Fernando Alonso zeigte beim Großen Preis von Aserbaidschan 2018 eine Darbietung, wie sie in der Formel 1 nur selten zu sehen ist. Nach einer Kollision in der Startrunde schleppte er seinen völlig schrottreifen und manövrierunfähigen McLaren mit einer Meisterleistung zurück an die Box. Trotz Folgeschäden blieb der Spanier beharrlich und stellte abermals WM-Punkte sicher. Stoffel Vandoorne rundete den Sonntag mit einem weiteren zählbaren Resultat für das Team ab.

"Das war wohl eines der besten Rennen, die ich je gefahren bin", so Alonso, nachdem er beim vierten Saisonrennen als Siebter zum vierten Mal in Folge in die Punkte gefahren war. Ein Kunststück, das nach der ersten Runde mehr als unrealistisch schien. "Das ganze Rennen war verrückt. Mein Auto war schwer beschädigt, aber wir haben das ganze Rennen gekämpft. Den siebten Platz am Ende hatten wir nicht mehr erwartet."

Alonso war in der Startrunde zwischen den Kurven zwei und drei mit Hülkenberg und Sirotkin aneinandergeraten. Der McLaren-Pilot fuhr links neben seinen Konkurrenten, als Hülkenberg rüberzog und Sirotkin zwischen sich und Alonso einklemmte. "Das Auto wurde beim Zwischenfall in der ersten Runde zerstört. Zwei Reifenschäden und dazu waren Unterboden, Front- und Heckflügel beschädigt. Ich kam mit nur zwei Rädern aus der ersten Runde und dachte, dass das Rennen vorbei wäre", erklärte Alonso.

Alonso kritisiert Verhalten im Mittelfeld: Das geht auch anders

"In der ersten Runde geht im Mittelfeld niemand vom Gas. Wenn es eine Situation gibt, in der es zum Crash kommen kann, lassen sie es lieber auf einen Unfall ankommen statt zurückzustecken. Die drei Autos kamen sich immer näher, keiner steckte zurück", beschrieb Alonso die Situation, wobei er für die Konkurrenz wenig Verständnis aufbrachte: "Das kann man auch anders lösen. Es ist in jedem Rennen dasselbe. Es fliegen immer ein oder zwei Autos raus, als ob das Rennen nur über eine Runde ginge."

Alonsos hatte nach der Kollision auf der rechten Seite zwei Platten. Auf der langen Runde um den Baku City Circuit lösten sich die Pneus nach und nach auf, bis der 36-Jährige nur noch auf den Felgen unterwegs war und das Auto so gut wie gar nicht mehr steuern konnte. "Ich habe es gerade so zurück an die Box geschafft. Das Auto war schwer beschädigt, es lenkte nicht mehr nach links", so Alonso, der bei der Boxeneinfahrt deshalb leicht die Mauer touchierte.

Trotzdem gelang es ihm irgendwie, das Fahrzeug sicher zurück zur McLaren-Crew zu dirigieren. "Das Auto hat sich ohne Reifen und mit all den Beschädigungen auf dem Weg zurück an die Box natürlich fürchterlich angefühlt", beschrieb Alonso den Kraftakt. "Die Ingenieure teilten mir mit, dass das Auto schwer beschädigt war. Als sie das sagten, war ich ziemlich beunruhigt", fügte er an.

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Alonso wegen Schäden besorgt: Musste dem Auto einfach vertrauen

Viele Piloten hätten das Auto wohl noch auf der Rennstrecke abgestellt, Alonso und sein Team entschieden sich jedoch dazu, selbst mit dem waidwunden McLaren nochmal ins Renngeschehen einzugreifen. "Dem Team gelang es, den Frontflügel und die Reifen zu wechseln und weil das Safety Car auf der Strecke war, fuhren wir trotz der erheblichen Beschädigungen am Auto weiter", so Alonso.

Angesichts des chaotischen Rennbeginns spekulierte er darauf, dass am Ende für ihn doch noch etwas herausspringen könnte. Fraglich war vor dem Ende der Gelbphase jedoch, wie viel der McLaren bei dem Unfall abbekommen hatte. "Du machst neue Reifen drauf und wenn das Safety Car weg ist, gibst du Vollgas in den Kurven, denn du fährst immer noch ein Rennen gegen die Autos um dich herum. Also musst du einfach darauf vertrauen, dass alles funktioniert. Selbst, wenn nicht zu 100 Prozent", sagte Alonso.

Wider Erwarten schienen sich die Schäden nur geringfügig auf die Performance auszuwirken. "Aus irgendeinem Grund waren wir dann trotzdem schneller als einige der Autos vor uns. Ich überholte einen Sauber, einen Renault, Stoffel... an einem Punkt glaubte ich da schon an ein Punkteresultat. Beim zweiten Safety Car haben wir unsere Chance dann abermals wahrgenommen. Wir haben bei der Strategie gezockt und sind in jeder einzelnen Runde bis an die Mauer herangefahren."

Alonso kämpfte trotz beschädigtem Auto tapfer weiter, Foto: Sutton
Alonso kämpfte trotz beschädigtem Auto tapfer weiter, Foto: Sutton

McLaren hat Punkte Alonso und Vandoorne zu verdanken

Die kompromisslose Attacke zahlte sich letztendlich aus. "Es war Wahnsinn", so Alonso über das Ergebnis. "Das Wochenende war für uns eigentlich nicht so toll und beide McLaren in den Punkten zu haben war für uns ein großartiges Resultat. Das gibt uns Motivation für das nächste Rennen.." Vandoorne sorgte mit Platz neun für doppelte Freude bei den Papayas. "Gegen Rennmitte war ich Letzter und hatte null Chance, noch etwas zu holen", so der Belgier.

Er profitierte ebenfalls von der zweiten Safety-Car-Phase, für die im letzten Renndrittel das Red-Bull-Duo sorgte. "Ich habe es da gut hinbekommen, meine Reifen aufzuheizen während die anderen Fahrer alle ihre Probleme damit zu haben schienen", erklärte Vandoorne. "Ich war danach sehr zuversichtlich, konnte ein paar Autos überholen und kam zurück in die Punkte." McLarens Racing Director Eric Boullier wusste, dass er das Resultat seinen beiden Piloten zu verdanken hatte.

"Ich muss die unermüdlichen Einsätze unserer beiden Fahrer hervorheben. Nach dem heftigen Schlag in der ersten Runde, der zwei Reifen zerstörte und einen Teil des Unterbodens beschädigte, fuhr Fernando mit unaufhaltsamem Fokus und Beharrlichkeit, kämpfte bis in die letzte Runde und brachte das Auto als Siebter nach Hause. Stoffel kam mit dem härteren Reifen nicht so gut zurecht. Es war eine gute Team-Entscheidung, einen frischeren Reifen aufzuziehen. Das zahlte sich aus und er kam schnell an einigen Autos vorbei, um in die Punkte zu gelangen", so der Franzose.