Williams stellt 2018 die jüngste Fahrerpaarung aller zehn Formel-1-Teams. Lance Stroll (19) und Sergey Sirotkin (22) sind zusammen gerade einmal vier Jahre älter als Ferrari-Routinier Kimi Räikkönen alleine.

Damit ist es 2018 das unerfahrenste Line-up der F1. Während Russe Sirotkin auf keinerlei Rennerfahrung in der Königsklasse kommt, blickt Kanadier Stroll zwar zurück auf eine volle, aber sehr durchwachsene Formel-1-Saison 2017.

Dennoch entschied sich Williams für genau jenes Duo. Trotz einiger Alternativen mit mehr Erfahrung, darunter eine erneute Verlängerung mit Felipe Massa, eine Verpflichtung von Mercedes-Hoffnung Pascal Wehrlein oder ein Comeback Robert Kubicas für mehr als nur in der Rolle des Entwicklungsfahrers, die dem Polen jetzt beim Team aus Grove zuteilwird.

Williams wehrt sich: Stroll & Sirotkin werden abliefern

Insbesondere die Entscheidung gegen Kubica und für Sirotkin brachte für die - schon mit Milliardärssohn Stroll unglücklichen - Kritiker des Traditionsrennstalls das Fass final zum Überlaufen. Nicht nur einen negativen Kommentar handelte sich Williams von der internationalen Presse ein, nicht nur einen Abgesang.

Doch jetzt wehrt sich das Team. Im Zuge der Präsentation seines Formel-1-Autos für 2018 am Donnerstagabend in London, des durchaus revolutionär-aggressiven Williams FW41, des ersten vollständig von Ex-Mercedes-Ass Paddy Lowe konzipierten Boliden des Teams, in den Williams große Hoffnungen steckt, kontern die Verantwortlichen ihre Kritiker.

Fahrerpaarung: Bankrotterklärung für Williams Formel-1-Team? (20:48 Min.)

Quintessenz: Selbst bei einem Glückwurf mit dem FW41 würde das gewählte Fahrerduo Erfolge nicht direkt wieder gefährden. "Wenn wir nicht denken würden, dass sie diesen Job erledigen können, dann würden wir sie nicht ins Auto setzen. Als Team ist die Konstrukteursweltmeisterschaft das wichtigste", stellt Teamchefin und Gründer-Tochter Claire Williams klar.

"Wir treffen solche Entscheidungen nicht leichtfertig und setzen nur talentierte Fahrer in unsere Autos. Dieser Sport ist gefährlich. Da nehmen wir nicht einfach jemanden, nur weil er Geld mitbringt", ergänzt die gerade aus der Babypause zurückgekehrte Williams verantwortungsbewusst.

Geld in Formel 1 wichtig, Fahrer-Sponsoring aber nur Bonus

Vorwürfe, Stroll und jetzt auch noch Sirotkin seien doch nur des lieben Geldes wegen zu Williams gekommen, schmettert die 41-Jährige ab. Ihr Rennstall habe sich nicht kaufen lassen. "Wir sind ein unabhängiges Team", stellt Williams klar. Finanzspritzen seien allerdings durchaus wichtig. "Geld ist heutzutage schwer zu bekommen - nicht nur für unseres, sondern für jedes Team. Ich glaube nicht, dass in den vergangenen Saisons viele Formel-1-Teams neue Sponsoren gewonnen haben. Wenn ein Fahrer finanzielle Unterstützung hat, ist das ein zusätzlicher Bonus", gesteht Williams.

Aber: "Es ist bei Williams nicht die Grundlage für einen Entscheidungsprozess. Wenn wir unsere Fahrerentscheidungen treffen, spielt das keine Rolle!" Technikchef Paddy Lowe verleiht dem im Fall Sirotkins mit einem Beispiel von den Fahrerauswahl-Tests in Abu Dhabi 2017 Nachdruck. "Wir hatten ein technisches Team vor Ort, das Sergey ausgewählt hat. Dieses Team wusste nichts über den finanziellen Background und solche Dinge, weil sie darin gar nicht drin involviert sind. Sie haben die Auswahl nur anhand der Daten getroffen, die sie erhalten haben", berichtet Lowe.

Paddy Lowe: Lance Stroll besser als sein Ruf

Lance Stroll verteidigt der gebürtige Südafrikaner ebenfalls. Lowe: "Es gibt eine Statistik, die kaum beachtet wird. Lance hat 2017 in der ersten Runde die meisten Positionen von allen Fahrern gut gemacht. Das gehört zu den drei bis vier wichtigsten Eigenschaften, die ein Topfahrer mitbringen muss. Lance ist darin extrem stark." 2018 werde der Youngster nachlegen - nicht nur in der ersten Runde. "Ich bin mir sicher, dass er in seinem zweiten Jahr noch mehr Punkte holen wird. Er hat eine fantastische Entwicklung hingelegt."

Teamchefin Williams ist nun gespannt, wie sich ihr Fahrerduo 2018 schlagen wird - vor allem der noch unbekanntere Neuzugang. "Es ist immer Nerven aufreibend, wenn du ein neues Talent bringst. Aber wir machen das jetzt seit Jahren und es hat sich immer bezahlt gemacht. Ich freue mich darauf zu sehen, wie Sergey sich schlägt. Unseres Erachtens hat er beim Abu-Dhabi-Test einen phänomenalen Job gemacht."

Provokanter Vergleich: Wenn Sirotkin Paydriver, dann auch Alonso

Genau deshalb setzt Claire Williams großes Vertrauen in den gelernten Ingenieur Sirotkin. "Sergey gehört vielleicht zu jenen Fahrern, über die man noch nicht so viel gehört hat - aus welchen Gründen auch immer. Ich glaube, dass er viele Leute in diesem Jahr überraschen wird. Seine technischen Fähigkeiten und seine effiziente Herangehensweise auf der Strecke sind beeindruckend. Ich hoffe sehr, dass er mit uns ein gutes Jahr haben wird", so Williams.

Darauf brennt die Britin jedoch nicht nur wegen des sportlichen Erfolgs, sondern auch der Genugtuung, es den Kritikern dann gezeigt, sie widerlegt zu haben. Und denen gibt Williams mit einem provokanten Vergleich in London direkt noch eine Denkaufgabe mit.

"Es ist nichts Neues in der F1, dass Fahrer mit Geld kommen. Und Gott sei Dank tun sie es. Ich denke, es ist unglaublich naiv, wenn jemand sagt: 'Er ist nur ein Paydriver.' Es ist toll, wenn ein Fahrer Partner mit finanziellen Interessen hat - toll für das Team und toll für den Fahrer. Es ist ein teurer Sport, nicht nur in der Formel 1. Wir würden so viele Talente verpassen, wenn sie keine finanziellen Partner hätten, die sie durch die Nachwuchsserien begleiten und in die Formel 1 bringen", stellt Williams zunächst einmal klar.

Dann der erwähnte Vergleich: Für Williams wäre auch Top-Star Fernando Alonso ein Paydriver wenn ihr eigener Pilot Sirotkin so bezeichnet wird. Williams: "Santander folgt ihm (Alonso, Anm. d. Red.) zu jedem Team. Man könnte deshalb meinen, er sei ein Paydriver. Ich meine das aber nicht . Ich denke eher, dass diese Terminologie sehr verwirrend ist. Es ist falsch und unnötig und bringt eine gewisse Negativität für den Fahrer mit sich. Genau das sollten wir vermeiden."