Vorsichtiger Optimismus. Das waren am Donnerstag die Zauberwörter beim Haas F1 Team einen Tag vor dem Trainingsauftakt in die neue Formel-1-Saison 2018. Nach dem Start beim Australien GP in Melbourne hat sich nach den ersten beiden Trainings eines dieser Wörter ein Stück weit verabschiedet. Zum Glück für Haas ist es nicht der Optimismus.

"Weniger vorsichtig, aber dennoch optimistisch", fasst Teamchef Günther Steiner kompakt zusammen. "Es war ein guter Tag. Wir haben fast unser komplettes Programm geschafft und das ist für einen ersten Tag der Saison großartig", resümiert Romain Grosjean nach P7 im ersten und sogar P6 vor Red Bulls Daniel Ricciardo im zweiten Training. "Die Basis in Barcelona war ja gut. Wir waren gespannt, ob sich hier bei anderen Bedingungen und auf einem ganz anderen Layout bestätigt, dass das das reale Bild war." Genau das war der Fall.

Romain Grosjean erlöst: Test-Eindruck bestätigt

So vermochte Haas sich sofort an die Arbeit zu machen. "Wir wussten, dass die Basis aerodynamisch stimmt, deshalb haben wir uns heute direkt auf die Reifen fokussiert", so Grosjean. Dem Franzosen war die Zufriedenheit, die Erleichterung nach einem ganz harten Jahr 2017 ins Gesicht gemalt.

Teamkollege Kevin Magnussen hingegen hatte im FP1 mit mehreren kleinen Pannen zu kämpfen, schaffte nur 13 Runden und P17. Doch im FP2 katapultierte sich auch der Däne als Neunter in die Top-10. Schon am Freitag hatte sich Magnussen zurückhaltender gegeben als sein Teamkollege. Dabei bleibt es auch nach dem Training.

Magnussen mahnt: Inkonstanz-Schwäche wirklich weg?

"Wir wissen noch immer nicht [wo wir stehen]. Es ist die erste Strecke, der erste Grand Prix. Wir sind weiter vorsichtig und es war auch nur Training, nicht Qualifying", sagt Magnussen. "Aber es kann nur gut sein, zu sehen, dass Auto gut läuft und die Balance passt." Perfekt sei der Tag jedoch weder bei ihm noch Grosjean gelaufen.

Bei Magnussen war es gleich eine ganze Reihe an Problemen, teils kurioser Art. "An einem Punkt ist das Innenleben meines Helms herausgefallen. Das waren ein paar komische Probleme heute. Das kann man aber nicht allzu ernst nehmen", gibt sich der Däne immerhin entspannt. "Kevin hatte ein paar Probleme am Ende des FP1, die auch das FP2 etwa beeinträchtigt haben. Aber wir sind zufrieden, es war nur ein kleines Problem", kommentiert Teamchef Steiner.

Kuriose Defekte bei Haas F1 in Australien

Damit zielt Steiner jedoch nicht auf den Helm, sondern etwas anderes. "Das Gaspedal. Wir haben es nach Barcelona gewechselt, weil er eine andere Geometrie wollte, aber damit hatten wir Probleme", erklärt Steiner Motorsport-Magazin.com auf Nachfrage. So etwas dauere dann eben seine Zeit. Ein paar Schwierigkeiten habe es auch noch bei der Arbeit mit den Reifen gegeben und durch ein gebrochenes Bardgeboard am Grosjean-Haas.

Formel 1 2018: Wer wird Weltmeister? (16:19 Min.)

Schon in der ersten Testwoche war Haas mit etlichen Schrott-Teilen abseits der nur positiven Pace negativ aufgefallen. "Aber das war ein anderes Problem. Romain ist hart über einen Kerb gefahren", beruhigt Steiner. "Klar wäre es schön, wenn es dran geblieben wäre, aber es ist eben nicht ohne Grund abgefallen. Alle Teile, die beim Test kaputt gegangen sind, haben gehalten", versichert der Tiroler.

Grosjean jubelt: So nah dran an Ferrari?!

Grosjean sieht hier dennoch einer der noch größten Haas-Schwächen. Insgesamt sieht der Franzose inzwischen jedoch mehr Stärken. Vor allem angesichts der nur zwei Zehntel Rückstand auf den langsameren Ferrari von Sebastian Vettel im FP2. "Ricciardo ist nicht wirklich mit dem Ultrasoft gefahren, er wird also noch schneller werden. Aber was echt ermutigend ist, ist, dass wir nicht so weit von den Ferrari weg sind, was eine gute Messlatte für uns ist", freut sich Grosjean.

