Der Kampf um Platz sechs in der Konstrukteurs-WM der Formel 1 2017 geht beim Finale in Abu Dhabi endlich in die alles entscheidende letzte Runde. Nach dem Qualifying deutet alles auf ein maximal möglich enges Finish hin.

Denn: Renault liegt in der WM genau vier Punkte hinter Toro Rosso, weitere zwei dahinter rangiert Haas. In der Qualifikation hat sich jetzt allerdings nur ein einziger aus dem Fahrer-Sextett in den Top-10 und damit Punkterängen qualifiziert: Nico Hülkenberg.

Abu Dhabi: Nico Hülkenberg auf Mission P7

Und das genau auf P7, was im Rennen sechs Punkte und damit so knapp es nur geht die Entscheidung zugunsten Renaults bringen würde: Vier Punkte für P8 wären nicht genug, würde Toro Rosso dann bei Gleichstand dank des besseren Einzelresultats WM-Rang sechs behaupten. Dieses Resultat hatte kurioserweise auch noch ausgerechnet Carlos Sainz, inzwischen selbst bei Renault, in Singapur eingefahren.

Doch wie stehen die Chancen im Rennen? "Wir wissen, dass es nur das Qualifying war und im Rennen alles passieren kann", warnt Hülkenberg vor zu frühem Jubel bei Renault. "Aber wir haben uns schon in eine gute Position gebracht durch eines meiner mal wieder besten Qualifyings des Jahres."

Hülkenberg mit galb gespielter Großspurigkeit weiter: "Generell bin ich sehr zufrieden damit, was ich im Qualifying zusammengebracht habe dieses Jahr. Mit den Autos dieses Jahr komme ich da besser klar, kann besser pushen. Du kannst einfach als Fahrer mehr ausrichten, deshalb ist es ein Vorteil für mich."

Formel 1, Abu Dhabi 2017: Die wichtigsten Fragen zum Finale: (03:53 Min.)

Vor dem Abu Dhabi GP wolle er jetzt allerdings gar nicht groß an die WM denken, sondern ganz einfach seinen normalen Stiefel fahren. "Ich will einfach das Maximum rausholen und das Jahr mit einem starken Ergebnis abschließen. Dass wir in der WM noch nach vorne rücken können, darüber denke ich nicht zu viel nach. Ich will einfach das bestmögliche Rennen zeigen", sagt Hülkenberg.

Doppelter Renault-Vorteil: Abschirmdienst Carlos Sainz

"Wenn wir das Beste herausholen, dann können wir den anderen Job auch hinbekommen, da bin ich sicher. Die Longrun-Pace hat sich echt gut angefühlt und ich habe mich im Auto richtig stark gefühlt. Deshalb können wir so zuversichtlich sein wie es nur geht", ergänzt der Renault-Star.

Der große Vorteil der Franzosen: Mit Carlos Sainz (P12 im Grid) ist auch der zweite Pilot besser platziert als alle vier Widersacher von Toro Rosso und Haas, kann also allein als Abschirmdienst genug bewirken, sollte Hülkenberg vorne P7 vor Force India halten können.

"Hoffentlich kann Nico die Arbeit morgen zu Ende bringen und Siebter werden, denn ich bin überzeugt, dass diese sechs Punkte für P7 reichen", meint Sainz deshalb. Punkte holen will der Spanier natürlich dennoch: "Ich will aber auch versuchen in die Punkte zu kommen. Auch wenn ich nicht weiß, ob ich eine gute Überholmöglichkeit bekomme. Denn vor mir sind ein paar Mercedes-Motoren und die sind zehn km/h schneller. Aber wir werden es mit Strategie und Pace versuchen", sagt Sainz.

Mehr als verdient wäre das Ergattern von P6 für Sainz allemal. "Es ist sehr wichtig. Wir haben es uns dieses Wochenende als Ziel gesetzt und sie haben für dieses Rennen in Enstone alles richtig gut vorbereitet. Wir wollen diese Position. Wir verdienen diese Position. Deshalb werden wir alles geben, um sie zu erreichen", stellt der Spanier klar.

Toro Rosso bangt um Millionen-Verlust, Appell an Force India

Wie wichtig dieser sechste Platz ist, machen auch Aussagen des größten Konkurrenten mehr als deutlich. "Hoffentlich ist Force India schnell genug. Ich denke, dass das Einzige, für das wir heute beten können, ist, dass Hülkenberg morgen Achter wird. Gerade macht sich Franz (Tost, Teamchef von Toro Rosso, Anm. d. Red.) echt Sorgen, genauso wie wir, denn am Ende ist es wirklich wichtig, dass wir diesen sechsten Platz behalten, wenn wir nächstes Jahr konkurrenzfähig sein wollen", sagt Pierre Gasly.

Heißt konkret: Stolze 6,5 Millionen Dollar mehr haben oder nicht - das ist der Unterschied zwischen P6 und P7 in der Team-WM. Was die Sorgen umso größer macht: Toro Rosso geht in der schlechtesten Ausgangsposition aller drei Teams in den Abu Dhabi GP. Gasly startet nur von P17, Brendon Hartley qualifizierte sich gar nur als 20., wäre wegen einer neuerlichen Motorenstrafen aber ohnehin als Letzter losgefahren.

Entsprechend ist dem Rookie-Duo sehr bewusst, wie schwer die Aufgabe werden wird. "Dieses Wochenende müssen wir die sechste Position retten und gerade liegt das nicht mehr wirklich in unseren Händen, denn wir haben nicht die Pace, um zu kämpfen. Das macht es umso nerviger, wenn du die Dinge nicht einmal beeinflussen kannst. Es ist frustrierend im Grid nicht weiter vorne zu stehen, richtig kämpfen zu können. Von P17 wird es schwierig", weiß Gasly.

Wissenswertes Abu Dhabi Grand Prix: (01:33 Min.)

Noch dazu fürchtet auch der Franzose seinerseits erneut vom MGU-H-Fluch heimgesucht zu werden wie Kollege Hartley, fährt Gasly in Abu Dhabi mit einem alten Bauteil. Doch nicht nur an Zuverlässigkeit mangelt es. "Uns scheint es überall an Pace zu fehlen. Im Longrun sind wir auf Augenhöhe mit Haas und Sauber, aber Punkte werden eine harte Angelegenheit", fürchtet Hartley.

Haas sucht verzweifelt nach letztem Kampfgeist

Für Toro Rosso spricht somit einzig der Punktevorsprung. Genau das ist bei Haas das größte Manko. Doch auch die Ausgangslage im Grid von Abu Dhabi ist alles andere als rosig: Romain Grosjean startet von P16, Kevin Magnussen von P14. Trotzdem gibt man sich kämpferisch. "Wir geben noch nicht auf, denn normalerweise sind wir im Rennen besser. Und von 14 und 16 ist es nicht unmöglich in die Punkte zu kommen", sagt Teamchef Günther Steiner.

Romain Grosjean sieht es skeptischer: "Die Performance ist nicht da. Deshalb muss im Rennen viel passieren, damit wir die nötigen Punkte für die WM holen können."