Weltmeister Lewis Hamilton liegt vor dem dritten Rennen zur Formel-1-Saison 2018 in China in der WM-Wertung 17 Punkte hinter Leader Sebastian Vettel zurück. Erstmals seit 2013 war Mercedes zu Saisonbeginn nicht siegreich. Toto Wolff sprach bereits ein Machtwort. Hamilton selbst sieht in Ferrari längst nicht das bessere Team.

"Ich glaube nicht, dass Mercedes ein verwundetes Tier ist", sieht Hamilton seine Mannschaft nicht als leichte Beute für die Scuderia. "Ich glaube immer noch, dass wir das beste Team sind." Die Siege der Italiener in Australien und Bahrain erkennt er zwar an, doch unter dem Strich hat der Gegner genau wie Mercedes auch Punkte liegen gelassen.

"Sie haben auch nicht den perfekten Job gemacht. Das komplette Paket hast du erst, wenn du mit beiden Fahrern auf den ersten beiden Plätzen landest. Das hat noch keiner von uns geschafft, also waren weder wir noch sie bisher perfekt", erklärt der 33-Jährige, für den es im direkten Vergleich der Performance mehr oder weniger unentschieden steht.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem China GP (06:23 Min.)

"Ich denke nicht, dass Ferrari in Australien den besseren Job gemacht hat. Es wäre unfair gegenüber meinem Team, das zu sagen. Schließlich haben wir sie das gesamte Wochenende über im Griff gehabt", erinnert Hamilton an die dominante Vorstellung der Silberpfeile in Melbourne und vergisst dabei auch nicht, dass Ferrari dort schlussendlich reichlich vom Renngott beschenkt wurde.

"Manchmal hat man halt Glück und für sie war es ein glückliches Szenario, aus dem sie Kapital geschlagen haben", verweist der Brite auf die VSC-Phase, die Sebastian Vettel den Sieg bescherte. "Hut ab an sie, dass sie das genutzt haben." In Bahrain hingegen, so gibt er zu, war die Konkurrenz einfach eine Nasenlänge voraus: "Ferrari hat uns das ganze Wochenende übertrumpft. Sie haben in diesem Rennen definitiv ihre Bestform gebracht."

Mercedes braucht hin und wieder einen Weckruf

2017 gewann Ferrari den Auftakt. Mercedes revanchierte sich beim zweiten Rennen in China, Ferrari schlug daraufhin in Bahrain zurück. Tatsächlich lief Hamilton der WM-Führung die ganze erste Saisonhälfte hinterher. Zu Saisonbeginn in der Verfolgerrolle zu sein, ist für ihn und sein Team also keine Neuheit. "Das war definitiv nicht geplant. Ich weiß nicht, warum wir in der Regel nicht so stark beginnen", so Hamilton.

Andererseits, so hat die Erfahrung gezeigt, war ein holpriger Saisonstart für ihn für gewöhnlich der richtige Impuls. "Ich glaube nicht, dass es schlecht ist, wenn wir innerhalb des Teams so einen Weckruf erhalten", sagt der viermalige Champion. "Es ist sonst sehr einfach für den Menschen, selbstgefällig zu werden, überheblich oder gehemmt zu sein, übertrieben oder untertrieben Erwartungen zu haben."

Mercedes zeigte sich in Sachen Taktik in Bahrain durchaus gehemmt oder zumindest nicht konsequent. Die Plätze zwei und drei in den ersten beiden Rennen sind für Hamilton aber alles andere als ein Beinbruch. Im Gegenteil. Hätte das Team sich anders verhalten, könnte es nun sogar noch schlechter dastehen: "Bist du zu aggressiv, verlierst du ein ganzes Rennen und vielleicht mehr Punkte, als wenn du zu zaghaft bist."

Hamilton ohne Sorge um WM-Chancen: Bin lange genug dabei

Teamchef Toto Wolff forderte für China, dass Mercedes wieder dem Team würdige Ergebnisse einfährt. Der Druck innerhalb des Teams ist definitiv spürbar, doch Hamilton hat angesichts des Punktedefizits gegenüber Vettel keine Sorgen. "Ich bin schon sehr lange hier und weiß, dass die WM nicht in den ersten zwei Rennen entschieden wird", gibt er sich gelassen. "Ich weiß, dass möglicherweise noch schwierigere Wochenenden kommen."

Die Niederlagen in den ersten Rennen haben seiner Moral schon mal keinen Tiefschlag versetzt. "Diese Erfahrungen haben mich nur stärker gemacht und ich habe nicht vor, noch mehr an Boden zu verlieren", erklärt er. "In meinem Kopf will ich einfach nur die nächsten 19 Rennen gewinnen." Doch wie jeder im Team ist auch er sich dessen bewusst, dass Ferrari nur mit einer makellosen Leistung bezwungen werden kann.

"Letztes Wochenende habe ich mich nur als Vierter qualifiziert. Da habe ich nicht meine Bestform abgerufen. Aber wir müssen ab jetzt an jedem Wochenende unsere Bestform bringen, angesichts dessen, wie eng es ist", sagt Hamilton. Etwas, dass die silbernen Seriensieger der vergangenen Jahre regelmäßig umsetzten, wenn ihnen die Konkurrenz zu nahe kam.

Formel 1 2018: Rennanalyse Bahrain GP (25:11 Min.)

Hamilton kann auch anders

"Das Team hat sich angeschaut wo wir stehen und die Dinge analysiert. Ich hoffe nicht nur, sondern ich weiß, dass wir uns verbessern werden", ist Hamiltons Glaube an die Konkurrenzfähigkeit seiner Truppe ungebrochen. In China war er vergangene Saison siegreich. Anders als Bahrain herrschen im Reich der Mitte nicht die heißen Temperaturen, die Ferrari so liebt. Für Hamilton ändert sich dadurch aber nichts.

"Ferrari war letztes Jahr hier nicht weit hinter uns. Sie werden dieses Wochenende schwer zu schlagen sein. Vor allem, wenn man ihre Höchstgeschwindigkeit anschaut. Sie haben sich bei ihren Motorprogrammen für diese Saison sehr verbessert und wir haben hier diese langen Geraden. Ich erwarte, dass sie hier sehr schnell sein werden", so der 62-fache Grand-Prix-Sieger.

Sollten die Roten in China die Oberhand haben, weiß Hamilton, dass er noch viel Zeit hat um zurückzuschlagen. "Ich könnte ein aggressiverer Fahrer sein, wenn ich das wollte. Aber ich habe meinen Kopf komplett auf den Gewinn dieser Weltmeisterschaft ausgerichtet", sagt er. "Die richtige Balance zu finden ist sehr wichtig. Ob ich aggressiver rangehe hängt von der Situation ab."