Die Formel-1-Saison 2018 startet mit dem Großen Preis von Australien in Melbourne mit vielen offenen Fragen. Eine davon lautet, welches Team hinter Mercedes, Ferrari und Red Bull das Kommando im Verfolgerfeld übernehmen wird. 2017 war es Force India, doch einige sahen schon bei den Testfahrten in Barcelona die Geier über dem Underdog-Titelverteidiger kreisen. Sergio Perez und Esteban Ocon hingegen haben keine Angst vor Renault, McLaren & Co.

"Wir stehen vor dem härtesten Kampf in meinen fünf Jahren hier", so Perez am Tag vor dem Trainingsauftakt im Albert Park. Der Mexikaner trug 2016 und 2017 maßgeblich zu den besten Ergebnissen der Teamgeschichte bei. Dieses Jahr sieht er sich mit neuen Gegnern konfrontiert: "Wir haben McLaren mit dem neuen Motor, Renault hat massiv aufgerüstet. Beide Teams haben mehr Ressourcen als wir."

Neben Renault und McLaren scheint außerdem ein drittes Team den Platz hinter den Top-Teams anvisiert zu haben. "Da gibt es auch noch Haas. Die waren eine große Überraschung bei den Tests. Das Mittelfeld ist sehr stark geworden", weiß Perez. Nachdem McLaren bisher sehr unbeständig war und Haas eine ziemliche Wundertüte ist, gilt vor dem Auftakt aber Renault als größter Gegner. "Wir wissen, dass sie stark sein werden und wir passen auf sie auf", so Ocon.

Der Mercedes-Junior kennt Force India nur in dessen Blütezeit. Die harten Kämpfe mit Williams fanden vor seiner Zeit statt: "Wir unterschätzen niemanden", bekräftigt er. Doch könnte angesichts der starken Finanzkraft von Renault nicht auch das Gegenteil angebracht sein? "Wir haben keine Angst. Sie haben mehr Budget, aber das macht uns keine Angst", stellt der Franzose klar. "Du musst an dich glauben. Letztes Jahr haben wir sie über das gesamte Jahr hinweg mit reiner Pace bezwungen."

Force India setzt auf seine Stärken statt auf Geld

Bei den Wintertestfahrten in Barcelona konnte der VJM11 keine Glanzlichter setzen - ganz im Gegensatz zu Haas, die ähnlich wie der große Bruder Ferrari die Muskeln spielen ließen. "Wir sind nicht so schlecht, wie es aussah", teilt Perez auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com seine Einschätz der eigenen Performance. Schon in Barcelona erklärte das Team, dass der Bolide sich noch in einer experimentellen Phase befinde.

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Zum ersten Rennen in Australien gibt es wie angekündigt einige Neuheiten. "Mit dem Update das wir hier haben, sind wir sehr optimistisch. Wir waren schon einmal in dieser Position und ich denke, wir sind stehen jetzt sogar besser da, als wir es für den Saisonstart erwartet hatten", fügt Perez an.

"Die Testfahrten waren wirklich nur da, um zu sehen, in welche Richtung wir gehen wollen. Die Aerodynamik-Abteilung hat sich genau angehört, was wir gesagt haben", erklärt Ocon im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.. Obwohl die Wintertestfahrten noch keinen Monat her sind, sollen die Erkenntnisse also schon in das neue Paket eingeflossen sein.

"Es ist eben ein sehr effizientes Team", verweist Ocon mit einem Schmunzeln auf die Stärken, denen sich Force India seit jeher rühmt. Während Williams mit Upgrades regelmäßig ins Leere griff, war bei der den Pinken so gut wie jeder Schuss ein Treffer. "Jedes Mal, wenn das Team ein neues Paket gebracht hat, war es sehr nützlich und hat Performance gebracht", unterstreicht er.

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Force India nimmt in Australien Q3 und Punkte ins Visier

So richtig wollte trotzdem noch keiner der beiden Piloten das Kräfteverhältnis einschätzen. Die Vorgaben für Melbourne sind dennoch klar. Als vierte Kraft muss, so wie 2017 an der Tagesordnung, ein solides Qualifying und ein zählbares Resultat das Ziel sein. "Q3 und ein paar Punkte wären ein toller Start", so Ocon.

Perez glaubt außerdem, dass sein Team im Rennen deutlich besser aussehen wird, als die absoluten Rundenzeiten der Testfahrten vermuten ließen. "Ich denke, unser Longrun sah besser aus. Es geht um Benzinmengen und Reifenmanagement. Es ist ja auch eine neue Reifengeneration und die benötigt andere Temperaturen", so der 28-Jährige.

Der Podiums-Garant des Teams gilt seit langer Zeit als starker Taktiker und Reifenflüsterer. Nur so gelangen ihm in den vergangenen Jahren mehrfach Überraschungsbesuche auf dem Treppchen. "Man muss mit dem Ingenieur zusammenarbeiten, um das Maximum herauszuholen. Da braucht es Erfahrung und Kommunikation. Das bringt dich an die Spitze."

Mit reiner Intuition lassen sich die Pirelli-Pneus also nicht beherrschen. Ohnehin maßt sich Perez nicht an, das schwarze Gold dieser Generation schon perfekt zu verstehen. "Nein. Ich wünschte es wäre so, aber ich denke nicht, dass ich schon das ganze Bild darüber habe", gibt er zu.

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Vorteil Force India: Mercedes-Motor der Konkurrenz überlegen

Ein weiterer Trumpf im Kampf gegen die Konkurrenz könnte die Power Unit im Heck des VJM11 sein. Während Williams aus dem Mercedes-Aggregat nicht mehr den maximalen Nutzen ziehen konnte, reizte Force India die Vorteile der Power Unit aus Brixworth sowohl in Sachen Performance als auch Zuverlässigkeit stets aus.

"Wir haben die beste Power Unit auf der Welt. Mercedes ist seit 2014 der stärkste Motor. Außerdem sind wir mit unserer starken Zuverlässigkeit in einer guten Position. Letztes JAhr haben die anderen Teams gekämpft, manche brauchen neun Power Units. Wir wären vergangene Saison schon mit drei ausgekommen", so Ocon.