Für die Formel-1-Saison 2018 werden bei Williams seit einigen Wochen die Namen Robert Kubica und Paul Di Resta heiß gehandelt. Sollte der britische Traditionsrennstall sich für einen der beiden Kandidaten entscheiden, würde Felipe Massas Karriere 2017 wohl endgültig ihr Ende finden. Der Brasilianer hingegen hält sich noch für mehr als nur F1-tauglich: Er vergleicht sich sogar mit Fernando Alonso.

"Ich mache einen großartigen Job, aber leider schauen einige Leute immer nur auf die Zahlen in der Gesamtwertung und urteilen anhand dessen", wirft Massa seinen Kritikern entgegen, dass sein derzeitiger Rückstand von vier Punkten auf Rookie-Teamkollege Lance Stroll alles andere als repräsentativ sei. Ein durchaus berechtigter Einwand, denn andere Zahlen geben dem Brasilianer zweifelsohne Recht: Im teaminternen Qualifying-Duell steht es für Massa 14:3.

Grund genug für den Vizeweltmeister von 2008, ein hieb- und stichfestes Beispiel anzuführen. "Das würde demnach auch bedeuten, dass Alonso nicht mehr Formel-1-tauglich ist, weil er in der Meisterschaft hinter seinem Teamkollegen liegt", verweist er auf den zweimaligen Weltmeister, der im Fahrerlager nach wie vor als einer der stärksten Fahrer angesehen wird und in der Gesamtwertung zwei Punkte hinter seinem McLaren-Stallgefährten Stoffel Vandoorne liegt.

"Also macht Alonso auch keinen guten Job. Außer, ihr schaut euch bei Fernando einmal den Qualifying-Vergleich zu seinem Teamkollegen an - und bei mir auch", so Massa. Für den 36-Jährigen gibt es nur einen Grund, weshalb Stroll dieses Jahr bisher mehr WM-Zähler gesammelt hat. "Es gab drei Rennen, in denen ich wahrscheinlich das doppelte meiner aktuellen Punkte verloren habe", glaubt der Routinier. "Das müssen die Leute erkennen und verstehen."

Genauer meint Massa damit die Rennen in Sochi, Barcelona und Baku. Beim Chaosrennen in Aserbaidschan, welches Stroll überraschend auf dem dritten Platz beendete, lag Massa tatsächlich weit vor dem Kanadier, als ein technischer Defekt seinen Williams FW40 lahmlegte. "Ich hätte das Rennen sogar gewinnen können", ist sich Massa sicher. In Russland hatte er auf Platz sechs liegend einen Reifenschaden und in Spanien sei sogar noch mehr drin gewesen.

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Massa: 2017 nur durch Pech weniger Punkte als Stroll

"In Barcelona hatte ich einen unglaublichen Start, habe Fernando und Perez überholt, doch dann berührte mich Fernando und ich hatte sofort einen Plattfuß. Ich habe nicht einmal Punkte geholt in einem Rennen, in dem Perez am Ende Vierter wurde und ich klar die bessere Pace hatte", erklärt der Brasilianer, der sich selbst demnach nicht als Grund für die durchschnittliche Punkteausbeute ausmachen kann.

"Meiner Meinung nach fahre ich eine tolle Saison. Doch leider habe ich mindestens das Doppelte meiner Punkte verloren - oder selbst wenn es nur die Hälfte davon war, wäre ich jetzt in einer ganz anderen Position", erklärt er und fügt an, dass er sich vor Selbstkritik sicher nicht scheuen würde, sofern sie denn angebracht wäre.

"Letztendlich habe ich eine sehr professionelle Einstellung. Wenn ich eine schlechte Saison hatte, verstehe ich das voll und ganz und bin auch der erste, der das zugibt", versichert er. 2017 gab es für ihn jedoch keinen Anlass dazu. "Ich bin glücklich mit meiner Pace, die ganze Saison schon. Wenn du glücklich bist und das Gefühl hast, das Beste aus dem Auto herauszuholen, warum solltest du dann aufhören?"

