Bei Sauber bleibt in der Formel 1 2018 einmal mehr kaum ein Stein auf dem anderen. Mitte der Woche verkündete der F1-Rennstall aus der Schweiz eine neue Partnerschaft mit Alfa Romeo. Ab 2018 wird das Team unter dem Namen Alfa Romeo Sauber F1 Team an den Start gehen - und versuchen, die rote Laterne im WM-Klassement weiterzugeben.

Damit rücken Sauber und Motorenpartner Ferrari noch enger zusammen als ohnehin schon. Immerhin zählt Alfa Romeo zum Fiat-Chrysler Konzern, steht somit genau unter der Verantwortung von Sergio Marchionne wie die Scuderia Ferrari. Bereits vor dem Deal stand aber fest: 2018 erhält Sauber wieder aktuelle Ferrari-Motoren.

Sauber muss also nicht länger mit schwächeren Power Units aus dem Vorjahr vorlieb nehmen wie in der jetzt mit nur fünf WM-Punkten als letztplatziertes Team so schwach beendeten Formel-1-Saison 2017. Genau das sieht Frederic Vasseur als wichtigsten Fortschritt für die kommende Saison.

Sauber-Teamchef Vasseur kritisiert Vorgängerin Kaltenborn

"Wir sind voller Erwartungen - ich denke, dass wir einige starke Entscheidungen getroffen haben", sagt der Sauber-Teamchef in einem Interview auf der offiziellen Website der Formel 1. "Zuallererst der Motor: Wir haben den 2018er, was einen signifikanten Schritt nach vorne für uns bedeuten wird - und wir beginnen mit einer völlig neuen Auto-Philosophie."

Beide Aspekte - aktuelle Motoren, neues Fahrzeugkonzept - lassen sich als Kritik an seine Vorgängerin verstehen. Zumindest lässt Vasseur an der Sauber-Zeit unter Monisha Kaltenborn unmittelbar vor seiner Übernahme des Sauber-Zepters Mitte 2017, beim Aserbaidschan GP in Baku, kaum ein gutes Haar.

Alfa Romeo: Die Geschichte einer Formel-1-Legende (01:25 Min.)

"Sauber ist vergangenes Jahr sehr spät gestartet. 2016 hatte das Team massiv zu kämpfen und das 2017er Auto war erst sehr spät fertig. Es war ein neues Projekt, aber wenn du sechs Monate zu spät dran bist, dann kommst du in eine schwierige Situation. Dann ist es unmöglich, das leicht aufzuholen", kritisiert Vasseur.

Vasseur: Sauber-Altlasten als Herausforderung genommen

"Auch die Entscheidung, dieses Jahr den 2016er Ferrari-Motor zu fahren hat nicht geholfen", ergänzt der Teamchef. Eine Entscheidung, die immer klar seiner Vorgängerin zugerechnet wurde, von Kaltenborn selbst mehrfach verteidigt wurde. "Ich kannte all diese Fakten, bevor ich hierher kam. Aber es gibt dieses Sprichwort, das die Hoffnung zuletzt stirbt und am Ende habe ich es als echte Herausforderung genommen!"

Eine Herausforderung, die Vasseur erfolgreich zu bewältigen glaubt. "Wir verbessern uns, sind auf einem guten Weg. Wir haben im Werk gute Schritte mit dem Auto erzielt. Also ist echter Fortschritt sichtbar. Kleiner Schritt für Kleinen Schritt, aber wir bewegen uns konstant nach vorne", sagt Vasseur. "Wunder geschehen aber nicht mit einem Fingerschnippen", ergänzt er.

Deshalb sei es auch keine Überraschung gewesen, dass Sauber unter Kaltenborn noch vor McLaren in der WM platziert gewesen sei. "Wir müssen realistisch sein. Das war immerhin McLaren-Honda und sie waren zu diesem Zeitpunkt schon dabei, Performance zu finden. Davor zu springen war also eher unrealistisch", sagt Vasseur.

Vasseur krempelt Sauber um: Nicht nur Alfa Romeo neu

Um wirklich wieder angreifen zu können musste sich aus Sicht Vasseurs eher grundlegend etwas ändern, Sauber als Ganzes wurde überdacht. Auf die Müllhalde gehöre der 2017er Sauber deshalb aber nicht. Vasseur: "Aber ins Museum!" Entstanden ist ein komplett neuer Ansatz für die Zukunft, Alfa Romeo ist nur ein Teil davon. "Jetzt haben wir ein komplett neues Projekt und sind im Zeitplan mit dem Projekt für 2018", berichtet Vasseur. Die Bedeutung Alfa Romeos dafür sei jedoch durchaus nicht zu verachten.

Auch wenn Alfa Sauber nicht übernommen hat, formal nur als Titelsponsor fungiert, so soll die Kooperation durchaus strategische, kommerzielle und technologische Zusammenarbeit bringen. Doch nicht nur das. Noch aus einem anderen Grund sei Alfa Romeo für Sauber extrem wichtig, so Vasseur. "Das ganze Team ist sehr stark motiviert. Und Erfolg ist immer die Summe kleiner Dinge, sodass der Rest folgen sollte, weil die Motivation schon da ist", sagt der Teamchef.

"Daran glaube ich definitiv, besonders wenn du die Chance hast, mit einem so ikonischen Partner wie Alfa Romeo zusammenzuspannen", sagt der Franzose. Bekannt ist Vasseur jedoch nicht nur als Teamchef, sondern insbesondere als echter Talent-Guru. In dieser Rolle muss sich der Franzose gegenwärtig auch bei Sauber einmal mehr beweisen: Beide Cockpits für 2018 sind noch offen.

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Alle Freiheiten für Vasseur also - wenngleich Ferrari offenkundig ein gewaltiges Wörtchen mitsprechen wird. "Wir sitzen da zusammen und diskutieren", so Vasseur. Für angenehm hält er die gegenwärtige Lage nicht. "Ich bekomme dazu täglich um die 100 Fragen!", klagt Vasseur. Entsprechend steht die Entscheidung nur kurz bevor: "Ich muss entscheiden und ich werde sehr bald eine Entscheidung treffen", verspricht der Sauber-Chef.

Zu wessen Gunsten? Das ist aktuell die vielleicht spannendste Frage im Formel-1-Winter - neben dem inzwischen von allen erwarteten Comeback Robert Kubicas bei Williams. Die besten Sauber-Karten wurden zuletzt Ferrari-Junior und F2-Champ Charles Leclerc eingeräumt. Doch auch Antonio Giovinazzi und Marcus Ericsson sind noch mit guten Losen dabei. Für Pascal Wehrlein schien das Eis zuletzt immer dünner zu werden.

Mitbringen müsste der neue Sauber-Pilot vor allem eins: "Wir brauchen Fahrer, die zu uns passen. Das Worst-Case-Szenario wäre jemand, der davon träumt nächstes Jahr Weltmeister zu werden", beschreibt Vasseur das Jobprofil.