2018 wird für Deutschland eine historische Formel-1-Saison. Weil Pascal Wehrleins Chancen auf das einzige noch vakante Formel-1-Cockpit bei Williams eher gering sind, gehen in der kommenden Saison aller Voraussicht nach nur zwei deutsche Piloten an den Start: Sebastian Vettel im Ferrari und Nico Hülkenberg im Renault.

Die Franzosen, lange Zeit gebeutelte Formel-1-Nation, stellen mit Romain Grosjean, Pierre Gasly, Esteban Ocon drei Fahrer - dazu kommt der Monegasse Charles Leclerc. Deutschland liegt numerisch damit mit Finnland (Kimi Räikkönen und Valtteri Bottas) und Spanien (Fernando Alonso und Carlos Sainz) gleichauf. Kleiner Trost: Erzrivale England stellt mit Lewis Hamilton gar nur einen Piloten.

Tatsächlich könnte 2018 damit für Deutschland historisches Ausmaß annehmen. 1996 brachte die Automobilnation zuletzt lediglich zwei Piloten an den Start. Damals hielten Michael Schumacher und Heinz-Harald Frentzen die deutschen Fahnen hoch.

Sieben aus 24: Mehr deutsche Formel-1-Fahrer gab es nie, Foto: Sutton
Sieben aus 24: Mehr deutsche Formel-1-Fahrer gab es nie, Foto: Sutton

Seither stieg die Zahl der deutschen Starter und auch die Zahl der Erfolge rasant. Der Höhepunkt: 2010 standen mit Michael Schumacher, Sebastian Vettel, Nico Rosberg, Nick Heidfeld, Adrian Sutil, Nico Hülkenberg und Timo Glock zeitweise sieben deutsche Fahrer gleichzeitig in der Startaufstellung. Deutschland stellte fast ein Drittel des gesamten Feldes! Randnotiz: 2016 wurde dank Rosberg, Vettel und Mercedes nach jedem einzelnen Grand Prix die deutsche Hymne auf dem Podium gespielt.

Danner: Deutschland hat kein Nachwuchs-Problem

Seit 2010 geht es aber nach und nach zurück. Dazu kommt, dass die beiden verbliebenen nicht mehr die Jüngsten sind. Sebastian Vettel und Nico Hülkenberg sind beide 30 Jahre alt.

Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner sieht die Lage allerdings nicht als bedrohlich an: "Es geht immer auf und ab. Solange wir noch einen Wehrlein haben, der jederzeit noch auf Top-Niveau mitfahren könnte, haben wir kein Nachwuchsproblem. Vielleicht haben wir ein bisschen Pech, dass es nicht ganz so rund läuft. Mit Wehrlein wäre mit wohler als ohne, dann hätten wir noch einen ganz jungen dabei, aber ein richtiges Nachwuchsproblem haben wir nicht. "

Ende der 1980er Jahre hielt Christian Danner die deutschen Formel-1-Fahnen hoch, Foto: Sutton
Ende der 1980er Jahre hielt Christian Danner die deutschen Formel-1-Fahnen hoch, Foto: Sutton

"Es gibt auch ein paar Jungs, die von unten hochkommen, bei denen durchaus Potential da ist", fügt Danner an. Doch die ganz großen Stars im Nachwuchs kommen aktuell nicht aus Deutschland. Das größte deutsche Nachwuchstalent ist derzeit Maximilian Günther. Der Bayer fuhr 2017 seine dritte Saison in der Formel 3 und holte nach der Vizemeisterschaft 2016 nun Platz drei in der Meisterschaft. Wie es für ihn 2018 weitergeht, ist noch unklar. Günther testete zuletzt Formel 2, DTM, Super Formula und darf am Sonntag auch noch im Formel-E-Boliden ran.

Hinter Günther wird es aber etwas dünn. David Beckmann, der seine Formel-Karriere vielversprechend begann, hatte in seiner Rookie-Saison in der Formel 3 2016 größere Probleme und kam auch nach einem Teamwechsel nicht so richtig in Schwung. Auch Mick Schumacher, Sohn von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher, konnte im vergangenen Jahr die hohen Erwartungen in der Formel 3 nicht ganz erfüllen.

Doch ganz so düster wie es der quantitative Trend in der Formel 1 zeigt, sieht es um Motorsport-Deutschland nicht aus. Auch wenn Wehrlein 2018 kein Cockpit bekommt, der ehemalige DTM-Champion ist damit noch lange nicht verloren. Toto Wolff kündigte bereits an, ihn weiterhin im Mercedes-Kader halten zu wollen. Vielleicht wird 2018 auch nur ein Sabbatical für Wehrlein. Mit 23 Jahren ist seine Karriere noch lange nicht vorbei.

Deutsche in der Formel 1: Nicht immer rosig

Dazu darf man nicht vergessen: Mit Nico Rosberg hat ein deutscher Pilot seine Karriere nach dem Titelgewinn frühzeitig beendet.

Übrigens: Mit zwei deutschen Startern steht Deutschland historisch gar nicht so schlecht da. Bis Michael Schumacher den großen Formel-1-Boom ausgelöst hat, stand es nämlich alles andere als rosig um Formel-1-Deutschland. 1979 sah es so schlecht aus, dass das ZDF eine Reportage mit dem Titel 'Warum die Deutschen in der Formel 1 keine Rolle mehr spielen' drehte.

Zudem können sich die Fans, wenn schon nicht auf Quantität, 2018 zumindest auf Qualität freuen. Einen Deutschen, der im Ferrari wahrscheinlich um die Weltmeisterschaft kämpft, gibt es schließlich auch nicht immer. Nicht einmal im in den vergangenen 25 Jahren erfolgsverwöhnten Deutschland.