Für das Mercedes F1 Team läuft der Start in die Formel-1-Saison 2018 holprig. Kein Sieg in den ersten beiden Saisonrennen. Das hatte es in der Hybrid-Ära bislang noch nie gegeben. Doch hätte es das auch 2018 nicht geben müssen. Zumindest ein Stückweit besiegte sich Mercedes in Australien und Bahrain selbst. In einem Fall mehr, im anderen etwas weniger.

Trotzdem stehen die Team- und Fahrerweltmeister der vier Vorjahre in der Formel 1 noch immer solide da. Mit den Plätzen zwei und drei hat Lewis Hamilton noch immer WM-Rang zwei inne, mit 17 Punkten einen nach nur zwei Rennen zwar deutlich wahrnehmbaren, aber noch leicht und schnell aufholbaren Rückstand zu verzeichnen. Bei den Konstrukteuren fehlen Mercedes ebenfalls nur überschaubare zehn Punkte auf Ferrari.

Mercedes-Teamchef Wolff: Toto-Tacheles vor dem China GP

Zufrieden damit zeigt sich bei den Silberpfeilen jedoch niemand. Kein Wunder, ist man in Brackley, Brixworth und Stuttgart doch ganz anderes gewohnt, pflegt völlig andere Ansprüche. Am besten verdeutlichen das Aussagen von Motorsportchef Toto Wolff vor dem China GP 2018.

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"Das war nicht der Saisonstart, den wir uns erhofft hatten. Wir haben nun bei zwei Rennen in Folge mit einem Auto Schadensbegrenzung betrieben und mit dem anderen den Sieg knapp verpasst. Beide Rennen wurden durch kleinste Details entschieden, aber das macht es nicht besser. Genau genommen, ist es dadurch sogar noch frustrierender", poltert Wolff. Klartext in der offiziellen Presseaussendung Mercedes' zum Formel-1-Rennen in Shanghai.

Toto Wolff: Mercedes hat keinen Spielraum für Fehler

Toto-Tacheles, der noch weitergeht, fast schon in einer Brandrede endet, die das Team wohl wachrütteln und nach den jüngsten Rückschlägen motivieren soll. "Der Wettbewerb ist in dieser Saison extrem eng und Melbourne hat uns bereits deutlich ins Gedächtnis gerufen, dass es dieses Jahr im Titelkampf absolut keinen Spielraum für Fehler gibt. Während wir in Bahrain ein gänzlich anderes Rennen gesehen und aus anderen Gründen verloren haben, bleibt die Botschaft die gleiche: Um in diesem Jahr zu gewinnen, müssen wir in Bestform sein", fordert Wolff.

Es sei gut, jetzt ein Back-to-back-Rennen vor der Brust zu haben. Wolff: "Dadurch müssen wir nicht lange warten, bis wir wieder Rennen fahren können. Schanghai war für uns in der Vergangenheit ein gutes Pflaster. Vielleicht erhalten wir dort also die Gelegenheit, um einige der Fehler der vergangenen Wochen auszugleichen und eine Performance zu zeigen, die Mercedes würdig ist."

Mercedes zwischen Bahrain und China auf Fehlersuche

Nicht würdig ist nach Auffassung des Teamchefs somit offenbar ein Doppelpodium - wenn dieses 'nur' aus den Plätzen zwei und drei besteht. Das würden bei den Silberpfeilen jedoch alle gleich sehen. "Ich denke, dass unser Team nach der Zielankunft in Bahrain die richtige Reaktion gezeigt hat: Anstatt mit dem Doppelpodium zufrieden zu sein, hat jeder bemerkt, dass die Plätze zwei und drei das Minimum waren, das wir nach den Ausfällen der beiden Red Bull-Fahrer und von Kimi erwarten mussten. Entsprechend haben wir uns noch in Bahrain auf Fehlersuche begeben, um uns für China zu verbessern und dort gestärkt zurückzuschlagen", berichtet Wolff.

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Geschmerzt hätten die ersten beiden Saisonläufe. "Die Punkte, die du nicht machst, sind die, die die Weltmeisterschaft entscheiden können. In der Fahrer-WM hat Lewis in Melbourne sieben Punkte verloren. Heute wäre er nicht besser als Dritter gewesen, denn es ging zum Großteil zwischen Valtteri und Sebastian. Für einen Rennsieg war er zu weit weg. Aber in der Konstrukteurswertung haben wir in Melbourne sieben und heute sieben verloren", sagte Wolff bereits nach Rennende in Sakhir. "Also haben wir 14 Punkte verloren, die am Ende einen Unterschied machen können."

