Force India hat sich in der Formel 1 zuletzt den Status als klare Nummer vier der Königsklasse, als bestes aller Teams, die keine Giganten wie Ferrari, Mercedes und Red Bull Racing sind, erarbeitet. Doch zum Start der F1-Saison 2018 läuft es beim britisch-indischen Rennstall um Sergio Perez und Esteban Ocon noch holprig.

Mit einer B-Spec des VJM11 in die Testfahrten gestartet, zündeten große Upgrades für Australien und Bahrain nicht mit durchschlagender Wirkung. Einen in Sakhir zunächst getesteten Frontflügel hat Force India im Rennen erst gar nicht eingesetzt - verworfen, nicht ganz ausgereift. Zumindest für den ersten WM-Punkt reichte es.

Sergio Perez: Force India kann jetzt im F1-Mittelfeld kämpfen

"Ein Punkt in Bahrain war echt eine schöne Belohnung nach einem richtig intensiven Wochenende", sagt Esteban Ocon vor dem unmittelbar folgenden China GP in Shanghai. "Ich musste echt hart dafür arbeiten!" Doch sei das für Force India nicht genug. Meint vor allem Vijay Mallya. "Es war gut, Punkte anzuschreiben, aber es gab bereits Potential für mehr", hadert der Big Boss des Teams.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem China GP: (06:23 Min.)

"Wir haben über das Wochenende Fortschritte erzielt und befinden uns jetzt definitiv im Mittelfeldkampf", meint Sergio Perez. "Wir haben hier in China mehr Updates zum Testen und müssen wie in Bahrain jetzt einfach in die gleiche Richtung weiterarbeiten."

Esteban Ocon: Bahrain für Force India wie Testfahrten

Esteban Ocon bestätigt: "Wir haben jede Menge gelernt und mit dem Auto einen Schritt nach vorne gemacht. Die Balance war in Bahrain ziemlich gut, ich fühlte mich wohl im Auto." Die intensiven Tage in Bahrain seien für Force India mehr Test als Rennwochenende gewesen. Ocon: "Am Ende waren es fast wie zwei Tage Wintertestfahrten. Da haben wir viel verstanden, was uns für den Rest der Saison helfen wird." Anders als sein Chef Mallya sah der Franzose Force India auch deshalb zuletzt noch nicht bereit für mehr.

Das könne sich aber schnell ändern. "Es ist kein Geheimnis, dass wir gerade zu kämpfen haben. Aber das Team arbeitet hart, um mehr Performance ans Auto zu bringen. Wenn wir jetzt nur noch ein bisschen mehr Speed finden, dann können wir konstant im Q3 sein und um Punkte fahren. Es kommen erneut Updates ans Auto, wird also ein weiterer geschäftiger Freitag", sagt Ocon.

Force India in China vor Regen-Problem

Force India plane Runnings ohne Ende. Bitter nur, dass der Wetterbericht von einem nassen Freitag ausgeht. "Das wäre nicht gerade toll. Wir müssen im Trockenen fahren. Wir brauchen ein sauberes Running hier,um alles testen zu können", sagt Ocon zu Motorsport-Magazin.com.

Das grundlegendere Problem für Force India jedoch: 2018 ist der Kampf im Mittelfeld auf einen neuen Level gehoben worden, es geht enger zu als in den vergangenen F1-Saisons. Renault, McLaren, Haas, Toro Rosso - die Liste der ebenbürtigen Gegner ist lang. Auch Sauber stoße jetzt dazu, so Perez. "Wir haben es aber erwartet", sagt Perez zu jetzt dem härteren Kampf hinter den Top-Teams. "Aber vielleicht nicht von Toro Rosso. Wir haben nicht erwartet, dass Toro Rosso sofort so konstant und schnell sein kann", so der Mexikaner.

Perez: Toro Rosso & Haas noch vorne

Force India also eiskalt erwischt von der Truppe aus Faenza, die Honda mit P4 gleich im zweiten Rennen der neuen Partnerschaft ein besseres Ergebnis bescherten als es McLaren in drei Jahren zuvor je gelungen war. "In Bahrain waren sie auf jeden Fall die Viertstärksten", zollt Perez Toro Rosso dafür Respekt, jetzt genau auf jener Position zu liegen, die Force India eigentlich für sich selbst beansprucht.

Etwas weniger überrascht ist Ocon. "Jeder hat sich dieses Jahr verbessert, auch die anderen Motoren", erklärt der Franzose. "Und in der Formel 1 arbeiten eben alle hart. Was wir jetzt aber tun müssen, ist, selbst für die Überraschung zu sorgen. Denn gerade rechnet niemand mit uns. Wir wollen jetzt zurückschlagen. Vorher werden wir nicht nachlassen!"

Ocon: Niemand rechnet mit uns, müssen selbst Überraschung sein

"Wir werden hart weiterarbeiten, um unsere Position an der Spitze des Mittelfelds zurückzufordern", stellt auch Vijay Mallya dazu deutlich klar. Perez sieht jedoch nicht nur Toro Rosso allein einen Schritt voraus. "Ich denke, dass es momentan nicht das eine Team gibt. Vielleicht sind Haas und Toro Rosso gerade die stärksten", so der Mexikaner. "Aber alles ist dieser Gruppe im Mittelfeld richtig eng."

Das freut Sergio Perez jedoch. Auf Niemandsland hinter den Top-Teams, aber weit vor dem Rest - wie in großen Teilen der vergangenen Formel-1-Saison -, hat Perez offenbar keine Lust mehr, will sich lieber im harten Kampf beweisen: "Ich hoffe, dass die Mittelfeld-Horde viel enger sein wird. Ich denke, dass es über die Saison hinweg einen tollen Wettbewerb in der Gruppe im Mittelfeld geben wird. Hoffentlich können wir die Lücke aber schließen und diese Gruppe bald anführen."

Big Boss von Force India verlangt Perfektion

Dazu muss jedoch alles sitzen - und zwar schnell. "Dieses Wochenende wird mehr kommen, das Entwicklungsrennen geht weiter. Der Grid was sehr eng in Bahrain. Hier erwarten wir dasselbe. Mit so kleinen Abständen hängt alles daran, aus jeder Session das absolute Maximum zu machen", fordert Teambesitzer Mallya nicht weniger als Perfektion von seinem Team.

Esteban Ocon sieht Force India hier wenigstens mittelfristig stark. "Das Ziel ist, uns über die Saison hinweg massiv zu verbessern. Es kommen auch noch größere Upgrades. Wir wollen [wie 2017] zur Mitte wieder eine starke Phase bekommen. Wir sind jetzt auf einem niedrigen Level gestartet, aber es ist noch viel Zeit …"

Sergio Perez glaubt dagegen, schon kurzfristig aufdrehen zu können. Bereits in Bahrain sei eigentlich mehr drin gewesen. "Aber ich hatte eine beschädigten Unterboden und dann hat der Platten, den ich in Runde neun hatte, das Rennen zerstört", kommentiert der Mexikaner seine Kollision mit Brendon Hartley in Runden eins. Das reine Ergebnis von Bahrain spiegele daher nicht das wahre Leistungsvermögen Force Indias. "Und zum Glück bekommen wir schon dieses Wochenende unsere Möglichkeit zur Rache und können hoffentlich um gute Punkte kämpfen"