Keine zwei Sessions ist die Formel-1-Saison 2018 alt, da gibt es schon den ersten finnischen Moment: Zwischen Ferrari-Routinier Kimi Räikkönen und Mercedes-Pilot Valtteri Bottas - in den vergangenen Jahren bekanntlich schon oft im Clinch on track - wird es bereits im zweiten Freien Training zum Australien GP in Melbourne richtig eng.

Was war passiert? Räikkönen befand sich gerade auf einer Abkühlrunde, Bottas auf einer gezeiteten, als der Mercedes den Ferrari vor Kurve drei einholte und vorbeiziehen wollte. Es kam zu einem Missverständnis. Sekundenbruchteile später räuberte der Silberpfeil auch schon brachial durchs Kiesbett, war nur knapp auf der linken Seite der roten Göttin vorbeigerauscht.

Räikkönen vs. Bottas: Missverständnis statt Schuldzuweisung

"Ich hatte erwartet, dass er da aus dem Weg fährt. Ich denke, er war auf einer Cooldown-Lap. Als ich nah genug dran war, habe ich etwas Downforce verloren und hatte einen Verbremser. Ich wäre überrascht, wenn dafür Strafen ausgesprochen werden", schilderte Bottas die Szene ohne Räikkönen einen Vorwurf zu machen.

Einen Schuldigen sahen auch die Stewards nach Begutachtung der Szene, von Video-, Telemetrie- und Funkmaterial nicht. Noch dazu mussten beide Finnen nach dem Qualifying vorsprechen. Das Urteil: Freispruch für alle Beteiligten. "Beide Fahrer waren sich einig, dass es in Kurve drei eine begrenzte Sicht nach hinten gab und Auto 77 sich Auto 7 mit mehr als 100 km/h Überschuss genähert hat. Räikkönen hatte somit sehr begrenzte Zeit, auf das Auto hinter ihm zu reagieren", so die Urteilsbegründung.

Stewards: Behinderung ja, aber alles getan um es zu verhindern

Behindert habe Räikkönen Bottas somit zwar schon offensichtlich, doch habe er einen ausreichenden Versuch unternommen, den Scheitelpunkt der Kurve für Bottas zu räumen. Beide Fahrer seien sich einig gewesen, dass es keine unnötige Behinderung gewesen sei. Im Klartext: Es hatte sich einzig und allein um ein Missverständnis gehandelt.

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Tatsächlich sah es schon im TV-Bild schlicht so aus, als dass Räikkönen in seine Not, Bottas erst spät gesehen zu haben, innen die Ideallinie frei machen wollte, Bottas aber offenbar damit gerechnet hatte, dass sein Landsmann stark verzögern würde, sodass er noch vor der Kurve hätte über die Außenbahn vorbeiziehen können. Das jedenfalls ist üblicher und wäre wohl auch so passiert.

Kimi Räikkönen: Nicht gesehen, Ferrari-Funk kam zu spät

Doch hatte Räikkönen Bottas nicht nur spät, sondern gar nicht sehen können. Räikkönen: "Ich konnte nichts sehen, das war das Problem. Ich wusste, dass er da irgendwo war, aber ich konnte ihn überhaupt nicht sehen. Natürlich hat das Team versucht, es mir zu sagen. Aber der Call kam ziemlich spät", kritisiert der Iceman sogar mehr den eigenen Kommandostand als Bottas.

"Ich sah den Rauch und ich wusste, dass er da irgendwo war, aber ich konnte ihn nicht sehen und hatte Angst mich zu bewegen. Klar, für ihn war das nicht ideal. Aber ich konnte mich nicht anders bewegen, weil ich ihn nicht sah", schildert Räikkönen seine Furcht, Bottas bei einem Manöver jedweder Art voll in die Kiste zu knallen.

Vor lauter Schreck über die Szene vergaß Räikkönen fast ein Urteil zur sportlichen Lage. Im Training hatte der Iceman Teamkollege Sebastian Vettel beide Mal im Griff, allerdings fuhr auch der ältere Ferrari-Pilot Mercedes weit hinterher. "Es war nicht allzu schlecht, aber das können ganz klar noch besser", sagt Räikkönen jedoch entspannt. "Wir haben einige Dinge ausprobiert und die haben es schon hier und da verbessert. Wir müssen jetzt aber sehr viele Dinge genau richtig hinbekommen."