In Malaysia droht auf Singapur für Sebastian Vettel gleich der nächste Tiefschlag im WM-Duell mit Lewis Hamilton. Vom letzten Startplatz aus muss Ferraris Speerspitze um jeden Preis Schadensbegrenzung betreiben, damit der Rückstand in der Gesamtwertung nicht völlig außer Kontrolle gerät. Ferrari hat mit Kimi Räikkönen immer noch ein Eisen im Feuer, um Mercedes in die Parade zu fahren. Und auch Red Bull erhebt in Sepang Ansprüche auf den Sieg.

Bis zum Qualifying lief das Wochenende für Ferrari noch wie gemalt. Das Team führte im Trockenen jedes Training an, während Mercedes den F1 W08 einfach nicht in die Spur bekam. Im 3. Freien Training schlug der Defekt-Teufel bei Sebastian Vettel jedoch erbarmungslos zu. Die Mechaniker der Scuderia wechselten gerade rechtzeitig zum Zeittraining die ICE und die MGU-H. Im Q1 war trotzdem nach wenigen Minuten Feierabend. Die Konsequenz des vermeintlichen Turbo-Problems: Startplatz 20.

Hamilton holte das Maximum aus dem Pech des WM-Rivalen heraus und sicherte sich die neunte Pole der Saison. Eine schlechtere Ausgangslage könnte sich Vettel bei schon 28 Punkten Rückstand kaum bieten. "Das Beste, was man erreichen kann, ist P1. Es könnte auch realistisch sein, man weiß nie, wie die Rennen laufen. Wir haben vor zwei Wochen gesehen, wie schnell sich Dinge ändern können", übt sich Vettel in Zwangsoptimismus. Außerdem hat er durch das Verpassen des Qualifyings auch einige taktische Möglichkeiten, welche die Konkurrenz nicht hat.

Vier brandneue Sätze Supersoft kann Vettel bei Bedarf einsetzen, während die Konkurrenz von Mercedes nur angefahrene Sätze von Pirellis weichster Reifenmischung übrig hat. Um am Sonntag zur Spitze aufzuschließen, bedarf es aber höchstwahrscheinlich mehr als ein paar Sätze frische Reifen. Die vorhergesagte Regenwahrscheinlichkeit von etwa 50 Prozent könnte Vettel schlussendlich den Sonntag retten. Unter normalen Umständen räumt selbst die Konkurrenz dem Ferrari-Piloten keine allzu hohen Chancen ein..

"Wenn ich ihn sehe, läuft mein Rennen wohl ziemlich beschissen", scherzte Ricciardo, dass er nicht erwartet, Vettel im Laufe des Rennens zu sehen. Red Bulls Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko war sich hingegen am Mikrofon von Sky sicher: "Seb ist einer, der gibt nicht auf. Er ist mental sehr stark." Der Österreicher kennt Vettel wie kaum ein anderer. Er ebnete ihm zusammen mit Red Bull den Weg in die Königsklasse und zu vier WM-Titeln. Seine Prognose fällt dennoch bescheiden aus: "Etwas um Platz fünf wäre wohl die beste Schadensbegrenzung."

Ferrari: in Malaysia keine Räikkönen-Hilfe für Vettel?

Platz fünf würde bedeuten, dass Vettel zumindest eines der anderen fünf Top-Autos am Ende des Rennens hinter sich gelassen hat. Im Zweifelsfall könnte das der eigene Teamkollege sein. Andererseits befindet sich Räikkönen mit Startplatz zwei zunächst nicht in einer Position, in der Ferrari ihn für Vettel opfern dürfte. "Wir wollen mit beiden Autos das Maximum aus jedem Rennen holen. Natürlich hoffen wir für Seb, dass er viele Positionen gutmacht. Aber das ändert nichts an meinem Rennen", so Räikkönen.