"Aber es ist sehr eng, auch hinter uns. Es wird spannend. Der Kampf im Mittelfeld wird das ganze Jahr andauern", vermutet Grosjean. Dort lauerten immerhin starke und erfahrene Gegner wie Renault, Force India und McLaren. Von letzteren äußerte sich Fernando Alonso über die Haas-Stärke wenig überrascht. "Sie haben offensichtlich eine Ferrari-Replika vom letzten Jahr", witzelte der Spanier. "Und die haben hier gewonnen, Ferrari. Ich denke, sie werden im ersten Teil der Saison sehr stark sein."

Konkurrenz sieht Haas fast geschlossen stark

Force Indias Esteban Ocon wundert sich ebenfalls nicht. Der Franzose sieht nicht einmal einen Unterschied zu den Vorjahren, hat also keine Angst, dass Haas zum neuen Rivalen werden kann. "Die sind immer zu Beginn der Saison schnell, letztes Jahr waren sie auch sehr schnell. Dann haben wir aufgeholt während der Saison", sagt Ocon.

Formel 1 2018: Erster Schlagabtausch Vettel vs. Hamilton (04:01 Min.)

Teamkollege Sergio Perez ist vorsichtiger. "Die haben einen guten Schritt gemacht und werden eine ordentliche Herausforderung", meint der Mexikaner. "Haas scheint im Moment das Mittelfeld anzuführen", so 'Checo' zu Motorsport-Magazin.com. Ricciardo wähnt Haas sogar fast auf Tuchfühlung mit den Top-Teams. "Die Front scheint eng zusammen zu liegen und auch Haas scheint nicht allzu weit weg", meint der Red-Bull-Pilot. "Grosjean war heute sehr schnell. Es scheint, als würden sie Zeiten vom letzten Monat bestätigen."

Was Haas jetzt noch verbessern muss

Soweit gehen, die Big Three ärgern zu kommen, will Grosjean selbst dann aber nicht. "Soweit sind wir noch nicht, von denen sind wir schon noch zu weit weg", winkt er ab. Perfekt sei Haas noch nicht, man könne noch einiges verbessern. "In ein paar Kurven geht da noch was. Wir waren beim Mapping noch nicht bei 100 Prozent. Ich hoffe, dass da noch etwas mehr Performance in Sachen Rundenzeit drin steckt", sagt Grosjean zu Motorsport-Magazin.com. In einer Kurve sei sogar sein verhasstes Untersteuern zurück gewesen. Das Gesamtbild trübt das für Grosjean jedoch kaum.

Auch Magnussen zeigt sich letztlich doch sehr angetan, lässt er nur die kleinen Wehwehchen mal beiseite. "Auf dem ersten Run, den ich richtig gemacht habe, konnte ich sofort pushen. Auf dem Ultrasoft. Gleich die erste Runde war konkurrenzfähig", schwärmt Magnussen. "Und es steckt noch viel mehr drin. Ich bin in der ersten Runde ja noch lange nicht ans Limit gegangen."

Das bestätige die gute Vorstellung aus Spanien. Dennoch traut Magnussen dem Braten noch nicht zu hundert Prozent. "Letztes Jahr hatten wir auch gute Rennen, waren aber sehr inkonstant. Das macht uns noch vorsichtig. Aber bis jetzt läuft alles gut." Vor allem im Longrun. "Der war sehr gut und konkurrenzfähig. Gerade der Longrun macht mich heute so happy. Da kommst du in den Rhythmus und lernst das Auto kennen. Das war echt gut. Wir waren nicht weit weg, sogar von Ferrari und auf Augenhöhe mit Renault und McLaren", freut sich Magnussen.

Niemandsland? Steiner: Bei P4 gerne!

"Wir müssen uns aber noch mit dem Ultrasoft auf dem Longrun verbessern, was Verschleiß und Abbau angeht. Aber auf dem Soft sah es sehr gut aus. Positiv." Auf eine Runde schien Haas zumindest im Fall Grosjeans sogar im von manchen ungeliebten, weil langweiligen, Niemandsland hinter Top-Teams und vor Mittelfeld geraten zu sein wie Force India 2017.

"Morgen kann das aber schon wieder anders aussehen", warnt Steiner jedoch. Allerdings hätte der Teamchef überhaupt nicht dagegen, sollte es doch so bleiben wie am Freitag. "In dieser Position wäre ich mit Niemandsland sehr zufrieden. Die Top-3 bekommen wir aus offensichtlichen Gründen nicht, aber wenn die anderen klar langsamer sind, wäre ich zufrieden damit."