Mit einer kräftigen Hypothek sind Ferraris Kimi Räikkönen und Mercedes' Finnen-Pendant Valtteri Bottas in den Japan GP gestartet. Den 16. Saisonlauf der Formel 1 2017 nahm das nordische Duo jeweils mit einer Gridstrafe von fünf Positionen wegen Getriebewechseln auf. Bottas startete somit als Sechster, Räikkönen gar nur als Zehnter.

Doch hatten sich sowohl Ferrari als auch Mercedes etwas überlegt, um ihre beiden WM-Helfer von Sebastian Vettel respektive Lewis Hamilton möglichst smart durch das Feld nach vorne zu manövrieren: Sowohl Räikkönen als auch Bottas waren im Qualifying mit dem Soft in das Q3 eingezogen, starteten somit als einzige Piloten in den Top-Ten auf der etwas härteren Reifenmischung Pirellis.

Suzuka: Räikkönen-Rehabilitation nach Ausritt in Runde eins

Das eröffnete im Rennen in Japan größere strategische Möglichkeiten, barg jedoch auch das Risiko, eines schlechteren Starts. "Für die weichen Reifen habe ich noch einen guten Start erwischt", berichtet Räikkönen. Der Ferrari-Pilot kam tatsächlich ordentlich vom Fleck, geriet allerdings im weiteren Verlauf der ersten Runde in Turbulenzen.

Während Bottas P6 nach Runde eins behauptet hatte, kam Räikkönen gerade einmal als Fünfzehnter aus der ersten Runde. Was war passiert? "Am meisten Probleme hatte ich mit der Entscheidung, auf welche Seite ich gehen sollte. Ich bin dann außen herum, habe so aber eine Position verloren", schildert Räikkönen seine ersten beiden Kurven, in denen es zudem zu einer leichten Berührung mit McLarens Stoffel Vandoorne kam.

Eine Beschädigung an seinem Ferrari handelte sich Räikkönen dabei jedoch nicht ein. Auch nicht bei einer noch viel bitteren Szene eine halbe Runde später in Spoon, die letztlich zu dem massiven Platzverlust des Icemans führte. "Da musste ich weit gehen, als ich versucht habe, den Renault wieder zu überholen und habe einige Plätze verloren", schildert Räikkönen seinen Ausflug abseits der Strecke im Duell mit Nico Hülkenberg.

Somit fand sich Räikkönen plötzlich nach einer Runde in einer noch schlechteren Position wieder als Sebastian Vettel in Malaysia, zumal sich in Japan schwerer überholen lässt. Doch Räikkönen gab nicht auf, pflügte sich im Eiltempo durch das halbe F1-Feld. "Ich hatte einen guten Speed, um überholen zu können. Aber leicht war es nicht", berichtet Räikkönen. So sah es jedoch aus. Pierre Gasly, Romain Grosjean und Kevin Magnussen hießen die ersten Opfer des Finnen.

Räikkönen nutzt Ferrari-Pace für Overcut gegen Ocon

Durch den Ausfall Vettels rangierte Räikkönen so nach vier Runden bereits wieder auf P11, arbeitete sich weiter vor. In der achten Runde tauchte der Ferrari-Pilot abermals hinter Nico Hülkenberg auf, diesmal schnappte er sich den Renault souverän - ohne Rallye-Show mit sauberem Manöver in der Schikane. In Runde 14 war auch Ex-Teamkollege Massa fällig, nur mehr die Force India trennten Räikkönen jetzt von seinen wahren Gegnern Mercedes und Red Bull. Denn Bottas indessen hatte parallel erst ebenfalls vom lädierten Vettel profitiert, dann Esteban Ocon überholt.

Für Räikkönen galt es zunächst jedoch einen Weg vorbei an Sergio Perez zu finden. Zu Beginn der 20. Runden gelang es mit demselben Move, mit dem Räikkönen 2005 bereits in Kurve eins Renaults Giancarlo Fisichella in der letzten Runde kassiert hatte und zum Sieg geflogen war. Ocon musste der Iceman nicht überholen, der kam an die Box.

Wegen der härteren Reifen blieb Räikkönen deutlich länger auf der Strecke, war jetzt Fünfter. Kurzzeitig ging es wegen des Ricciardo-Stopps sogar voran auf P4, ehe Räikkönen in Runde 28 selbst zum Service kam. Das Ergebnis: Ferraris Overcut gegen Ocon hatte funktioniert. Doch war Räikkönen wieder hinter Hülkenberg gefallen, der einen extrem langen ersten Stint fuhr. Mit jetzt frischen Supersofts war der Renault jedoch ein zweites Mal nur Kanonenfutter.

