Formel 1 2018: Rennanalyse Australien GP (43:28 Min.)

Eigentlich hätte Lewis Hamilton den Formel-1-Saisonauftakt 2018 in Australien locker gewonnen. Eigentlich, denn tatsächlich sahnte Sebastian Vettel den Sieg ab. Einen Sieg, den es laut Mercedes so eigentlich nicht hätte geben dürfen. Die internen Berechnungen sagten selbst unter VSC-Bedingungen voraus, dass Hamilton vor Vettel bleiben würde. Blieb er aber nicht.

"Das Problem lag aber nicht an der Rennstrategie-Software", erklärt Andrew Shovlin, Mercedes' Leitender Streckeningenieur. "Es war ein Offline-Tool, mit dem wir diese Delta-Zeiten erzeugen. Wir haben einen Bug in diesem Tool gefunden, weshalb wir diese falsche Zahl bekommen haben."

Die Sache ist kompliziert: Die beiden führenden Lewis Hamilton und Kimi Räikkönen waren zum Zeitpunkt des VSC schon in der Box, Sebastian Vettel nicht. Deshalb führte Vettel nicht boxenstopp-bereinigt mit 11,3 Sekunden Sekunden Vorsprung, als die Rennleitung wegen des liegengebliebenen Haas eine VSC-Phase ausrief. Für einen regulären Boxenstopp wäre ein Vorsprung von rund 21 Sekunden nötig gewesen, um wieder vor Hamilton auf die Strecke zu kommen.

Unter dem Virtuellen Safety-Car, so berechnete Mercedes, dürfe Hamilton maximal 15 Sekunden hinter Vettel liegen, um nach dem Ferrari-Stopp weiterhin zu führen. 15 Sekunden allerdings unter der Voraussetzung, dass die Abstände unter VSC-Bedingungen zeitlich anwachsen. Eingefroren sind die Strecken-Abstände unter VSC. Weil die Geschwindigkeit allerdings reduziert wird, strecken sich die zeitlichen Abstände.

"In der Realität lag diese Zeit bei etwas weniger als 13 Sekunden", so Shovlin. "Die Delta-Zeit von 15 Sekunden hatte unser Programm berechnet, deshalb dachten wir, wir hätten ein wenig Spielraum."

Mercedes: VSC-Berechnungen keine exakte Wissenschaft

Mercedes hatte aber noch ein Problem: Vettel befand sich beim Ausrufen des VSC an einer taktisch günstigen Stelle, Hamilton an einer ungünstigen. So kann man trotz eingefrorenen Rennens Zeit verlieren oder gewinnen. "Wir sammeln eine Menge Daten, aber es ist nie eine exakte Wissenschaft", erklärt Shovlin.

Und auch eine Sonderregel macht es den Ingenieuren schwer: Die VSC-Deltazeiten gelten zwischen Safety-Car-Linie 1 und Boxeneinfahrt und zwischen Boxenausfahrt und Safety-Car-Linie 2 nicht. Vettel durfte in diesem Bereich vollgas fahren und tat das auch. Von Mercedes gibt es dafür Respekt: "In Zukunft brauchen wir mehr Spielraum, weil wir auch eine staunenswerte Inlap von Vettel covern müssen."

In Zukunft soll Mercedes ein solcher Fauxpas nicht mehr unterlaufen. "Es ist das gleiche, als hätten wir ein Zuverlässigkeitsproblem: Man muss alles verstehen, was falsch lief. Man muss alle Daten sammeln und es ist niemals nur eine Sache. Es gibt Elemente, die wir besser machen können bei der Berechnung. Aber in Zukunft brauchen wir auch mehr Spielraum", so Shovlin.

Besonders bitter macht die Niederlage die Tatsache, dass Mercedes trotz des VSC-Pechs den Sieg in der eigenen Hand hatte. Hamilton hätte vor dem Haas-Zwischenfall nur etwas mehr Gas geben brauchen. "Wir sind aber einem Benzinprofil gefolgt, damit wir Benzin gespart haben", erklärt Shovlin. "Das ist das frustrierende: Das Auto war klar schnell genug, um das Rennen zu gewinnen. Wenn wir anders gefahren wären, hätten wir es auch gewonnen."

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