Die Formel 1 ist in der modernen Streaming-Welt angekommen! Ab diesem Rennwochenende beim Großen Preis von Spanien 2018 gibt es den neuen kostenpflichtigen F1 TV Pro Service, mit dem neben einem nach und nach erweiterten Archiv mit historischen Rennen und Highlights auch alle aktuellen Sessions eines Grand-Prix-Wochenendes live im Internet gestreamt werden.

Während unser Christian natürlich alle Sessions vom ersten Freien Training am Freitag bis zum Rennen am Sonntag live im Media Centre verfolgen kann, waren die Daheimgebliebenen in unserer Redaktion bislang in dieser Saison nach dem Formel-1-Aus für Sky Deutschland auf RTL, n-tv, den ORF und deren Fernseh- oder Streamübertragungen angewiesen. Das bedeutete unter anderem vier Rennen lang: kein 3. Freies Training live! Ein Zustand, den ich seit den 90ern Jahren nicht kannte...

Versuch 1: Formel 1 auf dem großen Bildschirm

Umso mehr fieberten wir natürlich dem Debüt des neuen Streamingdienstes entgegen. Unser Versuchsaufbau für die Premiere war vielleicht etwas ambitioniert, aber wir sind hier schließlich in der Königsklasse des Motorsports. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Also loggten wir uns auf einem iPad über den Browser auf der F1 TV Pro-Seite ein, starteten dort zehn Minuten vor dem Beginn des ersten Trainings in Barcelona die Live-Session und streamten sie mittels Air Play auf ein Apple TV, das uns die ganze F1-Action in voller Full-HD-Pracht auf einen Fernseher bringen sollte.

Die Formulierung "sollte" lässt Euch nun sicher schon erahnen, dass es nicht ganz wunschgemäß verlief. Schon beim Ankündigungs-Standbild vor dem Beginn der Übertragung erhielten wir die Fehlermeldung: "Beim Laden dieses Inhalts ist ein Fehler aufgetreten." Nach mehreren gescheiterten Versuchen gaben wir das Air Play-Experiment auf und konzentrierten uns darauf, den Stream erst einmal auf dem iPad direkt zum Laufen zu bekommen.

Versuch 2: Live-Stream am iPad & Laptop

Das Ergebnis fiel unterschiedlich aus: Mal initialisierte der Stream lange, mal bufferte er noch länger, mal zeigte er einzelne Standbilder vom laufenden Training an, mal funktionierte er. Sobald wir dann allerdings die Sprache des Kommentars von Deutsch auf Englisch änderten, hängte sich der komplette Stream wieder auf.

Aber so einfach gaben wir natürlich nicht auf. Schließlich gilt das Motto: Immer weiter. Niemals aufgeben, niemals kapitulieren. Also iPad zur Seite legen, ab auf den Laptop. Schließlich folgen die dezidierten Apps für iOS, Android und Einbindungen in Apple TV und Amazon Video erst später in diesem Jahr. Demnach dachten wir uns: Probieren wir es doch einmal ganz altmodisch mit dem guten alten Windows-PC aus.

Auch hier war es keine Liebe auf den ersten Blick. Der Stream wollte nicht, wenn er ging, lief er allerdings direkt mit englischem Kommentar. Auch das Umschalten auf die Onboard-Kameras der einzelnen Fahrer funktionierte mit etwas Buffering hier und etwas mehr Buffering dort. Der Wechsel der Streams darf also ruhig noch etwas "smoother" ausfallen. Aber als Sky-Nutzer der letzten knapp zwei Jahrzehnte ist man natürlich auch etwas verwöhnt.

Vom Buffering zum Totalausfall

Sobald der Stream am Laptop einmal lief, kam es alle paar Minuten mal wieder zu einem kurzen Zwischenbuffern und kleineren Aussetzern, aber davon abgesehen funktionierte er dann recht anstandslos. Zu diesem Zeitpunkt waren allerdings schon 30 Minuten des Trainings vorbei und wir hatten eine Reihe an Ausritten und Kiesbettausflügen verpasst. Immerhin kamen wir rechtzeitig zu Daniel Ricciardos Abflug im Red Bull. Hier konnten wir sogar noch auf seine Onboard-Kamera zugreifen, während das Auto schon am Haken hing und durch die Luft schwebte.

