Nach dem so genannten US Grand Prix rauscht der Blätterwald nicht nur, nein, er platzt aus allen Nähen. "Ein Albtraum!", schreit die Il Messaggero um Hilfe, während die Il Secolo XIX einen "Geister-Grand-Prix", bei welchem die Formel 1 "in den USA in die Brüche" ging erlebte.

Für andere italienische Gazzetten gibt es hingegen gar keine Formel 1 mehr. Sondern nur noch die "Formel 0", die "Formel Reifen" oder die "Formel Chaos". "Der Flop von Indianapolis. Ferraris Doppelsieg in der Wüste", titelte beispielsweise die Gazzetta dello Sport. Und das alles "nur wegen des unglaublichen Versagens von Michelin".

La Repubblica hält unterdessen zwar fest, dass die Sicherheit vorgehe, doch fragt man sich berechtigterweise: "Wie viele Fehler und Schuldige gab es hier? Schlimmer hätte es nicht enden können. So verlieren wir die Formel 1. In den USA hat sie ohnehin keine Zukunft mehr."

Die Fans haben eine ebenso klare Meinung wie die Presse., Foto: Sutton
Die Fans haben eine ebenso klare Meinung wie die Presse., Foto: Sutton

"Der Große Preis der USA war eine Farce. Die Formel verkommt zum Zirkus", stimmt der Corriere della Sera zu. "Die Formel 1 hat einen Riesenflop gelandet. Diese Blamage muss Konsequenzen haben."

Denn nicht nur für die Libertà hat die Formel 1 durch den "bitteren" Ferrari-Sieg beim "lächerlichen Reifenchaos-Grand-Prix in den USA", einer laut L'Unità "300 km/h schnellen Farce", ihre "Glaubwürdigkeit" verloren.

In Frankreich widmet sich die L'Équipe derweil der Zukunft: "Wie soll die Saison nach dieser Maskerade weitergehen? Die Frage wird eine Antwort finden müssen, die Zukunft der Formel 1 hängt davon ab." Wie für viele ist diese für L'Est Républicain in Nordamerika schon gelaufen: "Dieser unglaubliche Vorfall könnte die Formel 1 in Nordamerika unbeliebt machen. Es hätte sicherlich eine Möglichkeit gegeben, das Gesicht zu wahren. Doch in diesem Milieu, das durch Geschäftemacherei verdorben ist, ist man unfähig, sich zu einigen."

"Dieses absurde Schauspiel verdankt die Formel 1 ihren ultra-starrsinnigen Organisatoren. Sie sind bereits durch den Krieg der Ausstatter und Zulieferer überfordert, sorgen sich in erster Linie um ihr Geschäft und um die Fernseh- Übertragungsrechte in 150 Länder", stimmt die La République du Centre zu. "Deshalb haben sie diese Parodie eines Rennens zugelassen und dabei das Vorsorge-Prinzip mit Füßen getreten und sich über den Sportgeist hinweggesetzt, weil sie die Rangfolge der Weltmeisterschaft verfälscht haben."

Der Grand Prix der Lächerlichkeit., Foto: Sutton
Der Grand Prix der Lächerlichkeit., Foto: Sutton

Dennoch geben auch die Franzosen in Form von Le Figaro zu: "Michelin verursacht ein Erdbeben in Indianapolis." Für die Libération-Champagne hat Michelin allerdings "durch seine Warnung die Initiative ergriffen und gleichzeitig ein deutliches Signal für alle Autofahrer gesetzt: Sicherheit geht über alles. Diese Botschaft ist es wert, eine Grand Prix-Veranstaltung zu einem Reinfall werden zu lassen."

Erwartungsgemäß neutral betrachtet man jenes Rennen, bei welchem sich die F1 laut der finnischen Ilta-Sanomat "gegen die Wand gefahren" hat, in der Schweiz: "Lieber Pfiffe als Tote", titelt der Blick. "Wie teuer ist ein Menschenleben? Die Formel 1 hat nicht versagt. Trotz TV-Druck spielte man nicht mit dem Leben der Fahrer und sagte Ja zu einem Geisterrennen."

Welches nun laut der As "Sanktionen, Anklagen und Prozesse" nach sich ziehen wird. "Das Schlimme an dem Skandal ist, dass alles noch schlimmer wird." Nur nicht für die siegreichen Roten und deren Reifenpartner Bridgestone. "Ferrari schürft Gold aus dem Chaos", erkennt El Periódico de Catalunya an.

Und die britischen Medien singen schon einmal den Abgesang auf die einstige Königsklasse des Motorsports. "Ruhe in Frieden, Formel 1. Das war der Tag, an dem der Rennsport in Amerika gestorben ist", schreibt der Daily Mirror. Die Times sah die Formel 1 derweil "implodieren". "Am düstersten Tag seit dem Tod von Ayrton Senna hat nicht eine einzige Seele von einem hohlen Sieg profitiert", fügt die Independent dunkel hinzu.

"Tag der Schande für die Formel 1. Dies sieht nach dem Ende für Grand-Prix-Rennen in Amerika aus", ist sich auch der Daily Telegraph sicher. "Die letzten Überreste von Glaubwürdigkeit gehen in einem Hagel aus Bierbüchsen und Buhs verloren. Es war das katastrophalste PR-Desaster in der 56-jährigen WM-Geschichte."