Bei Valtteri Bottas neigt sich die Debütsaison bei den Mercedes-Silberpfeilen ihrem Ende entgegen. Während Teamkollege Lewis Hamilton vorzeitig seine vierte Weltmeisterschaft gewann, muss der Finne selbst noch um den zweiten Platz in der Formel 1 kämpfen. Gegner ist kein Geringerer als Sebastian Vettel, der nach der Titel-Pleite das Jahr zumindest mit einem Hoch beenden möchte.

Während Vettel allerdings die zweifelhafte Ehre des Vize-Champions innerlich relativ egal sein dürfte, wäre Platz 2 für Bottas der mit Abstand größte Erfolg seiner bisherigen F1-Karriere. Seit der Sommerpause tut sich der Neuzugang zwar extrem schwer, dank Hamilton hat er nun aber theoretisch gute Karten im direkten Duell mit Vettel.

Hamilton als Wasserträger für Bottas?

Mit dem Titel im Gepäck könnte Hamilton seinen Teamkollegen gegebenenfalls locker dabei unterstützen, Vettel in der WM-Wertung auf der Zielgeraden zu schnappen. Holt Vettel beim Brasilien Grand Prix an diesem Wochenende mindestens zehn Punkte mehr als Bottas, wäre die Vize-Meisterschaft vorzeitig entschieden.

Ob Hamilton aber tatsächlich die Rolle des Wasserträgers übernehmen würde, da hatte Bottas seine Zweifel. "Ich kenne ihn und auf jeden Fall will er die letzten beiden Rennen gewinnen", sagte er. "Wir wollen beide siegen und sind in der Lage, auf der Strecke zu kämpfen. Aber ich weiß nicht, ob er mehr machen würde, um mir dabei zu helfen, den zweiten Platz zu holen. Als Team wären wir gern Erster und Zweiter. Es hängt von der Situation ab."

Hamilton kann auch Teamplayer

Dass Hamilton unter Umständen ein Teamplayer sein kann, bewies er beim diesjährigen Rennen in Ungarn. Dort gab er den dritten Podestplatz an Bottas zurück, nachdem ihn dieser zuvor vorbeigewinkt hatte. "Ich hoffe, dass wir jetzt noch Gelegenheiten bekommen, hart gegeneinander auf der Strecke zu kämpfen", sagte Bottas. "Vielleicht ändert sich die Situation leicht, nachdem er es schon vorzeitig geschafft hat."

Sollte Mercedes verlangen, dass Hamilton Bottas unterstützen muss, würde sich der Brite zumindest nicht wehren. "Ich glaube aber nicht, dass sie das tun werden", vermutete Hamilton. "Valtteri will es aus eigener Kraft schaffen. Er hat hart gearbeitet und ist fokussierter als je zuvor. Ich mache, worum auch immer mich das Team bittet. Ich gehe mit der Mentalität in dieses Wochenende, zu versuchen, zu gewinnen. Und was anderes wurde mir auch nicht gesagt."

Hamilton: Nicht so lasch wie 2015

Hamilton will sich trotz des bereits eingesackten Titels nicht zurücklehnen. Nicht so wie 2015, als er das Duell gegen Nico Rosberg schon vier Rennen vor Schluss für sich entschied und auf der Saison-Zielgeraden nicht mehr das Letzte aus sich herausholte. "Vor zwei Jahren war der Fokus nicht mehr der gleiche wie während der Saison", räumte Hamilton ein. "Ich blicke nie gern zurück, aber in solch einer Position möchte ich nicht noch einmal sein. Ich will den Druck genauso aufrechterhalten wie er das gesamte Jahr über gewesen ist."

Zwar gönnte sich Hamilton mit Freunden und Familie nach dem Mexiko-Rennen etwas Urlaub, doch in WM-Feierlaune befinde er sich noch nicht. Erst nach dem letzten Grand Prix in Abu Dhabi, versicherte er. "Ich versuche, weiter in der Zone zu bleiben", sagte der 32-Jährige. "Deshalb ist das alles noch nicht wirklich gesackt. Es würde sich nicht normal anfühlen, jetzt vom Gas zu gehen. Das ist die beste Zeit, um noch mehr Druck auszuüben - weil ich es kann."

Dabei würde es sich eventuell sogar anbieten, trotz aller Sieges-Ansprüche auch ein Auge auf Bottas zu haben. Denn Hamilton weiß: Mit einem ihm wohl gesonnenen Teamkollegen steigen seine Chancen auf den fünften WM-Sieg. Gegen Vettel wird er auch 2018 wohl wieder jede Hilfe benötigen können. Wie sehr Bottas auf Platz 2 hofft, daraus machte dieser jedenfalls kein Geheimnis: "Natürlich ist der zweite Platz besser als der dritte. Auch, wenn es nicht der erste ist. Wir wollen Erster und Zweiter in der WM werden. Das wollen wir wirklich."