Er war der erfolgreichste italienische Fahrer in der Formel 1 (neben Riccardo Patrese) seit Alberto Ascari. Michele ist trotz aller Erfolge immer "Mensch" geblieben. Sein helles Lachen, die scheuen Augen und eine freundliche Ausstrahlung machten ihn nicht nur bei Ferrari zum Sympathieträger.

Aus diesem Grunde erinnert Yesterday an die lange Karriere (194 GPs, 5 Siege) des Vizeweltmeisters von 1985. Als Sohn eines italienischen Vaters und einer libyschen Mutter kam der dunkelhäutige Krauskopf am 23.Dezember 1956 zur Welt. Am Steuer eines Monza-Monoposto schnupperte Michele erste Rennfahrerluft, holte bei der Formula Italia - Meisterschaft einen Sieg und 3 zweite Plätze und fuhr im Herbst 1978 als Neuling beim italienischen Formel 3-Finale auf einen hervorragenden vierten Rang. 1979 und 1980 wurde Michele von Euroracing-Chef Pavanello für die komplette italienische Meisterschaft sowie ausgesuchte EM und GP-Rahmenläufe unter Vertrag genommen. Im ersten Jahr galt er als rücksichtsloser Draufgänger, kam "nur" auf 19 Punkte, aber im Jahr darauf setzte er sich gegen Thierry Boutsen, Mauro Baldi und Corrado Fabi durch und sicherte sich somit mit 5 Siegen den Titel im europäischen F3-Championat.

Alboreto in einem Minardi des Jahrgangs 1994., Foto: Sutton
Alboreto in einem Minardi des Jahrgangs 1994., Foto: Sutton

Ken Tyrrell krempelte 1981sein Team komplett um und holte Eddie Cheever und Michele, dem er bereits die Saison zuvor ein Cockpit für 800 000 Dollar angeboten hatte, kostenlos in die Formel 1. Die erste Saison verlief enttäuschend und so holte sich Michele, nun an der Seite von Ex-Formel 2 Europameister Brian Henton, in Rio 1982 als Sechster seine ersten WM - Punkte und kam in Imola als Dritter hinter Pironi und Villeneuve aufs Treppchen. Der große Durchbruch war Las Vegas, ein Sieg mit über 30 Sekunden Vorsprung auf John Watson und damit Platz 7 mit 25 Punkten in der WM-Endwertung. 1983 war der Sauger-Fahrer noch machtloser gegen die Turbo-Fahrzeuge von Piquet (mit BMW-Power ausgerüstet) und Co, um so höher einzuschätzen ist der Sieg in Detroit, seine einzigen WM-Punkte neben Zandvoort (6.Platz) – gleichzeitig war dies auch der letzte Sieg des ruhmreichen Tyrrell-Teams in der F1 sowie der letzte Triumph des Cosworth V8-Motors. Michele war vom Einsteiger zum Siegfahrer gereift und erlag dem Lockruf von Ferrari.

Schon im dritten GP (Belgien) stellte der Italiener seinen Ferrari auf die Pole-Position, und siegte überlegen. Zwei zweite Plätze und weitere Platzierungen in den Punkterängen ergaben insgesamt 30,5 Punkte und Rang 4 im Endklassement in seinem ersten Ferrari - Jahr, das von der Überlegenheit der McLaren geprägt war. 1985 sollte zu Micheles goldenem Jahr in der F1 werden: 4 zweite Plätze, 1 dritter Rang und 2 Siege (Kanada und Deutschland) bei nur zwei Ausfällen bedeuteten die WM-Führung nach 9 Rennen; leider hatte Ferrari dem McLaren von Alain Prost in den restlichen sieben Rennen nicht mehr viel entgegenzusetzen, so daß dieser mit 20 Punkten Vorsprung die WM für sich entscheiden konnte. Drei weitere Ferrari-Jahre brachten als größten Erfolg einen emotionalen 2. Platz beim Doppelsieg 1988 in Monza, bevor er für 1989 etwas zwischen die Stühle geriet (er hoffte auf einen Platz bei Williams, den aber Riccardo Patrese behielt) und wieder zu seinem Entdecker Ken Tyrrell zurückkehrte. Der 3. Platz in Mexiko war leider sein letzter Besuch auf dem Podium, da er wegen Problemen mit seinem Zigarettensponsor bei Saisonhalbzeit zum noch schwächeren Larrousse-Team wechselte.

