Weltmeister Lewis Hamilton kam beim dritten Rennen zur Formel-1-Saison 2018 in China nicht über den vierten Platz hinaus. Während Teamkollege Valtteri Bottas sogar auf Siegkurs lag, spielte der Brite keine Rolle. Hamilton haderte angesichts der fehlenden Konkurrenzfähigkeit. In Sachen WM-Stand nahm das Wochenende für ihn in Shanghai aber noch ein gutes Ende.

"Ich bin eigentlich dankbar dafür, wie er fährt. Denn das bedeutet, dass wir heute nicht allzu viele Punkte verloren haben", konnte sich Hamilton in Anbetracht dessen, dass er aufgrund von Verstappens Abschuss an Vettel in der WM sogar acht Zähler gutmachte, eine kleine Anmerkung nicht verkneifen. "Das soll aber nichts heißen", schob er nach.

Nachdem er vor einer Woche in Bahrain mit Verstappen aneinandergeraten war, erwischte es Vettel bei seinem Kontakt mit dem Red-Bull-Piloten in China umso härter. Hamilton hatte kurz zuvor jedoch auch ein Aufeinandertreffen mit Verstappen. Der hatte versucht, den Mercedes in Turn 7 auf der Außenbahn zu überholen, wobei ihm jedoch die Straße ausging und die Attacke in der Auslaufzone endete.

"Bei der Aktion konnte ich ihn gar nicht sehen. Ich fuhr die Kurve ganz normal. Erst in der Wiederholung sah ich, dass er da war", so Hamilton, der das Manöver für überambitioniert erklärte. Außenherum jemanden in Turn 7 überholen? "Keinen der Top-Fahrer, das ist mal klar", machte Hamilton deutlich. "Die Linie ist dort außen eigentlich sehr dreckig. Es ist eine sehr schnelle und lange Kurve. Ich wüsste nicht, dass sich dort schon einmal einer der Top-Fahrer außen hat überholen lassen."

Hamilton rätselt über Desaster-Wochenende: War in China in Bestform

Den Zielstrich überquerte Hamilton letztendlich trotzdem hinter Verstappen - trotz des wilden Manövers in Turn 7 und der Kollision mit Vettel. Nur aufgrund der Zeitstrafe von zehn Sekunden wurde Hamilton als Vierter gewertet, während Teamkollege Bottas Zweiter wurde. "Ich war im Niemandsland und hatte einfach keine Pace. Gestern und heute waren auf meiner Seite ein Desaster", fasste Hamilton sein Wochenende zusammen.

Tatsächlich war der Erfolgsgarant der Silberpfeile nicht derjenige, der für das Team in Shanghai die Kastanien aus dem Feuer holte. "Ich muss versuchen das zu begradigen und mich zurück auf mein normales Performance-Level bringen. Ansonsten verliere ich noch mehr wertvolle Punkte", so Hamilton, der seit dem Samstag mit seinem F1 W09 fremdelte und auch im Rennen nicht den richtigen Rhythmus fand.

"Das Auto ist sehr instabil und lenkt in vielen Kurven nicht richtig ein. Wir haben da heute viel Performance verloren", sagte der 33-Jährige, der bei sich selbst trotz allem kein Formtief erkennen kann: "Ich habe definitiv das Gefühl, dieses Wochenende in Bestform gewesen zu sein. Ich habe mich auch exakt so vorbereitet wie immer, aber ich habe einfach mit dem Auto gekämpft." Für Mercedes-Teamchef Toto Wolff ist ein nicht konkurrenzfähiger Lewis Hamilton ein Zeichen dafür, dass an vielen Ecken und Enden der Wurm drin ist.

Als das Safety Car auf die Strecke kam, schöpfte Hamilton kurz Hoffnung, Foto: Sutton
Als das Safety Car auf die Strecke kam, schöpfte Hamilton kurz Hoffnung, Foto: Sutton

Wolff: Hamilton und der Mercedes waren nicht bei 100 Prozent

"Er war wie das Auto dieses Wochenende wohl nicht in der besten Verfassung. Und er ist meiner Meinung nach der beste Fahrer, aber auch die Besten haben Tage, wo sie einfach nicht bei 100 Prozent sind", erklärte der Österreicher. "Aber wenn du dann ein Auto unter dir hast, das nicht so performt wie erwartet, die Reifen nicht das machen was du denkst, was sie tun sollten, und auch noch die Strategie gegen dich läuft..."

In Sachen Strategie zog Red Bull in der Safety-Car-Phase den Joker, als das Team beide Autos auf Soft-Reifen umsattelte. Gegen die Pace von Ricciardo und Verstappen waren Mercedes und Ferrari in der Folge chancenlos. Doch hätte Hamilton angesichts seiner Probleme nicht auch zocken können? "Wenn das Team so entschieden hätte, wäre ich hinter Kimi zurückgefallen. Wir wussten außerdem nicht, dass die anderen diese Kollision haben würden. Zu dem Zeitpunkt wäre es nicht die richtige Entscheidung gewesen", wiegelte er ab.

Abgesehen davon hatte er sich durch die Neutralisierung alleine schon bessere Chancen ausgerechnet. "Ich dachte erst: Okay, das ist gut. Ich bin jetzt direkt hinter Seb und vielleicht habe ich eine Chance, denn unsere Reifen sind gleich alt", so Hamilton, der seine Zuversicht in diesem Moment des Rennens mit dem Funkspruch "Hey, das ist cool", Ausdruck verlieh. Wenig später realisierte er jedoch die Red-Bull-Gefahr.

Red Bull auf Soft-Reifen: Was zur Hölle?!

"Dann schaute ich in den Spiegel und sah die beiden Red Bull genau hinter mir, auf frischen Reifen und dachte mir: Wie zur Hölle kann das passieren?!", erklärte Hamilton. "Ich dachte, sie hätten durch die Stopps weiter zurückfallen müssen. Aber da wusste ich, das sie vorbeigehen würden. Es war nur eine Frage der Zeit." Kurz darauf kam die misslungene Verstappen-Attacke, dann gingen erst Ricciardo und schließlich auch Verstappen am Weltmeister vorbei.

Als Verstappen mit Vettel kollidierte machte Hamilton zwar zwei Positionen gut, jedoch ging ihm in diesem Moment Räikkönen durch. "Ich fuhr auf den Scheitelpunkt zu und sie standen beide falsch herum", beschrieb Hamilton die Situation. "Ich konnte nicht die engere Linie fahren, wie Kimi es tat. Ich musste nach links ausweichen, da ich Angst hatte, einen von ihnen zu erwischen. Vor allem als sie versuchten umzudrehen", fügt er an.

Immerhin kam Hamilton ohne selbst Schaden zu nehmen durch. Später gab es ein Wiedersehen mit Verstappen, doch er leistete keine Gegenwehr. "Ich wusste, dass er auf den frischen Reifen immer noch hinter mir ist und es nur eine Frage der Zeit war. Aber mir war auch klar, dass ich ihm sowieso Platz machen würde, weil er die 10-Sekunden-Strafe hatte. Ich lasse mich nicht in irgendetwas verwickeln, wie es andere häufig tun..."