Zu diesem Zeitpunkt sah es noch nach einer ordentlichen Bewertung für die Premiere aus. Doch dann schlug das Standbild zu: Robert Kubica drehte sich, Lance Stroll flog ab und nichts ging mehr. Der Stream hatte den Geist aufgegeben. Williams macht einfach alles kaputt. Selbst ein Verlassen der Seite und ein erneutes Aufrufen des Streams führte nur noch zu einem endlosen "Buffering". Erst nach knapp zehn Minuten ging es wieder stotternd weiter. Nach ein paar Minuten stabilisierte sich der Stream wieder, bevor er gut zehn Minuten vor dem Ende des Trainings noch einmal einen Aussetzer hatte, der sich in den Schlussminuten der Session noch ein paar Mal wiederholen sollte.

F1 TV Pro: Anlaufschwierigkeiten und Kinderkrankheiten

Der Circuit de Catalunya-Barcelona gilt als die Paradeteststrecke der Formel 1. Nicht umsonst fanden vor Saisonbeginn alle acht Wintertesttage hier statt. Bei Testfahrten geht es stets darum, Kinderkrankheiten auszusortieren, Fehler zu entdecken und diese auszubügeln. Nach der ersten Streaming-Session außerhalb der geschlossenen Beta-Tests gibt es für F1 TV Pro noch einiges zu tun.

Den holprigen Start, die zwischenzeitlichen Aussetzer und ähnliche Kleinigkeiten können wir verzeihen. Diese sind wir in dieser Form auch vom Start anderer Streaming-Angebote gewohnt. Die SkyGo App kämpfte lange mit dem Ansturm der User während der Bundesliga-Spieltage und der Eurosport Player ging bei dessen Bundesliga-Feuertaufe sang- und klanglos unter. Hier bekamen die Abonnenten sogar einen Teil ihres Geldes zurück.

Das Potenzial ist sicherlich vorhanden. Die MotoGP macht seit Jahren vor, wie ein Live-Streamingdienst von den Rennwochenenden auszusehen hat. Die übliche Stream-Verzögerung von ca. 45-60 Sekunden im Vergleich zu einem Live-TV-Bild ist völlig normal und bei allen Live-Streams vorhanden.

Gleichzeitig müssen wir betonen, dass dies nur ein Einzelversuch war. Es gibt eine Vielzahl an verschiedenen Geräten und Einstellungen, unterschiedliche Orte und Internetverbindungen. Trotzdem zeigen einige Reaktionen auf Twitter, dass wir nicht die einzigen waren, die solche Anlaufschwierigkeiten erlebten. Wir bleiben für Euch selbstverständlich dran und schieben ein Update nach, sollte sich die Situation verbessern oder (was wir nicht hoffen wollen) gar verschlechtern. Wir setzen einfach einmal auf die alte Weisheit: Eine verpatzte Generalprobe (im Training) sorgt für eine gelungene Premiere (im Rennen). Drückt die Daumen!

Update nach dem 2. Training

Wie versprochen: Wir haben zum Start des 2. Trainings unseren Versuch fortgesetzt. Und diesmal lief der Stream während der zehn Minuten Vorlauf absolut perfekt. Englischer Kommentar, keine Aussetzer, gute Qualität, reibungsloser Stream vom iPad via Air Play auf den Fernseher. Doch dann gingen die ersten Autos auf die Strecke und der Stream verabschiedete sich komplett. Für die nächsten 38 Minuten blieb der Bildschirm schwarz. Auch im Browser am PC.

Nur beim Wechseln in eine der Cockpit-Perspektiven (ohne Sound, aber mit Funkausschnitten) gab es hin und wieder Onboard-Aufnahmen zu sehen. So konnten wir Stoffel Vandoorne und Marcus Ericsson auf ihren Runden verfolgen. Leider dort ohne Zeiten, Positionen, Kommentar oder sonstige Infos. Nach der Hälfte des Trainings kam der Stream ans Laufen, allerdings nur stotternd. Es gab immer wieder nervige Aussetzer und längere Buffering-Phasen. Im Vergleich zum ersten Training waren die Aussetzer nun kürzer, dafür aber zahlreicher. In der letzten halben Stunde lief der Stream für einen Großteil etwas flüssiger und stabiler. Vielleicht das Ergebnis der ersten Optimierungen. Böse Zungen werden hingegen behaupten, weil genügend User entnervt das Handtuch geworfen haben... So oder so: der Stotter-Start von F1 TV Pro geht weiter.

