Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Aserbaidschan GP (06:42 Min.)

Der Kampf um die Formel-1-Weltmeisterschaft 2018 ist nach nur drei Rennen voll entbrannt. Für den Großen Preis von Aserbaidschan in Baku könnten für die Vorzeichen der drei Top-Teams jedoch kaum unterschiedlicher sein. Während Ferrari nach wie vor am Drücker ist und Red Bull zumindest schon auf einen glücklichen Sieg zurückblicken kann, laufen Lewis Hamilton und Mercedes weiter ihrer Form hinterher. Motorsport-Magazin.com mit den Brennpunkten für das Rennwochenende in Baku.

Brennpunkt #1: Kann Red Bull an den Sieg anknüpfen?

China war für Red Bull ein wahrer Befreiungsschlag. Nach zwei komplett verkorksten Rennen in Australien und Bahrain war zunächst fraglich, wozu der RB14 am Sonntag wirklich in der Lage ist. Stets hatten sich die Bullen einer starken Rennpace gerühmt, konnten diese jedoch aufgrund technischer Gebrechen sowie Fahrfehlern nicht umsetzen. Mit seinem Sieg in Shanghai lieferte Daniel Ricciardo endlich den Beweis - zumindest auf dem Papier.

Klar ist, dass Red Bull nur aufgrund der Safety-Car-Phase und dem daraus resultierenden mutigen Wechsel auf Soft-Reifen in der Schlussphase der Konkurrenz von Mercedes und Ferrari derart überlegen war. Ohne den Reifenvorteil wäre Ricciardo der Weg an die Spitze deutlich schwerer gefallen, sofern er diesen überhaupt hätte antreten können. Bei der Musik war Red Bull allerdings auch vor dem großen Strategie-Coup.

Verstappen hielt sich bis zu den Boxenstopps sicher auf dem dritten Platz, obwohl sein Utrasoft-Reifen zu Rennbeginn schnell abbaute. In China war definitiv ein Aufwärtstrend bei Red Bull erkennbar. In Baku gilt es, diese Form zu bestätigen. Der Stadtkurs am Kaspischen Meer war in den vergangenen Jahren allerdings nicht das beste Pflaster für Red Bull. Darüber kann auch Ricciardos glücklicher Sieg 2017 nicht hinwegtäuschen.

Brennpunkt #2: Findet Hamilton zu alter Form zurück?

Lewis Hamilton erlebt 2018 keinen Saisonstart nach Maß. Nach drei Rennen steht der Weltmeister, genau wie sein Team, noch ohne Sieg da. Dazu musste der Brite allerdings zwei teaminterne Niederlagen gegen Valtteri Bottas hinnehmen. Selbst Teamchef Toto Wolff erklärte in Shanghai, dass Hamilton im Moment nicht in bester Verfassung ist. Der Champion selbst rätselt angesichts der Tatsache, zum zweiten Mal nach 2016 als Titelverteidiger in der Sieglosigkeit zu versinken.

Hamilton selbst sieht sich in Bestform, beteuert, bei seinen Vorbereitungen alles haargenau so zu machen, wie er es auf dem Weg zu vier WM-Titeln stets handhabte. Einen Unterschied zu 2016 gibt es durchaus. Damals kämpfte Hamilton mit Technikproblemen, aufgrund derer er an zwei Qualifyings nicht wirklich teilnahm, während Teamkollege Nico Rosberg an der Spitze im Mercedes außer Konkurrenz fuhr. Dieses Mal ist es anders. Hamiltons Auto läuft und trotzdem unterliegt er dem Teamkollegen.

Der Getriebewechsel in Bahrain ändert daran nichts, schließlich fuhr Hamilton im Gegensatz zu seinen Defekten 2016 in den entscheidenden Sessions ohne Performance-Nachteil. Hamilton ist zwar dafür bekannt, schnell aus einem Tief zurückschlagen zu können, doch ob er in Baku den Weg aus der Krise findet, ist fraglich. Bisher war Hamilton an diesem Ort eine Wundertüte. 2016 schien er mit dem Kurs überfordert, setzte sein Auto im Qualifying in die Mauer und blieb im Rennen blass. 2017 hingegen war er siegfähig, bis es zum Eklat mit Sebastian Vettel kam.

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Brennpunkt #3: Wer patzt im Strategie-Poker?

Die Saison 2018 lieferte uns bis dato drei von Taktik geprägte Grands Prix. Zweimal triumphierte Ferrari, einmal war es Red Bull, die mit der richtigen Strategie die Konkurrenz überrumpelten. Mercedes hatte jeweils das Nachsehen, sah am Kommandostand aber längst nicht so schlecht aus, wie es die Zahlen vermuten lassen. Tatsächlich rutschte den Silbernen der Sieg in Australien und Bahrain nur knapp durch die Finger.

