Formel 1 2018: Brachialer Sound in Hockenheim (Deutschland GP) (07:47 Min.)

Der Deutschland GP am 22. Juli 2018 auf dem Hockenheimring könnte ein Volksfest werden. Sebastian Vettel fährt im Ferrari um die Weltmeisterschaft, die Kulisse dafür sollte endlich wieder würdig sein. Denn die Vorverkaufszahlen des Hockenheimrings sind ermutigend: Schon jetzt wurden 60.000 Karten verkauft - das sind mehr, als beim letzten Rennen vor zwei Jahren überhaupt vor Ort waren.

Ausverkauft ist der GP noch nicht, doch lange nicht mehr interessierten sich so viele Fans für den Deutschland GP. Trotzdem ist das Rennen in Gefahr. Der Vertrag läuft nach der diesjährigen Ausgabe aus. Einen neuen Vertrag gibt es noch nicht. Soll die Formel 1 auch 2019 wieder in Hockenheim gastieren, sollte das spätestens bis zum GP in diesem Sommer stehen, damit der Vorverkauf rechtzeitig beginnen kann. Doch danach sieht es aktuell nicht aus.

Hockenheim-Chef warnt: Schwarze Null gibt es nicht

Das Problem ist einmal mehr das liebe Geld. In der Formel 1 bezahlen die Rennstrecken hohe Antrittsgebühren, damit die Königsklasse kommt. Die Strecke muss das über Ticketverkäufe refinanzieren. Ein Modell, das für den Hockenheimring 2018 dank der guten Kartenverkäufe funktionieren könnte.

Doch Geschäftsführer Georg Seiler warnt: "Die schwarze Null gibt es nicht, von einem Gewinn will ich gar nicht erst sprechen." Es sind nicht nur die Antrittsgebühren, die der Hockenheimring berappen muss. Die Streckenmiete für zahlreiche Tage entfällt, der Ring ist unter der Saison gut ausgebucht. Dazu gab es in der Vergangenheit immense Investitionen, die sich kaum mehr refinanzieren lassen.

Formel 1 fällt nach Michael Schumacher in Deutschland in ein Loch

Die Vergangenheit hat Seiler geprägt. Deshalb freut er sich über die guten Vorverkäufe, lässt sich aber nicht davon euphorisieren. Zu Schumachers Zeiten platzte der Hockenheimring aus allen Nähten, war ausverkauft. Mit dem Oberrang der Südtribüne und der Mercedes-Tribüne wurden zusätzliche Kapazitäten geschaffen.

Doch nach Schumacher fiel die Formel 1 in Deutschland in ein Loch. Was einst nach einem Masterplan aussah, entpuppte sich deshalb als Fehlinvestition. Dazu wurden die Verträge mit der Formel 1 zur Boom-Zeit unterschrieben. Der auslaufende Vertrag hatte eine Laufzeit von zehn Jahren. Entsprechend hoch waren die Antrittsgebühren.

Teure Verträge aus Boom-Zeit der F1

Obwohl die Einnahmen durch Ticketverkäufe geringer wurden, stand der Hockenheimring zu seinem Wort und trug die Rennen aus. "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen", meint Seiler. Das Unternehmen verlor eine Zeit lang mit jeder Austragung Geld. Inzwischen hat sich das ein wenig normalisiert.

Einen ähnlichen Vertrag will Seiler aber nicht mehr unterschreiben. "Wir wollen kein Risiko eingehen", erklärt er. Die guten Verkaufszahlen können ihn nicht mehr blenden. Er will für die Formel 1 auf keinen Fall mehr draufzahlen.

Hockenheim will für Formel 1 nicht draufzahlen

Erstmals in den 40 Jahren, die Seiler am Hockenheimring das Sagen hat, führt das Formel-1-Urgestein die Verhandlungen nicht mit Bernie Ecclestone, sondern mit Liberty Media. Noch ist unklar, ob das gut oder schlecht ist.

