Nach zwei Siegen durch Max Verstappen schien Red Bull die Lücke zu Mercedes und Ferrari in der zweiten Hälfte der Formel-1-Saison 2017 geschlossen zu haben. Am vorletzten Rennwochenende in Brasilien waren der junge Niederländer und Teamkollege Daniel Ricciardo im Qualifying jedoch chancenlos. Mehr als die Plätze vier und fünf waren für die Bullen nicht drin.

"Wir waren einfach nicht schnell genug", so Verstappens ernüchterndes Fazit, nachdem er stramme sechs Zehntel auf die Pole-Zeit von Valtteri Bottas verloren hatte. In Mexiko hatte der 20-Jährige die erste Pole Position seiner Formel-1-Karriere um wenige Hundertstel verpasst. Dass Red Bull in Interlagos nicht im Rennen um den ersten Startplatz sein würde, zeichnete sich jedoch schon in den Trainings ab.

Während beide Mercedes und beide Ferrari im 3. Freien Training innerhalb einer Zehntel lagen, war Ricciardo im schnellsten Red Bull fast eine Sekunde zurück. "Unsere Pace war das gesamte Wochenende über generell nicht gut genug", so Verstappen. Etwas mehr hatte er sich für das Qualifying allerdings schon erhofft.

"Ich hatte nie erwartet, Ferrari und Mercedes auf diesem Kurs zu schlagen, da er uns nicht besonders liegt. Aber ich hatte schon erwartet, etwas näher dran zu sein", gibt Verstappen zu. Während das Team in der Vergangenheit häufig die Defizite der Renault-Power-Unit als Grund für etwaige Rückstände ausmachte, sieht das in Sao Paulo anders aus.

"Sowohl Daniel als auch ich haben nach der richtigen Balance gesucht und nie den perfekten Grip und das volle Potential freisetzen können. Wir verlieren zwar viel zeit auf den Geraden hier, doch ich denke, da sind auch noch ein oder zwei Zehntel die wir hätten finden können."

Tatsächlich teilte sich der Rückstand der Red Bulls über alle drei Sektoren relativ gleichmäßig auf. Im ersten Streckenabschnitt verlor Verstappen zweieinhalb Zehntel, im Mittelsektor waren es zwei Zehntel und im letzten Sektor anderthalb Zehntel. Vor allem der Abstand im letzten Sektor spricht eher gegen ein Nachteil durch zu wenig Leistung.

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Ricciardo: Schlechter Supersoft-Reifen im Q3

Daniel Ricciardo kassierte in Brasilien seine 13. Qualifying-Niederlage gegen Verstappen. Die vier Zehntel Rückstand konnte sich der Australier im Nachhinein nicht erklären. "Ich bin mir sicher, dass heute mit dem letzten Satz Supersoft-Reifen im Q3 etwas nicht stimmte", so Ricciardo. "Ich spürte Vibrationen gleich nachdem ich die Box verlassen hatte."

Andererseits war für Ricciardo schon vor dem Rennwochenende klar, dass er nicht in den vorderen Startreihen stehen würde. Aufgrund einer neuen MGU-H muss der 28-Jährige im Grid zehn Plätze zurück. Aus diesem Grund setzte er im Q2 auch auf einen härteren Reifen. "Wir starten auf dem Soft-Reifen, was uns hoffentlich etwas helfen wird", so Ricciardo, der das Rennen von Startplatz 15 aus in Angriff nehmen wird.

Dass er sich bei Aufholjagden pudelwohl fühlt, zeigte er dieses Jahr bereits in Silverstone, als er von ganz hinten auf Platz fünf nach vorne fuhr. "Ich muss versuchen, mich durchs Feld zu arbeiten. Ich denke, wir haben für das Rennen ein gutes Auto", so Ricciardo, der scherzend anfügt, dass der noch weiter hinten startende Hamilton ihm dabei gerne etwas zur Hand gehen könne.

"Lewis startet hinter mir, also schauen wir mal. Wenn der Mercedes so schnell ist wie das ganze Wochenende schon, müssen wir sehen ob wir nicht vielleicht einen Stoßfänger vorne bei Lewis anbringen können. Dann kann er mich durchs Feld schieben."

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Verstappen hofft auf Wiederholung von 2016: Bete für Regen

Verstappen würde einer seiner Raketenstarts schon genügen, um sich in den Kampf um den Sieg an der Spitze einzuschalten. Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist zuversichtlich, dass sein Star-Fahrer sich keine Chance entgehen lassen wird. "Max wird von Startplatz zwei aus jede Möglichkeit nutzen, um früh nach vorne zu kommen", so der Brite.

Der Niederländer selbst, der seit dem letzten Rennen in Mexiko ein dreifacher Grand-Prix-Sieger ist, zeigte vergangenes Jahr im Regen von Interlagos seine bisher denkwürdigste Vorstellung in der Formel 1. Wenn es nach ihm geht, ist ein erneutes Regenchaos gewünscht.

"Ich würde etwas Regen im Rennen natürlich lieben. Aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass das passieren wird", verweist er auf die Wettervorhersage für den Sonntag. "Vielleicht bete ich heute Abend ein bisschen", scherzt er. "Vielleicht brauchen wir einfach ein bisschen Glück. Aber du weißt nie, was da vorne alles passieren kann. Es kann also in jedem Fall ein spannendes Rennen werden."