Herzlichen Glückwunsch zu Platz drei. Du hättest sicherlich lieber um den Sieg gekämpft, aber mit dem Podium kannst du auch gut leben, oder?
Sven Zürner: Um den Sieg gekämpft habe ich ja, aber mit Platz drei von 70.000 Teilnehmern kann ich sehr zufrieden sein. Das ist schon mega cool. Hier im Paddock war es auch echt verrückt.

Erklär uns doch einmal wie der Event abgelaufen ist. Wie sieht die Qualifikation aus, wie funktioniert das Ganze?
Zürner: Erst einmal spielt man zuhause ganz normal, F1 2017 ist sowieso eines meiner Lieblingsspiele. Online wird angezeigt, welche Wettbewerbe es gibt und dass eine Veranstaltung dabei ist, die von der Formel 1 organisiert wird. Das ist eine echt große Nummer und dann gibt man natürlich alles, um dabei zu sein. Es hat dann für mich gereicht und in den Halbfinals ging auch alles gut. Da bin ich relativ leicht durchgekommen, ohne Probleme.

Wie kann man sich das bei dir zuhause vorstellen? Hast du einen Zocker-Raum mit etlichen Bildschirmen und Equipment?
Zürner: Als ich mich qualifiziert habe, hatte ich noch ein einfaches Lenkrad, einen schlechten Sitz und habe am Fernseher gespielt. Nach dem Halbfinale war es so, dass ich ein Lenkrad von einem Sponsor gestellt bekommen habe. Das funktionierte aber nur für den PC, also musste ich alles umbauen. Dann habe ich entschieden, einfach komplett alles umzubauen.

Jetzt ist es also ein richtiger Freak-Raum, wie man es sich vorstellt?
Zürner: Ja, genau (lacht).

Was machst du beruflich und wie intensiv trainierst du für eSports?
Zürner: Ich mache eine Ausbildung zum Automobilkaufmann bei der Motor Gruppe Sticht. Im Normalfall ist eSports eigentlich bloß ein Hobby. Ich fahre vielleicht eine Stunde am Tag, wenn ich Lust darauf habe. Aber für das Finale waren es drei bis vier Stunden täglich. Du kommst von der Arbeit heim, setzt dich hin und fährst und gibst noch mehr, wirst noch schneller, versuchst dich immer mehr zu pushen.

Wie ging es nach dem Halbfinale weiter?
Zürner: Wir sind danach nach Abu Dhabi eingeladen worden, die Kosten für die Flüge und die Unterkunft wurden vom Organisator übernommen. Am Donnerstag hatten wir die ersten Fahrerbriefings, während im Paddock alles aufgebaut wurde. Dann hatten wir hier die Möglichkeit, nochmal die verschiedenen Gaming-Setups durchzuspielen, weil ja doch alles ein bisschen anders ist als zuhause. Für die Vorbereitung haben wir nochmal Trainingssessions bekommen. Danach ging es direkt ins Qualifying und dann in die Rennen.

Wie sieht es eigentlich mit den Fahrzeug-Setups im Spiel aus, habt ihr da auch Hintergrundwissen?
Zürner: Die Setups sind ja schon so wie in der Realität aufgezogen. Man kann im Internet eingeben, wie es beim echten Auto sein soll und wenn man es dann versucht, funktioniert es eigentlich auch so. Der Rest ist dann, wie es sich anfühlt und was könnte trotzdem noch ein bisschen schneller sein. Da versucht man es dann perfekt abzustimmen.

Bei der Formel 1 und eSports steckt ja alles noch in den Kinderschuhen. Aber es gibt andere Sportspiele und Shooter, wo richtig Geld verdient wird. Wie ist das bei dir?
Zürner: Bislang ist das nicht der Fall. Der Gewinner hat 2.000 Euro bekommen, ich erhalte als Dritter 500 Euro. Wahrscheinlich auch, weil es das erste Jahr ist. Bei anderen Spielen ist das schon anders. Beim Las Vegas eRace hat der Gewinner 100.000 Euro bekommen. Es war jetzt hier das erste Mal, ich denke, das wird in den nächsten Jahren noch größer und wächst.

Wie geht es für dich weiter? Hat dich der Virus infiziert und willst du jetzt Pro-Gamer werden?
Zürner: Der Virus war schon im Kindesalter da. Ich hab mit drei Jahren schon Playstation gespielt, das erste Lenkrad hatte ich mit etwa fünf Jahren. Ich habe auch Kartsport versucht, aber in der Realität ist es natürlich schwierig mit dem Geld. Jetzt werde ich mal schauen, vielleicht kann ich in anderen Rennserien wie zum Beispiel bei iRacing Fuß fassen. Mit dem Computer habe ich da viel mehr Möglichkeiten und kann das auch mal probieren. Wenn ich schnell bin, warum nicht?

War das eSports-Finale dein erstes Mal bei der Formel 1 oder warst du schon mal dabei?
Zürner: Im Paddock war ich noch nie, aber sonst, klar. Ich war bei den Deutschland Grands Prix immer wieder dabei. Aber die Autos sind viel lauter geworden. 2016 war ich in Hockenheim, da waren sie sehr leise im Gegensatz zu heute.

Was war das für ein Gefühl, im F1-Paddock unterwegs zu sein?
Zürner: Es war unbeschreiblich, wirklich mega geil. Wie alle Fahrer hier herumlaufen ist surreal, man trifft jeden und kann Fotos zusammen machen und hallo sagen.

Von wem bist du eigentlich Fan?
Zürner: Von Sebastian Vettel.

Hast du ihn auch getroffen?
Zürner: Ja, wir hatten eine Streckenbegehung und ich habe ihn auf der Strecke getroffen.

Habt ihr auch gesprochen?
Zürner: Ja, es war richtig cool. Wir haben uns ein bisschen unterhalten.

Ein Traum wird wahr: Selfie mit Sebastian Vettel, Foto: Sutton
Ein Traum wird wahr: Selfie mit Sebastian Vettel, Foto: Sutton

Inwiefern waren dir eigentlich deine Konkurrenten aus dem Finale vertraut?
Zürner: Schon etwas, denn man spielt ja immer gemeinsam. Wir pushen uns gegenseitig, wenn einer schneller ist will man selbst noch schneller werden. Die Setups erfährt man miteinander, entwickelt manchmal auch mit den Gegnern Abstimmungen. Konkurrenten fahren manchmal dieselben Setups, die ich fahre. Da kennen wir uns schon. Es waren auch zwei Freunde dabei, dich ich schon seit mehreren Jahren von der Konsole kenne.

Kanntest du auch den späteren Sieger, Brendon Leigh?
Zürner: Als wir in London angekommen sind, hatte ich nur gehört, dass er ... Wir hatten anderthalb Wochen Zeit, die Strecken zu lernen, nachdem wir Bescheid bekommen haben, welche wir fahren - und er hat in der Zeit 120 Stunden trainiert.

Das ist eine Hausnummer. Wie sah das bei dir aus?
Zürner: Ich habe etwa 20 Stunden trainiert. Da denkt man sich schon: Oh, wenn alle so viel trainiert haben wird es schwierig.

Beim Sieger sind die Emotionen am Ende ganz schön hochgekocht ...
Zürner: Am Ende war es auch mein Fehler. Ich bin natürlich gleich zu ihm und habe mich entschuldigt, weil ich ihm reingefahren bin. Eigentlich hab ich ihm fast den Sieg gekostet, weil er nach unserer Kollision zwei Sekunden hinter dem Führenden lag. Aber es war ein gutes Rennen von ihm. Er war echt stark. Die zwei Sekunden noch aufzuholen war richtig gut.