Lewis Hamilton not amused: Funk-Probleme auf zwei Eben

Bei seiner Rechnung bezieht sich Wolff jedoch nur auf die zu konservativen Strategien Mercedes in Australien und Bahrain, die in letzterem Fall eine "Siegwahrscheinlichkeit von 90 Prozent", so Wolff, ruinierten. Doch gab es in top weitere Tiefschläge wie Valtteri Bottas Crash im Qualifying in Melbourne oder den vorzeitigen Getriebewechsel am W09 Lewis Hamiltons in Bahrain. "Es ist extrem frustrierend und es ist nicht nur ein Grund, warum wir das Rennen verloren haben. Es sind mehrere", so Wolff.

Einer davon in Bahrain: Probleme mit dem Boxenfunk von Lewis Hamilton, gleich auf zwei, nicht nur einer Ebene. Einerseits schlichtweg technisch bedingt - Hamilton: " Der Boxenfunk hat nicht richtig funktioniert und in der Hitze des Gefechts ist es schwierig zu wissen, welche Informationen du geben musst. Sie konnten mich nicht hören. Ich konnte sie hören, aber sie haben immer wieder geantwortet, sie könnten mich nicht hören."

Boxenfunk: Technik nicht das einzige Problem

Doch damit nicht genug. Andererseits lief es auch von menschlicher Seite nicht so, wie es sich Lewis Hamilton von seinem langjährigen Peter Bonnington und Mercedes gewünscht hätte. "Es war etwas schwierig zu wissen, wie hart ich in der Anfangsphase die Reifen rannehmen sollte. Zu einem Zeitpunkt habe ich verstanden, dass die [Ferrari] Jungs zwei Stopps machen und es keinen Weg gibt, wie sie mit diesem einen Stopp zu Ende fahren können", schildert Hamilton. "Und, dass ich Reifen sparen muss, um noch kämpfen zu können wenn er [Vettel] mich am Ende einholt oder ich ihn einholen muss und die Reifen dann noch in Ordnung sind, wenn sie doch einen Stopp machen sollten."

Doch was genau Ferrari plante, war Hamilton nie bekannt. "Ich hatte diese Info nicht, ich bin also ziemlich viel im Niemandsland herumgefahren für eine Weile. Das ist etwas, woran wir arbeiten müssen", fordert Hamilton. "Wir werden uns zusammensetzen und diese letzten beiden Rennen besprechen." Immerhin hatte sich Hamilton schon in Australien extrem gewundert, wie Vettel vor ihn gelangen konnte. In Melbourne habe er jederzeit die nötige Pace liefern können, hätte er nur gewusst, sie bringen zu müssen, so der Weltmeister Down Under.

Lewis Hamilton: Müssen - und werden - besser kommunizieren

Jetzt habe er erneut keine Tonnen an Feedback vom Kommandostand erhalten. "Ich will auch gar nicht, dass sie die ganze Zeit mit mir sprechen. Aber es gibt Zeiten, wo du einfach mal mehr brauchst. Es geht einfach darum, einen Bericht zu liefern, der am besten funktioniert", kritisiert Hamilton. "Wir werden uns aber hinsetzen und das diskutieren, versuchen an diesen Punkten zu arbeiten und uns da verbessern. Und ich habe keinen Zweifel, dass wir das auch werden", sagt der Weltmeister voller Vertrauen in die Lernfähigkeit seines Teams.

Genau wie sein Chef Toto Wolff hält Hamilton diese Details für entscheidender denn je. "Es ist jetzt alles sehr eng. Deshalb betont das die Bedeutung von Kommunikation und solchen Kleinigkeiten nur noch mehr oder steigert sie sogar. Die können den Unterschied machen", sagt Hamilton. "Wir können es uns nicht leisten solche Rennen gegen Ferrari zu verlieren", so Hamilton über Australien und Bahrain. "Wir müssen nicht nur mit dem Auto stark sein, sondern auch im Rennen. Die Strategie war ja großartig, aber damit sie auch funktioniert müssen wir alle das gleiche Verständnis von dem haben, was wir zu tun haben."