Sebastian Vettel und Ferrari haben in Malaysia etwas gutzumachen: Nach dem Singapur-Debakel muss das Team Lewis Hamilton und Mercedes um jeden Preis Punkte abnehmen. Beim Trainingsauftakt zum 15. Saisonrennen in Malaysia lief es für die Italiener zumindest in diesem Punkt nach Plan. Mercedes wiederum steht nach einer ungewohnt schwachen Vorstellung vor einem Rätsel.

Stramme 1,4 Sekunden verlor WM-Leader Lewis Hamilton im 2. Freien Training auf dem Sepang International Circuit auf Sebastian Vettel. Und nicht nur Ferraris Speerspitze düpierte die Silberpfeile beim ersten Aufeinandertreffen in Malaysia. Auch Kimi Räikkönen lag, obwohl er über eine halbe Sekunde auf den Teamkollegen einbüßte, noch Welten vor den Silberpfeilen.

"Ich habe ein paar von Lewis' Onboard-Aufnahmen gesehen und es sah so aus, als ob er sehr mit dem Auto zu kämpfen hatte. Vielleicht sind sie ja mit 80 Kilogramm Sprit gefahren", spekulierte Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo, der sich den Rückstand der Silberpfeile einfach nicht erklären konnte. Beide Red Bulls lagen am Ende des Tages über eine halbe Sekunde vor Mercedes.

Vettel stellte mit seiner Bestzeit von 1:32.261 Minuten nicht nur seinen großen WM-Rivalen Lewis Hamilton in den Schatten. Er unterbot auch den Streckenrekord, den Fernando Alonso 2005 im Q1 aufgestellt hatte, um 1,3 Sekunden. "Es war ganz okay. Aber noch nicht ideal", lautete seine nüchterne Zusammenfassung der Runde.

Einhundertprozentig zufrieden war der viermalige Weltmeister am Ende des Tages auch was das Gesamtbild anging nicht. "Heute Morgen war es nicht so gut. Da fehlt uns noch ein bisschen", bemängelte er die Regen-Performance des SF70-H. Die Gefahr durch Red Bull unterschätzt er unter diesen Bedingungen nicht: "Sie sahen sehr schnell aus mit den Intermediates."

Dass Vettel trotz dieses Starts ins Wochenende nicht unbedingt in Jubelstürme verfällt, scheint nachvollziehbar. Vor zwei Wochen in Singapur war es Ferrari, das einen Fehlstart ins Wochenende hinlegte und am Samstag plötzlich eine Wiederauferstehung erlebte. "Es ist eben Freitag, die Dinge können sich wieder ändern. Ich bin ziemlich sicher, dass es bei ihnen morgen wieder in Ordnung sein wird."

Rundenzeiten der Top-Teams, Malaysia 2. Freies Training

PositionFahrerTeamRundenzeitRückstand
1Sebastian VettelFerrari1:31.261 Min
2Kimi RäikkönenFerrari1:31.865 Min+ 0.604 Sek
3Daniel RicciardoRed Bull1:32.099 Min+ 0,838 Sek
4Max VerstappenRed Bull1:32.109 Min+ 0,848 Sek
5Fernando AlonsoMcLaren1:32.564 Min+ 1,303 Sek
6Lewis HamiltonMercedes1:32.677 Min+ 1,416 Sek
7Valtteri BottasMercedes1:32.720 Min+ 1,459 Sek

Mercedes nach Katastrophen-Training in Malaysia ratlos

In der Mercedes-Garage herrschte nach der schwachen Vorstellung hingegen Ratlosigkeit. "Das war ein sehr schwieriger Tag. Ich hatte heute mit dem Auto zu kämpfen. Das müssen wir uns ansehen und verstehen, wo wir bei der Balance den falschen Weg eingeschlagen haben", so Hamilton, dessen Balance-Probleme im 2. Freien Training zu einem Ausrutscher in Kurve 7 führten.

Der WM-Leader konnte sein Auto dabei vor größerem Schaden bewahren - genau wie Bottas, der kurz zuvor in Kurve zehn neben der Strecke war. "Das Auto funktioniert nicht so gut wie sonst in diesem Jahr und die Fahrer beklagten sich beide über sehr wenig Grip und ein rutschendes Auto", sagte Mercedes' leitender Ingenieur an der Strecke, Andrew Shovlin.

Kaum besser als in der trockenen Nachmittags-Session lief es im 1. Freien Training. Die Balance-Probleme machten sich bei den Silberpfeilen nicht nur unter trockenen Bedingungen am Nachmittag bemerkbar. In Monza und Singapur fuhr Hamilton unter nassen Bedingungen noch Kreise um die Konkurrenz. In Sepang verlor er über zwei Sekunden auf Verstappens Bestzeit.