Valtteri Bottas scheitert knapp an Daniel Ricciardo & Podium

Ab diesem Zeitpunkt nahm das Rennen Räikkönens in Sachen Action eine krasse Wendung: Plötzlich war er ganz alleine auf der Strecke. "Ich war zu weit weg von denen vor mir und hinter mir war nichts", schildert Räikkönen, nicht wirklich erfreut. Denn trotz kleiner Balance-Probleme habe er sich eigentlich für mehr bereit gefühlt. Räikkönen: "Aber wir waren einfach schon zu weit weg, um unser eigentliches Potential zu zeigen."

Das ärgert auch den Teamchef. "Kimis Rennen wurde von seiner weniger als idealen Startposition beeinträchtigt. Aber von da konnte er bis auf den fünften Platz klettern", kommentiert Maurizio Arrivabene die zehn Platzgewinne Räikkönens nüchtern - kein Wunder, musste er mit Vettel gerade seinen anderen Fahrer im Grunde aus dem WM-Kampf verabschieden.

Ganz anders daher auch die Emotionen Arrivabenes Mercedes-Pendant. Verzückt vom Big Point Hamiltons zeigt sich Toto Wolff auch von Valtteri Bottas begeistert. "Valtteri kämpfte sich nach der Getriebe-Strafe gut auf Platz vier zurück und kam sogar bis auf wenige Zehntel an das Podium heran. Er hatte heute eine starke Pace und gab niemals auf. Er pushte bis zum Schluss - das war eine echte Aufholjagd", lobt Wolff die zwei Positionsgewinne Bottas' (Ocon überholt, Vettel-Defekt).

Vielleicht hätten es jedoch auch drei werden können. Immerhin fehlte Bottas im Ziel keine Sekunde auf Daniel Ricciardo auf P3. Mit den Supersofts hatte der Finne im Schlussstint nach seinem Stopp in Runde 30 neun Sekunden auf den, gegenüber seinem Teamkollegen Max Verstappen allerdings weit weniger gut aufgelegten, Red-Bull-Piloten aufgeholt, sich dabei die schnellste Rennrunde gesichert. "Das war ein enger Kampf, besonders am Ende. Ich kam näher an Daniel heran, aber es war nicht mehr genügend Zeit und die VSC-Phase half mir ebenfalls nicht", hadert Bottas.

Kostete Hilfe für Hamilton Bottas das Podium?

Noch weniger half allerdings seine gute Tat für Lewis Hamilton noch vor seinem Stopp, als Bottas den Briten erst durchwinkte, um dann Max Verstappen aufzuhalten. Das kostete den Finnen im Fernduell mit Ricciardo die vielleicht entscheidenden Sekunden. Bottas habe sich jedoch nie gegen diese Maßnahme gewehrt, so Niki Lauda bei Sky. "Er ist ein Teamplayer und mehr war heute sowieso nicht drin für ihn", meint der Mercedes-Chefaufseher.

Bottas selbst trauert dem verpassten I-Tüpfelchen nur unmerklich nach. "Das Rennen verlief fast wie geplant, aber es wäre schön gewesen, auf dem Podium zu stehen", sagt Bottas. "Wir sind vor dem Rennen alle Szenarien durchgegangen und als Lewis mich nach seinem Boxenstopp einholte, habe ich natürlich versucht, ihm zum Sieg zu verhelfen."

Insgesamt ist der Finne vielmehr zufrieden mit seiner Strategie. Er sei schon froh, überhaupt in die Nähe des Podiums gekommen zu sein. Das sei nicht selbstverständlich gewesen. "Wir wussten von Anfang an, dass das Überholen hier schwierig ist. Meine Strategie war heute gut. Sie bescherte mir am Ende eine gute Gelegenheit, ansonsten wäre es wirklich schwierig gewesen, auch nur nah heranzukommen", sagt Bottas.

Eine ausführliche Analyse, wie sehr Valtteri Bottas Lewis Hamilton geholfen hat und, ob er so seine eigene Chance auf das Podium gegen Ricciardo tatsächlich verspielt hat, lesen Sie am Montag nach dem Japan GP auf Motorsport-Magazin.com.