Juan Manuel Fangio ist mit 24 Siegen und 5 Weltmeistertiteln bei 51 Grand-Prix-Starts in der Formel 1 bis heute eine der größten Legenden in der Geschichte des Rennsports. Doch Fangio hinterließ nicht nur auf den Rennstrecken dieser Welt seine Spuren.

Der Argentinier nahm während seiner Laufbahn sogar großen Einfluss auf die Weltgeschichte, wenn auch nicht freiwillig. Am 26. Februar 1958 befand er sich in der kubanischen Hauptstadt Havanna, wo er beim Grand Prix von Kuba an den Start ging. Zu diesem Zeitpunkt war der damals 46-Jährige bereits ein Weltstar. Diktator Fulgencio Batista, der zu dieser Zeit über Kuba herrschte, hatte das Rennen zu Prestigezwecken ins Leben gerufen, um seine Gewaltherrschaft zu kaschieren.

Genau dazu sollte auch die Teilnahme des Rekord-Weltmeisters Juan Manuel Fangio dienen. Doch der Weltmeister und Star der Veranstaltung war überraschenderweise nicht am Start erschienen. Fangio war am Vorabend aus der Lobby seines Hotels von der 'Bewegung des 26. Juli' um Fidel Castro und Che Guevara entführt worden.

Entführer lassen Fangio Rennen schauen

Die Ereignisse scheinen rückblickend wie aus einem Polit-Thriller entlehnt. Zwei bewaffnete Männer betraten an diesem Abend die Hotellobby, in der sich Fangio mit seinen Vertrauten aufhielt. Ungeachtet der vielen Zeugen traten die bewaffneten Männer an Fangio heran und hielten ihm eine Waffe vor. Alles ging sehr schnell. Sie forderten den Rennfahrer auf, mitzukommen.

Die Umstehenden blieben verdutzt zurück, während Fangio und seine Entführer in ein wartendes Fahrzeug einstiegen und davonfuhren. Die Polizei wurde alarmiert und errichtete Straßensperren, doch von Fangio keine Spur. Die einzige Nachricht war ein öffentliches Statement der Entführer: "Hier spricht der 26. Juli. Wir haben Juan Manuel Fangio um 20:55 Uhr entführt."

Juan Manuel Fangio wurde fünf Mal Formel-1-Weltmeister, Foto: Mercedes-Benz
Juan Manuel Fangio wurde fünf Mal Formel-1-Weltmeister, Foto: Mercedes-Benz

Als ob das noch nicht genug gewesen wäre, um Batistas Prestigeveranstaltung zu einer großen Demütigung verkommen zu lassen, kamen während des Rennens 6 Zuschauer bei einem Unfall ums Leben, 42 weitere wurden teilweise schwer verletzt. Fangio verfolgte die Tragödie zusammen mit seinen Entführern am Fernseher.

Nach Ende des Rennens, etwa 29 Stunden nach seiner Entführung, wurde er wieder freigelassen und der argentinischen Botschaft übergeben. Der für das Regime von Fulgencio Batista entstandene Schaden war jedoch immens. Batista hatte zuvor geleugnet, dass die Bewegung um Fidel Castro überhaupt existierte, einerseits, um von den USA als sicherer Investitionspartner anerkannt zu werden und andererseits, um Zulauf der verarmten Bevölkerung zu den sozialistischen Guerillas zu verhindern.

Fidel Castro besiegt 1958 Batistas Truppen

Durch die Geschehnisse rund um Fangio konnte er diese Illusion nicht weiter aufrechterhalten. Wie einfach Fangio entführt werden konnte, zeigte obendrein, wie schwach Batistas Regime in Wahrheit war. Fidel Castros Bewegung gewann durch diesen Coup an Stärke und besiegte schließlich am 29. Dezember 1958 Batistas Truppen.

Juan Manuel Fangio 1956 im Lancia-Ferrari in Monaco, Foto: LAT Images
Juan Manuel Fangio 1956 im Lancia-Ferrari in Monaco, Foto: LAT Images

Und Fangio? Noch im selben Jahr gab er seinen Rücktritt aus dem Motorsport bekannt. Über die Entführung sagte er später: „Ach, das ist einfach nur ein weiteres Abenteuer. Wenn das, was die Rebellen getan haben, für einen guten Zweck war, dann werde ich als Argentinier das akzeptieren.“ Die Rebellen ihrerseits streuten Fangio Rosen und bezeichneten ihn als einen Mann von Charme und Würde. Zu Fangios 80. Geburtstag im Jahr 1991 gab es Glückwünsche aus der ganzen Welt für 'El Maestro'. Einer unterschrieben mit: "Deine Freunde, die Entführer."