Der China GP 2018 lief für Sebastian Vettel lange nach Plan. Der Ferrari-Pilot kontrollierte das Rennen, von Pole Position aus gestartet, vor Valtteri Bottas. 20 Runden lang sah alles nach dem dritten Formel-1-Sieg in Folge für Vettel aus, doch dann trickste Mercedes Ferrari aus.

Am Ende von Runde 19 holt Mercedes Bottas zum Reifenwechsel an die Box. 3,5 Sekunden Rückstand hatte der Silberpfeil-Pilot zu diesem Zeitpunkt auf Vettel. Um den Undercut abzuwehren, holt Ferrari Vettel eine Runde später rein - vergeblich. Zur Überraschung vieler verlor Vettel seine Führung durch den späteren Stopp an Bottas.

Vettel und Ferrari von Wirkung des Mercedes-Undercuts überrascht

Überrascht waren nicht nur die Zuschauer, auch Ferrari selbst. "Wir waren uns ziemlich sicher, dass wir davor rauskommen", sagte Sebastian Vettel nach dem Rennen. "Das müssen wir uns nochmal ansehen."

Doch der Boxenstopp war nur der Anfang vom Ende. Als in Runde 32 das Safety Car auf die Strecke geschickt wurde, erhielt das Rennen eine neue Dynamik. Beim Restart griffen die beiden Red-Bull-Piloten Max Verstappen und Daniel Ricciardo an. Beide nutzten die Safety-Car-Phase, um frische Reifen aufzuziehen. Weder Mercedes, noch Ferrari holten ihre Piloten rein.

Safety Car mach Red Bull zum Übergegner

Nach dem Restart legten Verstappen und Ricciardo los wie die Feuerwehr, gingen durch die Konkurrenz wie Butter. Selbst als Verstappen seine Position an Ricciardo verlor, als er im Zweikampf mit Hamilton den Kürzeren zog, konnte er noch einmal nachlegen.

In Runde 42 war Vettel dann fällig, Daniel Ricciardo machte kurzen Prozess mit dem Ferrari-Piloten. Nur noch Platz drei für den Weltmeisterschaftsführenden. Nur eine Runde später versuchte es dann Verstappen - und es kam zum Crash. Vettel drehte sich, wurde bis auf Platz sieben zurückgereicht, musste mit beschädigtem Auto später auch noch Fernando Alonso Platz acht überlassen.

Vettel kritisiert Rennleitung schärfer als Verstappen

Nach dem Rennen warteten alle gespannt auf die Aussagen des Heppenheimers, nachdem er Lewis Hamilton vor einer Woche in Bahrain noch in Schutz genommen hatte, als der Max Verstappen als 'Dickhead' bezeichnet hatte.

Begeistert war Vettel von Verstappens Aktion nicht, doch Beleidigungen oder Schimpftiraden gab es nicht. "Ich bin im Auto ruhig geblieben und jetzt auch", so Vettel. Dafür bekam aber wer anders sein Fett weg: die Rennleitung. Denn ohne die wäre Vettel gar nicht in die Situation gekommen, wie der viermalige Formel-1-Weltmeister meint.

Vettel: Valtteri Bottas und ich hatten keine Chance zum Stopp

"Ich wäre auch an die Box gekommen, aber Valtteri und ich hatten keine Chance", schimpfte er. Tatsächlich wurde die Safety-Car-Phase just in dem Moment ausgerufen, als die beiden Führenden die Boxeneinfahrt schon passiert hatten. Alle anderen hatten die Wahl, sich entweder direkt hinten ans Feld einzureihen oder aber zu stoppen - was aus der Spitzengruppe nur die beiden Red Bulls machten.

"Das Rennen war auch nicht eingefroren", so Vettel weiter. "Normalerweise ist es solange eingefroren, bis alle Autos die Safety-Car-Linie ein bis zwei Mal überquert haben. Wir wurden so aus dem Rennen genommen und konnten nicht auf frische Reifen gehen."

Das sagen die Formel-1-Regeln

Vettel, der sich eigentlich ausgesprochen gut mit den Regeln auskennt, liegt aber hier nicht ganz richtig. Im Reglement ist lediglich festgelegt, dass sich die Piloten solange an die VSC-Zeit halten müssen, bis alle Autos zweimal über die erste Safety-Car-Linie gefahren sind. Das soll sicherstellen, dass nicht weiter im Renntempo gefahren wird, bis das Safety-Car eingeholt ist.

Formel 1: So funktionieren Safety Car und Virtual Safety Car (03:13 Min.)

Beispiel: Eine Safety-Car-Phase wird ausgerufen, der Führende hat aber soeben die erste Safety-Car-Linie passiert. Dann muss das Safety-Car eine Runde lang warten, bis es den Führenden aufsammeln kann. In dieser Runde gilt aber nicht Renntempo, sondern die VSC-Zeiten. Erst wenn alle Piloten die erste Safety-Car-Linie zweimal überfahren haben, gilt die VSC-Zeit nicht mehr.

Vettel: Trümmer schon länger da, Safety Car besser timen

Doch was hätte die Rennleitung anders machen sollen? Vettel hat eine klare Meinung: "Ich würde es verstehen, wenn etwas passiert und man sofort reagieren müsste, dass man dann keine Rücksicht darauf nehmen kann, wo die Autos gerade sind. Wir hatten aber schon zwei Runden lang Trümmer auf der Strecke, da kann man das Safety-Car entweder früher oder später rufen."

Rennleiter Charlie Whiting widerspricht: "Wenn wir entscheiden, das Safety-Car zu holen, dann ist das aus Sicherheitsgründen. Da schauen wir nie, wie es jemanden betreffen wird, ob einer Vor- oder Nachteile haben könnte."

FIA: Sicherheit vor Chancengleichheit

Dass man gewartet hat und nicht sofort Bernd Mayländer auf die Strecke schickte, hat einen einfachen Grund. "Wir wollten sicherstellen, dass das Safety-Car notwendig und gerechtfertigt war", so Whiting. "Wir haben zuvor gesehen, ob es eine Lücke geben würde im Feld, aber die gab es nicht. Dann hilft auch ein VSC nicht, denn die Marshalls müssen einen weiten Weg zurücklegen." Bei der Notwendigkeit des Safety-Cars stimmt auch Vettel zu: "Man muss den Marshalls ein Fenster von ein bis zwei Minuten geben, um die Strecke zu reinigen."

Nach der Kritik von Vettel an der Rennleitung gibt es von Whiting Kritik zurück: "Für mich ist es ein bisschen mysteriös, warum das jetzt so im Fokus steht. Wir haben das VSC seit 5 und das Safety-Car seit mehr als 20 Jahren. Es war immer so, dass es Gewinner und Verlierer gibt. Es ist nicht unser Job zu sehen, wer Vor- und wer Nachteile hätte."