Auf den ersten Blick sahen Sebastian Vettel und Ferrari bei den Formel-1-Testfahrten 2018 stark aus. Vettel fuhr auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya absoluten Streckenrekord und auch Teamkollege Kimi Räikkönen stieß in diese Regionen vor. Dazu drehte Ferrari nach Mercedes die meisten Runden. Speed und Zuverlässigkeit schienen zu stimmen.

Allerdings zeigte sich Vettel nach seinem letzten F1-Testtag 2018 nicht besonders zufrieden. Tatsächlich gab es bei genauerem Hinsehen Gründe dafür: Vettel fuhr seine Bestzeit auf den Hypersoft-Reifen, während die Konkurrenz von Mercedes auf den weichsten aller Reifen verzichtete. Dazu sahen auch die Rennsimulationen nicht besonders prickelnd aus.

"Unsere Konkurrenten - Mercedes und Red Bull - haben für die Simulation ihrer Renndistanz eine Kombination der Reifenmischungen genutzt, die sie so beim Grand Prix nicht verwenden dürfen", schränkt Vettel nun in einem Interview auf seiner Homepage ein und fügt an: "Dies hat Auswirkungen auf die Strategien und letztendlich auch auf das Ergebnis."

Tatsächlich setzten Mercedes und Red Bull bei der Rennsimulation dreimal auf die Medium-Reifen. Beim Rennen müssen allerdings mindestens zwei verschiedene Mischungen gefahren werden. Beim Start kommen normalerweise die Supersoft-Reifen zum Einsatz, weil die Top-10 auf jenen Reifen starten müssen, mit denen sie ihre Bestzeit im zweiten Qualifikationsabschnitt erzielt haben.

Mercedes und Red Bull dreimal mit Medium-Reifen

Vettel fuhr seine Rennsimulation auf einer realistischen Strategie. Der Ferrari-Star startete auf Supersoft und wechselte dann auf Soft und Medium. Laut Reifenausrüster Pirelli eine mögliche Strategie für den Spanien GP. Pirelli bringt im Mai die Mischungen Supersoft, Soft und Medium mit nach Barcelona.

Übersicht: Rennsimulationen beim F1-Test 2018

FahrerTeamSchnittDifferenzAnmerkung
1HamiltonMercedes1:21,5
2BottasMercedes1:21,60,1
3VettelFerrari1:22,00,5
4RäikkönenFerrari1:22,20,74 Stopps
5VerstappenRed Bull1:22,30,8Nicht komplett
6MagnussenHaas1:22,71,2
7PerezForce India1:22,91,4Mit Unterbrechungen
8OconForce India1:23,21,7Mit Unterbrechungen
9HülkenbergRenault1:23,423 Stopps
10VandoorneMcLaren1:23,52Rot-Unterbrechung
11GaslyToro Rosso1:24,12,6
12HartleyToro Rosso1:24,42,9
13LeclercSauber1:24,63,1Nicht komplett
14SirotkinWilliams1:25,03,53 Stopps
15StrollWilliams1:25,33,8Nicht komplett

Mit einem Schnitt von 1:22,0 Minuten war Vettel auf seiner Rennsimulation satte fünf Zehntelsekunden langsamer als Lewis Hamilton. Allerdings ist der Unterschied nicht nur durch die unterschiedliche Reifenwahl zu erklären: In den ersten beiden Stints verlor Vettel verhältnismäßig wenig auf den Mercedes-Piloten.

Erst im letzten Stint, als Vettel und Hamilton beide auf dem Medium-Reifen fuhren, klafft eine große Lücke zwischen Ferrari und Mercedes. Im ersten Stint fuhr Hamilton eine Zehntel schneller, im zweiten Stint drei Zehntel. Im letzten Stint bricht Vettel ein, fährt satte 0,8 Sekunden langsamer.

Vettels letzter Stint dauerte wegen der unterschiedlichen Strategien deutlich länger, er musste mit seinem Satz Medium also länger haushalten. Aber ist das tatsächlich der Grund? Nicht wenige glauben, dass Ferrari Probleme mit dem Benzinverbrauch hat und Vettel deshalb im letzten Renndrittel langsamer wird.

Dazu hatte Ferrari in der vergangenen Saison schon mehr Probleme auf den Soft-Reifen als Mercedes. Weil Pirelli die Reifenmischungen überarbeitete und der 2018er Medium-Pneu dem letztjährigen Soft-Reifen entspricht, könnte auch das ein Grund für den großen Abstand im letzten Stint sein.

Vettel jedenfalls lässt sich nicht beunruhigen: "Wir starten mit unserem SF71H von einer guten Basis. Jetzt müssen wir nur weiter an der Entwicklung arbeiten, um das Potenzial weiter auszubauen und das Auto zu verbessern. Ich habe großes Vertrauen in unser Team. Ich weiß, wie gut die Jungs in Maranello arbeiten und auch wie engagiert sie sind."

Für den Saisonstart in Melbourne wiederholt Vettel seine unterschwellige Drohung Richtung Mercedes und Red Bull: "Sobald wir dort sind, werden wir alle unter den gleichen Bedingungen an den Start gehen. Und wie gesagt, ich vertraue unserem Auto."