Damit stellt Massa selbst die entscheidende Frage, welche das Formel-1-Paddock hinsichtlich seiner Person derzeit am brennendsten interessiert. Gibt es nach den Testfahrten von Kubica und Di Resta überhaupt noch eine realistische Chance, dass Williams für 2018 an Massa festhält? "Es hängt nicht von mir ab. Ich entscheide nicht, ob ich weitermache oder nicht. Das Team muss entscheiden", erklärt Massa, der sich damit in derselben Lage wie 2016 befindet.

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Formel-1-Rücktritt in Brasilien? Massa reagiert genervt

Damals sorgte die Verpflichtung von Stroll dafür, dass Massa sein Cockpit abtreten musste. Lediglich Nico Rosbergs Rücktritt und Valtteri Bottas' Wechsel zu Mercedes gaben ihm die Möglichkeit, nochmals für Williams an den Start zu gehen. Von der momentanen Unklarheit über seine Zukunft ist Massa sichtlich genervt. Er will eine Entscheidung von Williams - selbst, wenn es nur darum geht, dass seine Dienste nicht mehr erwünscht sind.

"Das würde ich gerne wissen. Am liebsten jetzt sofort", so Massa, der Spekulationen zufolge möglicherweise bei seinem Heimrennen in Interlagos seinen letzten Grand Prix bestreiten könnte, um für Abu Dhabi bereits Platz für einen möglichen Nachfolger zu machen. Ein Gerücht, das Massa mehr als sauer aufstößt. "Natürlich werde ich in Abu Dhabi fahren. Kommt schon, wer hat denn sowas gesagt? Das ist ja unglaublich", reagiert er leicht gereizt.

Er beharrt darauf, keinerlei solche Überlegungen jemals gehabt zu haben: "Ich fahre definitiv alle meine Rennen, die in meinem Vertrag stehen - und das mit Freude. Was die Zukunft angeht, kann ich im Moment nichts sagen. Aber dieses Gerücht ist kompletter Schrott." Eine Entscheidung vor seinem Heim-Grand-Prix wäre ihm aber in jedem Fall wichtig, wie er auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com zugibt.

"Ich denke, das wäre für jeden wichtig. Für mich und das Team", so der 267-fache GP-Teilnehmer, der nicht weiß, ob dies bis dahin der Fall sein wird. Zu einer etwaigen Deadline gegenüber Williams wollte er sich nicht äußern. "Ich werde solche Dinge hier nicht diskutieren. Das ist meine Entscheidung und meine Angelegenheit mit dem Team", stellt er klar.

Felipe Massa hat in der Saison 2017 bisher weniger Punkte auf dem Konto als Lance Stroll, Foto: Sutton
Felipe Massa hat in der Saison 2017 bisher weniger Punkte auf dem Konto als Lance Stroll, Foto: Sutton

Massa bei F1-Aus unschlüssig: Sabbatical oder Formel E?

Sollte es darauf hinauslaufen, dass für Massa Ende 2017 in der Formel 1 Schluss ist, weiß er noch nicht, wie es danach weitergehen wird. Vor einigen Wochen hatte er bereits ein relativ klares Bekenntnis zur Formel E gemacht, was seine Zeit nach der Formel 1 anbelangt. "Vielleicht mache ich ein Jahr Auszeit, vielleicht fahre ich aber auch in einer anderen Rennserie", hält ersich bedeckt. Das Thema Formel E ist für ihn nach wie vor aktuell, jedoch nicht zwangsläufig schon 2018.

"Vielleicht fahre ich Formel E, aber möglicherweise noch nicht in der kommenden Saison." Nach 15 Jahren in der Formel 1 sei es für ihn zunächst einmal wichtig, überhaupt herauszufinden, ob er sich in einem anderen Rennauto heimisch fühlen kann. "Ich muss überhaupt erstmal in einem Auto sitzen, das ich noch nie zuvor gefahren bin und verstehen, ob ich daran Spaß hätte oder nicht." Den Formel-E-Boliden kennt Massa bereits: Anfang 2017 testete er für Jaguar.