Viel mehr liegt es nun an ihm, die dominante Pace des SF70-H in Sepang auszuspielen, um Hamilton abzufangen. Bei der Konkurrenz von Red Bull hält man es für wahrscheinlich, dass der Finne dem WM-Leader Druck machen kann. "Kimi ist am Drücker, er sollte unter trockenen Bedingungen das beste Auto haben. Mercedes hat nicht genug gezeigt, um zu beweisen, dass sie im Trockenen dominieren können", glaubt Ricciardo. Für das eigene Rennen wäre das allerdings nicht das Beste.

"Wenn Kimi die Führung wirklich übernimmt... wenn ich mir Ferraris Pace anschaue, schmälert das unsere Chancen", so der Australier weiter. Bei Mercedes macht man sich keine Illusionen, dass Hamilton das Feld wie zuletzt in Singapur locker in Schach halten kann. "Auf dem Longrun hat uns Ferrari im FP3 eine Sekunde gegeben. Deshalb haben die immer noch das schnellste Auto", so Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Sollte der Regen nicht eintreffen, wird sich für ihn daran am Sonntag auch nichts ändern.

Mercedes: Hamilton steht ein schwieriger Sonntag bevor

"Wir tun uns schwer, wenn es heißt ist. Das ist auch sicher ein Problem für morgen", fügt der Österreicher an. Hamilton wird sich für das vorerst letzte Rennen auf dem Sepang International Circuit also kaum in Sicherheit wiegen können. Zumal neben Räikkönen an diesem Wochenende auch Red Bull heiß auf den Sieg ist. "Ich denke, auf den Longruns waren wir noch ein bisschen konkurrenzfähiger. Ich freue mich auf morgen", so Verstappen, der als Dritter neben Ricciardo aus der zweite Startreihe ins Rennen gehen wird.

Ricciardo fürchtet zwar die Pace von Räikkönen, glaubt aber auch, dass sein RB13 am Sonntag schnell genug für den Kampf um den Sieg sein kann. "Wir müssen nicht in der ersten Kurve schon in Führung sein, um eine Chance auf den Sieg zu haben", glaubt der Australier. Obendrein könnte sich das Hamilton-Problem für ihn schon von alleine erledigen, wenn Mercedes mit seinem WM-Leader unter Umständen auf Sicherheit geht.

"Ich weiß nicht, wie es bei ihnen mit dem Motor aussieht. Ich erwarte nicht, dass sie ihn das ganze Rennen über voll aufdrehen werden. Irgendwann werden sie konservativ sein müssen und vielleicht nur einen Podestplatz ins Auge fassen, wenn Seb nur Siebter oder so ist", spekuliert Ricciardo. Obendrein hat Red Bull im Kampf um den Sieg einen entscheidenden Vorteil. Während Ferrari nur Räikkönen im Rennen hat und Hamilton an der Spitze mehr oder weniger auf sich gestellt ist, haben die Österreicher zwei Eisen im Feuer.

Red Bull hofft auf Strategie und Regen

"Max hat andere Reifen als ich. Wir haben Optionen, die Strategien zu splitten, wenn es sich anbietet und hilft, Druck auf die Konkurrenten aufzubauen", so Ricciardo. Verstappen hat im Gegensatz zum Teamkollegen noch einen frischen Satz Soft-Reifen mehr in der Hinterhand, der eine alternative Taktik bei den Bullen erlaubt. Abgesehen davon könnte Regen dem Duo richtig in die Karten spielen. Im nassen ersten Training markierten Verstappen und Ricciardo wie so oft die Spitze.

"Wir können im Nassen definitiv schneller sein, so wie unser Auto hier bisher funktioniert hat. Wir sind mit sehr viel Anpressdruck unterwegs, weshalb wir im Nassen konkurrenzfähig sein sollten", so Ricciardo. "Das Podium ist ganz klar angesagt, es muss aber nicht nur der 3. Platz sein. Wir schauen weiter nach vorne", formulierte Marko die Zielsetzung.