Update nach dem 3. Training

Jetzt wird es langsam zur Farce. Auch mit einer Nacht Bedenkzeit hat sich der Stream nicht erholt. Eher im Gegenteil. Im dritten Training war es schlimmer denn je. Nicht nur bei uns. Auch zahlreiche Leser berichteten von gewaltigen Problemen. Dieses Mal waren es jedoch ganz andere. Der Stream zeigte ganz einfach gar nichts. Gar nichts? Naja ... nicht ganz. Eine Fehlermeldung gabs dann doch. Man sei mit zu vielen Geräten eingeloggt, hieß es da. Auch wenn man überhaupt nur ein Gerät eingeschaltet hatte. Wenn man nach Gefühl tausend Versuchen dann mal in den Stream gekommen war, wurde es auch nicht besser: Das Buffering war zurück - und zwar schlimmer als am Freitag

Formel 1 reagiert: Fans erhalten Teilrückzahlung

Nach zwei Tagen voller technischer Probleme reagierte die Formel 1 erstmals offiziell: In der Nacht von Samstag auf Sonntag schrieb sie die Abonnenten des F1 TV Pro-Livestream-Angebots an und entschuldigte sich für die technischen Schwierigkeiten im Training und Qualifying. Das Team arbeite daran, diese zu beseitigen. Allerdings gehen die Verantwortlichen nicht davon aus, dass dies noch rechtzeitig vor dem Rennen in Barcelona der Fall sein wird.

Der Hinweis darauf, dass die Wiederholungen der Sessions verfügbar seien, wird die Fans nicht gerade versöhnlich stimmen. Entsprechend versprechen die Betreiber, in der kommenden Woche eine Teilrückzahlung an alle Abonnenten vorzunehmen. Diese soll den Betrag für zwei Wochen Abo von F1 TV Pro beinhalten und automatisch erfolgen, ohne dass der Abonnent etwas unternehmen muss.

Damit geht die F1 den Eurosport-Weg, die nach dem Versagen ihres Bundesliga-Streams ebenfalls eine Teilrückzahlung vornahmen. Für F1-Fans bedeutet dies, dass das Spanien GP-Wochenende kostenlos war, was angesichts der Probleme zwar keine Entschädigung, aber zumindest ein fairer Ausgleich ist.

Komplettausfall im Rennen

Als ob es die Verantwortlichen geahnt hätten: Im Rennen funktionierte der Live-Stream von Anfang bis Ende nicht. Schon in der Entschuldigungsmail an alle Abonnenten hatten die Formel-1-Betreiber mitgeteilt, dass sie nicht davon ausgehen, dass die Probleme der Vortage bis zum Rennstart behoben sein würden. Genau so sollte es auch kommen - und noch schlimmer.

Denn wir kamen noch nicht einmal über die anfängliche "Initialisierung" des Streams hinaus. Selbst die einzelnen Cockpitansichten funktionierten nicht. Nach dem Startunfall kamen wir bei einem neuerlichen Login-Versuch noch nicht einmal bis in den Livestream-Player. Schon vorher war mit einem animierten Pirelli-Reifen als Ladesymbol Schluss. Zur Rennende warfen die Verantwortlichen das Handtuch und schalteten den Live-Stream mit dieser Meldung ab: "Leider können wir vom heutigen Rennen keinen Live-Stream anbieten." Bis zum Monaco Grand Prix stehen für die Stream-Techniker also wohl noch jede Menge Nachtschichten an...

Das Katastrophenwochenende für die offizielle Formel-1-Webseite war damit aber noch nicht zu Ende: Noch während des Rennens verschickte f1.com eine zweite Entschuldigungsmail - diesmal für einen megapeinlichen Schreibfehler. So sprach die F1-Webseite in einem Artikel von einem gewissen "Nicki Lauder"... Vor dieser Schreibweise zog der dreimalige Champion sicher nicht seine Kappe...