorsport-Magazin.com, Foto: Sutton
Esteban Ocon im Interview mit Motorsport-Magazin.com, Foto: Sutton

Ocon: Voll auf Mercedes-Kurs oder stiller Renault-Traum?

Aber das war es ja dann noch gar nicht mit der stillen französischen Übernahme der Formel 1. Drei französische Rennen und jede Menge französische oder französischsprachige Fahrer im Feld mit Charles, Romain, Stoffel, Pierre und dir. Das ist ein Viertel des Grids! Und dann ist da noch Renault. Du selbst warst von Mercedes mal ausgeliehen an Renault. Ist von der Connection noch etwas übrig? Auch mit Blick auf deine Zukunft. Französischer Fahrer im französischen Team hat ja mit Grosjean nicht geklappt ... mit dir? Oder voller Fokus auf Mercedes jetzt als Silberpfeil-Junior?
Esteban Ocon: Ich bin ein Mercedes-Fahrer. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringen könnte, aber momentan bin ich voll und absolut bei Mercedes.

Schon für das nächste Jahr gibt es aber einige Gedankenspiele. Kimi, der seine Karriere beenden könnte, vielleicht bei Ferrari durch Ricciardo ersetzt wird. Dann würde der ausgeliehene Sainz ziemlich sicher im Red Bull sitzen, sodass bei Renault ja ein Platz frei wäre. Vielleicht ja doch für dich, wenn Renault mit der ganzen Werksteam-Power weiter aufdreht und bei Mercedes vielleicht beide Cockpits weiter belegt sind. Könnte eine größere Chance sein, dich zu zeigen als bei Force India wenn man perspektiv denkt.
Esteban Ocon: Das weiß ich nicht. Für den Moment bin ich noch Force India verschrieben, aber ich habe einige Leute bei Mercedes, die sich für mich um all das kümmern. Denen vertraue ich voll, was meine Zukunft angeht. Aber ich weiß nicht, was passieren wird. Es wird ganz sicher viele Gelegenheiten geben. Da bin ich mir sicher.

Mercedes-Cockpit weiter blockiert? Ocon unbekümmert wegen starkem Bottas

Du siehst deine Zukunft also relativ klar bei Force India? Oder aber natürlich im besten Fall bei Mercedes?
Esteban Ocon: Das ist der Plan, denn ich bin ein Mercedes-Nachwuchsfahrer. Das Ziel ist, langfristig bei Mercedes zu bleiben.

Wie schätzt du deine Aufstiegschancen dort denn ein? Hamiltons Vertragsverlängerung gilt nur als Zeitfrage und Valtteri performt dieses Jahr bisher sehr stark, will jetzt auch unbedingt mehr als nur einen neuen Einjahresvertrag. Schaut eher schwierig aus oder?
Esteban Ocon: Ach, da mache ich mir keine Sorgen.

Esteban Ocon: Toto Wolff die Schlüsselfigur meiner Karriere

Also hast du kein Problem, dich noch etwas zu gedulden? Vor eineinhalb Jahren hast du uns bei deinem F1-Einstieg gesagt, dass dein Gradmesser Max Verstappen sei. Den hast du in der Formel 3 ja immerhin sowieso schon geschlagen. Du meintest damals im Interview, dass du einen ähnlich schnellen Aufstieg zu einem großen Team schaffen kannst. Du musst 2019 also in den Mercedes! (lacht)
Esteban Ocon: Puh ... ich weiß nicht. Ich lasse einfach diese sehr schlauen Leute darüber entscheiden. Toto (Wolff) war immer eine Schlüsselfigur in meiner Karriere. Er hat sich im genau richtigen Moment gekümmert, als meine Karriere hätte vorbei sein können. Deshalb vertraue ich ihnen da vollständig. Sie wissen was zu tun ist. Ich kann mir auch gar keine Sorgen machen, dass Valtteri gut performt. Denn er ist einfach auch ein starker Kerl und wenn er abliefert, dann ist es nur gut für das Team.

Umso wichtiger, dass der Trend hier langsam wieder stimmt. Force India scheint zu seiner alten Stärke zurück zu finden ...
Esteban Ocon: Ja, wir greifen an!

MSM-Redakteur Jonas Fehling geht mit Esteban Ocon die Aussagen des Interviews zu Beginn seiner F1-Karriere durch, Foto: Sutton
MSM-Redakteur Jonas Fehling geht mit Esteban Ocon die Aussagen des Interviews zu Beginn seiner F1-Karriere durch, Foto: Sutton

Ocon: Volle Attacke, stärker denn je

Und dabei solltest du dann ganz sicher dabei sein. Immerhin soll Force India ja ein ganz heißer Kandidat für Mercedes sein, eine ähnlich intensive Zusammenarbeit wie Ferrari es jetzt mit Sauber bestreibt auf die Beine zu stellen. Und dort hilft das den Ferrari-Junioren ja sehr in der Cockpit.
Esteban Ocon: So lange da nichts bestätigt ist, beschäftige ich mich damit gar nicht, denn ich kann das sowieso nicht beeinflussen. Ich konzentriere mich einfach voll auf den sportlichen Aspekt.

Und da läuft's?
Esteban Ocon: Klar! Mein Speed in diesem Jahr war echt gut. Mercedes ist zufrieden, meine Chefs sind zufrieden, daher ist alles gut.

Du hast dafür im Winter auch nochmal nachgelegt. Anders trainiert, an dir gefeilt. Du siehst kräftiger aus, hast Muskeln aufgebaut. Kann ja nicht schaden für diese Downforce-Monster.
Esteban Ocon: Ja, das habe ich im Winter gemacht. Ich war zweieinhalb Monate in den Pyrenäen und habe in großer Höhe trainiert. Das ist besonders hart. Das ist für mich nicht ganz neu, denn ich habe es schon zweimal so versucht. Aber es ist noch immer sehr hart und ich fühle mich so jetzt bereiter denn je.

Also auch von physischer Seite.
Esteban Ocon: Ja, ich bin jetzt einfach stärker!

Andererseits kann das auch wieder einen Nachteil bringen. Mehr Muskelmasse heißt mehr Gewicht. Und jedes Kilo zählt auf der Stoppuhr. Ein der Größten hier bist du im Grid ja auch.
Esteban Ocon: Ja, ich habe aber das Glück, noch immer relativ leicht zu sein.

Und nächstes Jahr kommen dann sowieso die neuen Regeln für das Fahrergewicht, die helfen.
Esteban Ocon: Ja, da wird das Gewicht erhöht. Ich kann also sogar noch mehr Gewicht zulegen!