Bei den letzten beiden Rennen hatte Mercedes sogar den besseren Riecher als Ferrari. In Bahrain war Bottas auf der schnelleren Strategie, doch die Mercedes-Strategen schätzten Ferrari falsch ein. In Shanghai war das Team mit dem Undercut gegen die Scuderia sogar erfolgreich und brachte Bottas vor Vettel an die Spitze. Lediglich das Safety Car fuhr den Silberpfeilen auf dem Weg zu ihrem ersten Saisonsieg in die Parade. Weder Ferrari noch Mercedes können sich in Sachen Rennstrategie bisher einer weißen Weste rühmen.

In Baku ist abermals eine Schlacht der Kommandostände zu erwarten. Das Schlachtfeld ist jedoch ein gänzlich anderes als an den vorangegangenen Austragungsorten. Der Baku City Circuit ist in jeder Hinsicht unberechenbar. 2016 war das Rennen ein wahres Reifen-Massaker, bei dem manche Teams selbst im Rennen noch nicht wussten, welcher Pneu für sie funktioniert. 2018 verspricht alleine die Reifenwahl der Top-Teams Spannung, denn Ferrari, Mercedes und Red Bull haben allesamt unterschiedliche Pläne gewählt.

Brennpunkt #4: Knallt es wieder auf dem Straßenkurs?

Die Formel 1 gastiert in dieser Saison zum erst dritten Mal in Baku. Die beiden bisherigen Ausgaben des Rennens hätten unterschiedlicher kaum sein können. Bei der Premiere 2016 sahen die Fans eine zum Gähnen langweilige Prozession, bei der außer panischen Boxenstopps aufgrund von exorbitantem Reifenverschleiß im Prinzip gar nichts passierte. Vergangenes Jahr hingegen lieferte der Baku City Circuit das wohl nervenaufreibendste Rennen der Saison. Neben dem Rammstoß von Vettel an Hamilton gerieten im Zweikampf einige Piloten aneinander.

Das Resultat war ein Sieger namens Daniel Ricciardo, der zu Rennbeginn fast schon eine Runde zurück lag, der auf dem Podium von Valtteri Bottas flankiert wurde, der auf dem Sprint zum Zielstrich Rookie Lance Stroll den zweiten Platz entrissen hatte. Inwiefern sich ein solches Chaos 2018 wiederholt, wird zweifelsohne von der Disziplin der Piloten abhängen. In den ersten drei Rennen gab es angesichts das Zweikampfverhaltens einiger Fahrer beileibe nicht wenig Diskussionsstoff.

Sowohl an der Spitze als auch im Mittelfeld haben sich Teams und Fahrer ineinander verbissen. Niemand will zu diesem frühen Zeitpunkt in der Saison Boden auf den Gegner verlieren, jeder will sich behaupten. Das gilt nicht nur für die Hackordnung unter den Teams, sondern auch für die unter den Fahrern. Bei Haas, Force India & Co. fahren angesichts freier Cockpits bei den Top-Teams für 2019 alle Piloten um ihr Standing in der Königsklasse und wollen gegen den Teamkollegen auf keinen Fall den Kürzeren ziehen.

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Brennpunkt #5: Kann Stroll das Podest-Wunder wiederholen?

Wenn nicht jetzt, wann dann? Williams rangiert nach drei Saisonrennen in der Konstrukteurs-WM als einziges Team ohne Punkte auf dem letzten Platz. Vergangene Saison stellte das Team mit Stroll in Baku noch den einzigen Piloten im gesamten Jahr, der nicht für ein Top-Team aufs Podest fuhr. Sowohl Williams als auch dem Kanadier würden angesichts eine derartigen Erfolgserlebnisses wohl tonnenschwere Steine von den Schultern fallen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist jedoch gering.

2017 blieb Stroll in Baku zwar fehlerfrei, profitierte jedoch vom Sterben der Konkurrenz. In diesem Jahr würde bei einem derartigen Rennverlauf wohl am ehesten Fernando Alonso auf das Treppchen fahren. Der Spanier holte schon in den ersten drei Rennen jeweils das Maximum für McLaren heraus und stieß in Sphären vor, die für den MCL33 eigentlich unerreichbar sind. Ansonsten sollte am ehesten mit Kevin Magnussen oder auch Nico Hülkenberg gerechnet werden, die aktuell ebenfalls auf einem Höhenflug sind.