Denn Liberty Media hat die Wahl, unzählige Städte wollen die Formel 1 unbedingt und sind bereit dazu, zig Millionen auf den Tisch zu legen. Denn anders als am Hockenheimring muss das Geschäftsmodell nicht aufgehen. Es gibt andere, die die Kassen füllen: Länder, Milliardäre oder Tourismusprogramme.

Hockenheim: Großer Nachteil gegenüber neuen Kandidaten

In Hockenheim gibt es all das nicht. Deshalb kann Seiler Liberty nicht Millionen winken, sondern nur mit Tradition und dem deutschen Markt. Genau darauf muss man nun hoffen. "Sie haben gesagt, dass sie Traditionskurse behalten wollen", so Seiler. Marketingleiter Jorn Teske fügt an: "Genau das ist die Frage: Denkt Liberty Media langfristig strategisch? Will man Rennen vor einer tollen Kulisse fahren und verzichtet dafür vielleicht auf ein wenig Geld oder will man nur noch vor leeren Rängen fahren? Wir hoffen auf den Weitblick."

Der Hockenheimring hat Liberty Media klar gesagt, was man erwartet. Und das wiederholt Seiler gerne: "Wir wollen kein Risiko eingehen." Das bedeutet im Klartext, dass die Gebühren kein hoher Fixbetrag sein dürfen. Der Hockenheimring kann sich eine Kopplung der Gebühren an die Verkaufszahlen vorstellen. Oder sogar, als Promoter ganz auszuscheiden und die Strecke nur an die Formel 1 zu vermieten.

Hockenheim mit neuen Ideen für Formel-1-Zukunft

Die Ideen sind da. Da Wille auch. Der Hockenheimring will die Formel 1 in Deutschland halten. Aber er muss sie nicht halten. "Wir können, aber wir wollen nicht ohne die Formel 1", verdeutlicht Seiler.

Alternativen gibt es kaum. Für den Nürburgring gilt, was auch für Hockenheim gilt: Ein finanzielles Risiko muss ausgeschlossen werden. Am liebsten würde man wieder zur Alternierung zwischen Hockenheim und Nürburgring zurückkehren. Alternativen zu den beiden historischen Rennstrecken gibt es nicht. Gerüchten zufolge soll aber auch Berlin an einem Formel-1-Lauf interessiert sein. Stadtkurse liegen ohnehin im Trend. "Das wird aber nicht passieren", ist sich Seiler sicher. Auch dort müsste irgendjemand als Promoter auftreten und das finanzielle Risiko tragen. Die Austragung wäre außerdem auch noch teurer.

Hockenheim: Kaum noch Hoffnung auf Hilfe

Die Hoffnung auf externe Unterstützung hat man fast schon aufgegeben. Auch vom Deutschen Motorsportbund kommt nicht besonders viel Unterstützung. Die deutschen Hoffnungen ruhen vor allem auf Hockenheim und Liberty. Die 2018er Ausgabe wird auf jeden Fall noch ein Kracher: Viele Zuschauer, bester Sport.

Formel 1 2018: Brachialer Sound in Hockenheim (Deutschland GP) (07:47 Min.)

Dazu tut der Hockenheimring auch alles in seiner Macht stehende, das Programm abseits der Formel 1 so interessant wie möglich für die Zuschauer zu gestalten. Ob Liberty das überzeugen wird, auf Millionen zu verzichten, ist fraglich.

Realistisch betrachtet darf man der Zukunft aber nicht wehmütig entgegenblicken, sondern die Vergangenheit dankbar betrachten. "Eigentlich ist es eher erstaunlich, dass es die letzten zehn Jahre Formel 1 in Deutschland gab", meint Marketingleiter Teske. Denn auch in den letzten zehn Jahren gab es schon Länder wie Bahrain, Aserbaidschan oder Russland, die den Geldkoffer für die Formel 1 gerne öffneten.