McLaren Renault erlebte mit Fernando Alonso und Stoffel Vandoorne am Freitag in Melbourne einen zufriedenstellenden Auftakt in die Saison 2018. Nach kleinen technischen Problemen lief der MCL33 rund und schnell genug für Top-10-Zeiten. Im Kampf um die Pole Position hinter den Top-Teams sah sich McLaren dafür mit einem unerwarteten Gegner konfrontiert.

Die Positionen acht und zehn waren für Alonso und Vandoorne im 2. Freien Training an sich durchaus zufriedenstellend, weil das Duo den erwarteten Hauptkonkurrenten Renault hinter sich lassen konnte. Eine Überraschung nach den problematischen Wintertestfahrten in Barcelona? "Nicht wirklich", gab sich Alonso abgeklärt.

Von der Pace des neuen Boliden in Kombination mit der Power Unit von Renault war das Team seit jeher überzeugt. Unerwartet kam etwas ganz anderes. "Haas war wohl die größte Überraschung", so Alonso, der sich am Nachmittag Romain Grosjean um eine halbe Sekunde geschlagen geben musste. Der Franzose schaffte es als Sechster sogar, den Red Bull von Daniel Ricciardo zwischen sich und Alonso zu bringen.

Alonso: Der Haas eine Ferrari-Kopie?

"Sie haben offenbar eine Kopie des Ferraris vom letzten Jahr", so der Spanier mit einem Augenzwinkern. "Die Ferraris haben ja hier gewonnen..." Auf den ersten Blick nur eine von Alonsos gewohnt humorvollen Anspielungen, bei der auf den zweiten Blick wohl auch ein Funke Ernsthaftigkeit mitschwingt. Schließlich ist der Technologieaustausch zwischen Ferrari und Haas kein Geheimnis und der Performance-Sprung der US-Amerikanern enorm.

Da liegt die Vermutung nahe, dass der VF-18 vom SF70H profitiert haben könnte. "Ich denke, sie werden im ersten Teil der Saison sehr stark sein. Hoffentlich können wir nah an ihnen dran sein", schusterte der zweimalige Weltmeister dem Underdog gleich einmal die Rolle des Top-Team-Verfolgers zu. McLaren selbst will sich etwas Zeit geben, um aus seinem Paket das Maximum herauszuholen.

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Kein Formel-1-Team hat so schwierige Aufgabe wie McLaren

"Wir werden definitiv besser und besser. Das ist nur logisch. Wir sind das einzige Team, das diese fundamentalen Änderungen mit einer neuen Power Unit im Auto durchführt", so Alonso, der Ex-Motorenlieferant Honda mit ihrem neuen Partner Toro Rosso dabei bewusst oder auch unbewusst unter den Tisch fallen ließ.

Fakt ist nach dem ersten Trainingstag der neuen Saison auf jeden Fall schon einmal, dass McLaren deutlich besser aufgestellt ist als vor zwölf Monaten. "Ich kann mich an nichts erinnern... will ich wahrscheinlich auch nicht", schien auch Teamkollege Vandoorne zu Scherzen aufgelegt. "Aber nein, es ist ganz anders. Wir haben etwas, womit wir arbeiten können. Jetzt müssen wir nur weiter pushen und noch mehr Performance herausholen."

Bevor es an die Performance geht, muss aber nach wie vor die Zuverlässigkeit in den Griff bekommen werden. Zu Beginn der ersten Session standen zunächst beide Autos eine Weile in der Garage. "Es gab ein paar Anlaufschwierigkeiten mit dem Bodywork im Bereich des Auspuffs", erklärte Racing Director Eric Boullier. Dadurch waren im FP1 nur 31 Runden möglich.

Technik-Probleme werden McLaren in Australien nicht im Weg stehen

"Wir haben im ersten Training wegen ein paar Problemen etwas Zeit verloren, aber wir waren in der Lage, das im FP2 wieder aufzuholen", bekräftigte Alonso, dass die Reparaturpause keine Nachwehen für das Team haben wird. Die absolute Pace stand am ersten Freitag des Jahres ohnehin nicht im Vordergrund.

"Es war der erste Tag, da gab es ohnehin viele Dinge, die wir testen wollten", so der 36-Jährige. Die endgültige Antwort auf die Frage nach der ersten Standorbestimmung gibt es wie immer erst im Qualifying: "Jeder wartet auf den Moment, in dem wir alle unter denselben Bedingungen fahren und sehen, welches Level wir in diesem ersten Zeittraining haben."

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Vandoorne: McLaren ziemlich weit von den Top-3 entfernt

Die Zielsetzung für 2018 war ursprünglich, den mit denselben Renault-Power-Units ausgestatteten Rivalen von Red Bull auf die Pelle zu rücken. Mit dem Vorstoß in die Top-6 muss sich McLaren wohl noch gedulden, doch am Anspruch auf den Titel des 'best of the rest' hat sich nach wie vor nichts geändert.

"Wir befinden uns in dieser Region, wo einige Teams sehr eng beieinander liegen. Die Top-3 scheinen ziemlich weit vorne zu sein im Moment. Aber ich denke, wir sind in guter Form", so Vandoorne. Wenn es nach Alonso geht, kann es schon am Samstag ein Stück weiter nach vorne gehen: "Hoffentlich holen wir etwas besseres als Platz acht."

Eine Hilfe könnte dabei der angekündigte Regen sein. Zu Honda-Zeiten ein gerne genommenes Geschenk bei McLaren, sah sich das Team doch nur unter nassen Bedingungen dazu imstande, in die vordere Hälfte des Feldes vorzustoßen. "Es geht immer auf und ab bei diesem Rennen, besonders, wenn das Wetter nicht so gut ist", so Alonso.

Alonso fordert ein: McLaren muss perfekt sein, Performance ist nicht alles

Mit dem neuen Package will er sich darauf aber nicht mehr verlassen. "Wir müssen bei der Vorbereitung auf jedes Detail des Autos achten. Wir müssen immer bereit und flexibel sein, denn dieses Wochenende wird es nicht nur um Performance gehen. Es geht auch um Zuverlässigkeit und darum, zur richtigen Zeit und im richtigen Moment auf der Strecke zu sein - besonders im Nassen."

"Wir müssen smart sein und bei jeder Entscheidung auf den Punkt genau, um das Maximum aus jeder sich bietenden Möglichkeit zu holen." Um Haas in Melbourne hinter sich zu lassen, gilt es jetzt nur noch, die Hausaufgaben zu erledigen. "Wir werden am Abend alles analysieren um zu verstehen, wo die Stärken unseres Autos liegen und wo die Schwächen - und für die müssen wir dann Lösungen finden", so Alonso.