Formel 1 2018: Mercedes-Technikchef erklärt Halo (03:06 Min.)

Der ab der Formel-1-Saison 2018 vorgeschriebene Cockpitschutz Halo ist nicht überall auf Verständnis oder Gegenliebe gestoßen. Die eine Seite der Kritiker stört sich an der Optik, andere sehen die DNA des Formelsports in Gefahr und wieder andere sind der Meinung, dass das Konzept nicht die richtige Wahl sei.

Dass der Bedarf für einen Kopfschutz im Formelsport durch schwere, teilweise tödliche Kopfverletzungen durchaus gerechtfertigt ist, lässt sich kaum abstreiten. "Es ist nur die neueste Entwicklung in einer langen Reihe von Innovationen innerhalb der Formel 1, um damit dafür zu sorgen, dass der Kopf des Fahrers gut geschützt ist", erklärt Mercedes' Technischer Direktor James Allison.

Beschlossen wurde die Einführung eines Cockpitschutzes ab der Saison 2018 bereits 2016. Neben dem Halo waren zu diesem Zeitpunkt auch noch andere Konzepte in der Verlosung. Zunächst gab es den von Red Bull entwickelten Aeroscreen, 2017 folgte unter der Bezeichnung Shield ein ähnliches Konzept. Letzterer schien zunächst gute Karten zu haben.

Nach Tests am Trainingsfreitag in Silverstone im vergangenen Jahr hatte sich Shield jedoch schnell wieder erledigt. Durch die gebogene Form der Scheibe klagte Ferrari-Pilot Sebastian Vettel über Sehstörungen. Damit fiel die endgültige Wahl auf den aus Titan gefertigten Überrollbügel.

"Obwohl die Idee für Halo bereits seit einiger Zeit in der Formel 1 herumschwirrte, wurde die finale Entscheidung, es ins 2018er Regelwerk aufzunehmen, erst recht spät getroffen - nämlich ungefähr im Juli letzten Jahres. Das war drei oder vier Monate später, als wir normalerweise ein finales Reglement für die neue Saison festlegen", erklärt Allison.

Formel 1 2018: Das ist neu im technischen Reglement (02:43 Min.)

Mercedes: Halo große Herausforderung für die Formel-1-Ingenieure

Um den Halo in das Konzept ihrer 2018er Boliden zu integrieren, mussten die Ingenieure der Formel-1-Teams mehr als nur kleine Modifikationen vornehmen. "Halo ist kein leichtes Stück Arbeit. Wir müssen mehrere Kilogramm an Titan am Auto anbringen", so Allison. Halo sorgt dafür, dass die Boliden ab 2018 mit 734 Kilogramm noch einmal sechs mehr auf die Waage bringen als zuvor.

Damit der Cockpitschutz im Ernstfall auch seinen Zweck erfüllt, musste das Monocoque etwas anders als bisher konzipiert werden. "Dafür mussten wir das Chassis-Design verstärken, damit es grob das Gewicht eines Londoner Doppeldecker-Busses aushält, das auf dem Halo sitzt. Nur so konnten wir sicherstellen, dass es stark genug ist", so Allison.

Die Chassis-Verstärkung ist aber noch nicht alles. Der unscheinbar anmutende Titanbügel wirkt sich auch auf die Performance aus. "Dieses schlichte, runde Rohr ist aerodynamisch ziemlich schlecht", so Allison. Bei den Testfahrten nach dem Finale in Abu Dhabi waren unter anderem McLaren und Toro Rosso mit einem kleinen Flügel auf dem Halo unterwegs.

Das Reglement gestattet es den Teams, leichte Modifikationen am Einheitsbauteil vorzunehmen, wie Allison erklärt: "Wir dürfen eine aerodynamische Verkleidung darum anbringen, die uns einen gewissen Gestaltungsspielraum gibt, um den Einfluss auf die Aerodynamik des Autos zu lindern."

"Unser Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Luftwirbel des Halo die reibungslose Funktion und die Leistung des Motors nicht beeinträchtigen. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass es so gestaltet ist, dass es das Verhalten des Heckflügels nicht schädigt."

Der Shield wurde nach kurzer Zeit wieder verworfen, Foto: Sutton
Der Shield wurde nach kurzer Zeit wieder verworfen, Foto: Sutton

Mercedes: Halo wird sich verändern

Den Zuschauern ist der Halo bisher nur von seinen Einsätzen in den Freien Trainings und bei Testfahrten bekannt. Hinter den Kulissen wird die Forschung jedoch fleißig weiter vorangetrieben. "Wir sehen dies als die erste Generation von Halo an - eine Lösung, die über und rund um den Kopf des Fahrers angebracht ist. Aber es wird nicht die letzte sein", sagt Allison.

Der Brite kann auch die Kritikpunkte am Halo durchaus nachvollziehen. "Tatsächlich erhöht dieses Design auf gewisse Weise bestimmte Risiken", spielt er auf den Umstand an, dass der Aufbau auf dem Cockpit bei jeder Eventualität schützt und in manchen Fällen sogar ein Risiko darstellen kann.

"Es wird dem Fahrer schwerer fallen, so schnell wie vorher aus dem Cockpit auszusteigen. Bei bestimmten Winkeln befinden sich Karosserieteile in seinem Blickfeld. Aber es besteht kein Zweifel daran, dass dieses Design für den Kopfschutz die Fahrer vor einigen sehr seltenen, aber nicht minder realen Risiken für ihr Leben schützen wird", fügt er an.

Was den Standpunkt der Ästhetik anbelangt, glaubt Allison, dass sich das Fahrerlager mit dem neuen Look der Autos arrangieren wird und dieser obendrein auch nicht für die Ewigkeit bestimmt ist: "Wir müssen uns noch daran gewöhnen. Ich bin mir aber sicher, dass es allen anderen genauso geht. Aber ich glaube, dass es Dinge gibt, die wir in den kommenden Jahren unternehmen können, damit es schöner am Auto aussieht."