In den letzten beiden Saisons führte an Force India im Mittelfeld kein Weg vorbei. Sergio Perez machte sowohl mit Nico Hülkenberg als auch mit Esteban Ocon an seiner Seite den vierten Platz bei den Konstrukteuren für den sympathischen Privatrennstall klar. 2018 steht das Team jedoch vor seiner bisher größten Herausforderung, wenn es darum die Position ein zweites Mal erfolgreich zu verteidigen.

"McLaren ist das Team, auf das wir achten müssen - und auch Renault hat sich verbessert", so Perez im Rahmen der ersten Testwoche in Barcelona. Der Mexikaner und sein Arbeitgeber lieferten sich 2016 ein hartes Duell gegen Williams. 2017 behielt man gegen den Rivalen aus Grove abermals die Oberhand, ein richtiger Kampf fand aber nicht statt - Force India war für Williams einfach zu schnell.

Während der Erzrivale mit dem Fahrerduo Lance Stroll und Sergey Sirotkin wohl erst einmal auf Touren kommen muss, haben die von Perez genannten Teams für 2018 richtig aufgedreht. Renault will sich im dritten Jahr nach der Rückkehr als Werksteam endlich als vierte Kraft hinter den Top-Teams etablieren, um in Zukunft die Spitze angreifen zu können. McLaren will nach drei Jahren Honda-Horror am liebsten sofort zurück an die Spitze.

"Es wird dieses Jahr sehr hart für uns, das Standing vom vergangenen Jahr zu halten. Die Konkurrenz im Mittelfeld wird stärker und hat mehr Ressourcen", sagt Force Indias Chief Operating Officer Otmar Szafnauer. "Es ist kein Geheimnis, dass Renault mehr Leute geholt hat und über ausgezeichnete Anlagen verfügt. McLaren hat die Power Unit gewechselt. Sie werden besser sein."

Formel 1-Testfahrten 2018: Die Brennpunkte vor Test-Woche 2: (05:09 Min.)

Auch Langzeit-Konkurrent Williams will Szafnauer nicht ganz abschreiben - zumindest technisch hat er das Team auf der Rechnung: "Williams hat jetzt ein Auto von Paddy Lowe und außerdem haben sie einen Aerodynamiker von Ferrari geholt. Es wird schwierig, Vierter zu bleiben." Das dürfte auch daran liegen, dass Force India bei den Saisonvorbereitungen für 2018 spät dran war.

Sergio Perez: Interims-Auto tut Force India weh

"Diese Dinge tun natürlich weh", so Perez, dessen Team sich in den vergangenen Jahren auch wegen der soliden Weiterentwicklung behaupten konnte. Der VJM11, so sagt Force India, sei bis dato lediglich ein Interims-Auto. "Das Auto, das sie jetzt sehen, ist eine Weiterentwicklung dessen, wo wir letzte Saison aufgehört haben", so Technikchef Andrew Green.

Viele Teams haben für 2018 die Seitenkästen des Ferrari SF70-H kopiert. Force India scheint hier noch hinterherzuhinken. "In dem Bereich ist es schwierig, bei der Aerodynamik etwas anzupassen. Das ist eine große strukturelle Änderung. Was Ferrari da macht sehen wir schon lange, aber für das diesjährige Auto konnten wir das nicht rechtzeitig implementieren", so Green auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Während die Konkurrenz sich das eigenwillige Design der Scuderia also in kürzester Zeit aneignete, ist Force India noch auf der Suche nach dem Sinn. "Es dauert lange, zu verstehen, wo das wirklich einen Vorteil bringt", fügt Green an. Dementsprechend wollen sich die Force-India-Ingenieure auch von anderen neuen Ansätzen der Konkurrenz nicht in ein Entwicklungs-Labyrinth locken lassen.

"Es sind schöne Autos mit tollen Details", so Green über die Konzepte der Konkurrenz. "Aber wir müssen uns in den nächsten Wochen erstmal anschauen, ob wir das auch implementieren sollten." Dabei ist es nicht so, dass Force India sich in der Vergangenheit nie am Gegner orientiert hätte. "Das ist immer so zu diesem Zeitpunkt des Jahres. Große Teams mit viel Manpower haben da viel", so Green.

Force India bisher nicht an Weiterentwicklung gescheitert

In den vergangenen Jahren zeigte Force India in Sachen Weiterentwicklung das, was Konkurrent Williams nicht gelang. Der Konkurrent begann die Saison zumeist stark und verlor dann immer mehr den Anschluss. "In den nächsten Rennen wird es ein paar signifikante Veränderungen am Auto geben", versichert Green. "Wir müssen nur sicher sein, dass alles, was wir ans Auto bringen und ändern, in die richtige Richtung geht."

"Idealerweise willst du natürlich jetzt schon das Auto für das letzte Rennen der Saison", so Perez gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Die Autos entwickeln sich über das Jahr massiv." Dass sein Team aufgrund der Ressourcen gegenüber der Konkurrenz im Nachteil ist, kennt der 28-Jährige nicht anders: "Unsere finanziellen Einschränkungen sind mir bewusst. Das ist die Formel 1, das ist normal."

Gerade die Erfolge der vergangenen Jahre bestärken Perez jedoch darin, erhobenen Hauptes in den Kampf gegen McLaren, Renault & Co. zu ziehen: "In meinen Jahren habe ich gesehen, dass sich die Dinge langsam entwickeln. Aber was wir ans Auto brachten, funktionierte gut." Bei Williams war es oft so, dass die Piloten die Performance neuer Teile, welche im Simulator errechnet wurde, in der Realität nicht bestätigen konnten.

Formel 1 2018: Hinter den Kulissen der ersten Testwoche: (04:36 Min.)

Force India & Williams: Volles Vertrauen in Mercedes

Ein nicht unwichtiger Punkt ist die Tatsache, dass die beiden neuen Konkurrenten von Force India mit Power Units aus dem Hause Renault unterwegs sind. Sowohl in Sachen Performance als auch Zuverlässigkeit sollte Force India, genau wie Williams, mit den Mercedes-Aggregaten hier ein Ass im Ärmel haben - obwohl zuletzt böse Gerüchte die Runde machten, die Silbernen würden ihren Kunden die Performance runterdrehen.

"Ich fahre schon lange mit Mercedes und bin sehr glücklich. Es gab nie etwas, das uns Sorgen bereitet hätte. Ich habe keine Zweifel, dass wir gleichwertiges Material bekommen", so Perez. Woher die Spekulationen kommen, kann sich auch der Technikchef nicht erklären. "Ich weiß nicht, woher das kommt oder wer die treibende Kraft dahinter ist", so Green.

Auch Williams stellte wenig später klar, dass sie nicht diejenigen waren, die derartige Zweifel geäußert haben. "Wir widersprechen den Kommentaren die zuletzt in der Presse abgegeben wurden und andeuteten, dass wir die Gleichheit der Power Units von Mercedes in Frage gestellt hätten", so Teamchefin Claire Williams. "Wir haben vollstes Vertrauen, dass die Power Units von Mercedes, Force India und uns sowohl in Sachen Hardware als auch Software identisch sind.

Auf die Vorteile der Mercedes-Motoren hofft Perez jedenfalls im Kampf gegen die Renault-befeuerte Konkurrenz - auch wenn sich das Reglement bei den Power Units für 2018 wieder leicht geändert hat. "Nur drei Motoren zu haben klingt ziemlich wenig, im Vergleich zu dem, was wir früher hatten. Aber Mercedes war bei der Zuverlässigkeit immer stark. Ich hoffe, dass das einen Unterschied macht und der Motor nicht so weit runtergedreht werden muss."