Michele Alboreto zu Ferrari-Zeiten., Foto: Sutton
Michele Alboreto zu Ferrari-Zeiten., Foto: Sutton

Es folgten 3 Jahre bei Footwork-Arrows (die ersten beiden ohne Punkte), sowie 1993 mehrere Nichtqualifikationen und wieder keine Punkte im hoffnungslosen BMS-Dallara, bevor er 1994 etwas desillusioniert von der F1 (nicht zuletzt durch seinen eigenen Imola-Alptraum, als Michele nach einem Boxenstop an seinem Minardi ein Hinterrad verlor, das drei Mechaniker verletzte) dem GP-Sport Lebewohl sagte. Bis heute ist Michele der letzte Italiener, der auf einem Ferrari einen GP gewinnen konnte; mit 5 Siegen, 2 Poles, 5 schnellsten Runden und insgesamt 186,5 WM-Punkten bei 194 GP-Starts hat er sich in den Statistiken verewigt. Michele hatte in der Formel 1 viele Freunde, einer von ihnen war Elio de Angelis, der bei Testfahrten 1986 in Paul Ricard tödlich verunglückte. Eine Aufnahme im Wandregal erinnert an Elio. Zwei Männer stehen sich lachend gegenüber, die Hände wie Boxer gegeneinander gestreckt.

Detroit 1985, als die Italiener gemeinsam die WM - Wertung anführten. Michele sagte damals: "Man nimmt doch immer an, daß einem selbst nichts passiert aber in solchen Momenten bricht dieser ganze absurde Selbstschutz zusammen". Nach dem Ende seiner F1-Karriere fuhr Michele 1995 mit einem Alfa 155 in der DTM, und auch mit einem Ferrari 333 SP in der amerikanischen IMSA-Serie. 1996 versuchte er sich in den USA auch in der IRL-Serie; dabei erzielte er beim Debut einen hervorragenden 4.Platz. 1997 wandte Michele sich den Langstreckenrennen zu und gewann auf Porsche die legendären 24 Stunden von Le Mans; ein Jahr später wurde er Zweiter in Road Atlanta. Im Werksteam von Audi wurde er 1999 Vierter in Le Mans, ein Jahr darauf Dritter. Seinen letzten großen Siegfeierte er vor ein paar Wochen am 18. März beim 12 Stunden-Rennen von Sebring/USA.

Am Mittwoch den 25. April testete Michele für die Ingolstädter am Lausitzring im Hinblick auf Le Mans, als es um 17:35 Uhr zu einem schweren Umfall kam, den er tragischerweise nicht überlebte. Neben vielen anderen fragen sich auch seine Freunde Rene Arnoux und Riccardo Patrese, warum er nicht aufhörte, da er doch tausend andere Interessen hatte. Vielleicht hat aber Michele selber aber schon mal die Antwort gegeben: "Autorennen nur noch am Fernsehschirm. Niemals, ich könnte nicht stillsitzen wenn andere fahren".

Michele in seinem 85er Arbeitsgerät., Foto: Sutton
Michele in seinem 85er Arbeitsgerät., Foto: Sutton

Der stille, nette Kerl von nebenan ging nur selten aus sich heraus; so z.B. in Monaco 1985, als Ayrton Senna seinen Konkurrenten bewusst alle Chancen auf die Pole raubte, als er nach seiner schnellsten Qualifyingrunde auf der Strecke herumrollte, worüber Michele wirklich einmal böse wurde: "Das nächste Mal kracht es."

Weniger bekannt, aber dafür bezeichnend dürfte sein, dass Michele ohne Gage oder PR - Termine Kranke besuchte, so z.B. auch 1985 in der Weihnachtszeit eine Intensivstation eines Spitales, und dabei mit den Patienten plauderte, er "wollte nur einfach Menschen glücklich machen".

Unsere Gedanken sind bei seiner Frau Nadia und den Töchtern Alice und Naomio, und seiner Familie.