"Das Auto sah bei keinen Bedingungen stark aus, egal ob auf Intermediates oder im zweiten Training im Trockenen", so Shovlin. Das vorzeitige Ende des 2. Freien Trainings durch Romain Grosjeans Unfall tat sein Übriges, um Mercedes weiter hinter Ferrari zurückzuwerfen. "Wir konnten nicht alle Teile testen", so Bottas.

In dieser Hinsicht erging es der Konkurrenz aber nicht besser. "Wir hatten noch ein paar Dinge auf dem Zettel, die wir noch gerne probiert hätten, und auf die wir jetzt keine Antwort haben", so Vettel. Von den drei Top-Teams gelang es lediglich Red Bull, einen Longrun zumindest anzufangen. Daniel Ricciardo spulte auf einem elf Runden alten Supersoft zumindest fünf Runden ab.

Rundenzeiten der Top-Teams, Malaysia 1. Freies Training (Regen)

PositionFahrerTeamRundenzeitRückstand
1Max VerstappenRed Bull1:48.962 Min
2Daniel RicciardoRed Bull1:49.719 Min+ 0.757 Sek
3Fernando AlonsoMcLaren1:50.597 Min+ 1,635 Sek
4Kimi RäikkönenFerrari1:50.734 Min+ 1,772 Sek
5Sebastian VettelFerrari1:51.009 Min+ 2,047 Sek
6Lewis HamiltonMercedes1:51.518 Min+ 2,556 Sek
7Valtteri BottasMercedes1:52.007 Min+ 3,045 Sek

Red Bull im Regen von Sepang wieder an der Spitze

Seine durchschnittliche Rundenzeit betrug dabei 1:37.050 Minuten. "Ferrari sah etwas stärker aus, als wir erwartet hatten", so Ricciardo über das Kräfteverhältnis am Nachmittag. Im nassen FP1 hingegen waren er und Teamkollege Verstappen der Konkurrenz um Längen voraus. "Auf den Intermediates waren wir wesentlich schneller als alle anderen."

Regen-Spezialist Verstappen legte mit 1:48.962 Minuten eine dominante Bestzeit hin. Ricciardo verlor bereits siebeneinhalb Zehntel. Den Ferrari-Piloten fehlten anderthalb bis zwei Sekunden, dem Mercedes-Duo sogar noch eine Sekunde mehr. Angesichts der Wettervorhersage, die für Samstag und Sonntag jeweils über 60 % Regenwahrscheinlichkeit vorhersagt, könnte Red Bull am Wochenende tatsächlich ein Wörtchen um den Sieg mitreden.

Was die Pace unter regulären Bedingungen angeht, sind die Bullen hingegen eher verhalten. 2016 feierte das Team nach dem doppelten Mercedes-Pech einen Doppelsieg. Eine Wiederholung hält Verstappen ohne Regen für unwahrscheinlich: "Im Trockenen glaube ich das im Moment nicht. Sebastian war wirklich sehr schnell."

Max Verstappen kam durch die rote Flagge obendrein auch nicht zu einem Longrun, war auf einer Runde jedoch auf dem Niveau des Teamkollegen. Allerdings gelang ihm das erst im zweiten Anlauf mit angefahrenen Supersoft-Reifen. "Dir ist natürlich klar, dass die Chancen auf eine Verbesserung auf benutzten Reifen nicht großartig sind, aber ich habe meine Rundenzeit trotzdem um vier Zehntel verbessert", so der Niederländer.

Ricciardo glaubt hingegen, dass das Gesamtpaket des RB13 in Sepang noch Luft nach oben hat: "Ich denke, wenn wir noch irgendwo eine halbe Sekunde finden, sind wir im Kampf dabei." Mercedes muss in dieser Hinsicht noch eine ganze Ecke mehr finden. "Wir werden sehr hart daran arbeiten, um die heutigen Ereignisse zu analysieren und morgen stärker zurückzuschlagen" so Shovlin.

Alonso mischt im McLaren mit

Wer sich am ersten Trainingstag munter unter die Top-Teams mischte, war Fernando Alonso. Der McLaren-Pilot markierte am Vormittag die drittbeste Zeit, im zweiten Training war er Fünfter. "Wir haben verschiedene Konfigurationen versucht, alle erwiesen sich als positiv. Wir müssen uns nun die Daten ansehen und entscheiden, was wir tun", so Alonso, der den bis dato wahrscheinlich besten Freitag des Jahres erlebte.

McLaren schickte seine Nummer eins mit einigen technischen Upgrades auf die Strecke, darunter Weiterentwicklungen im Bereich der Bargeboards. Dass das Team mit diesen aber auch den Rest des Wochenendes mit der Spitze mithalten kann, glaubt McLarens Racing Director Eric Boullier nicht: "Wir haben auch einen Versuch gemacht, der auf die reine Performance ausgelegt war. Ich denke, die anderen Teams haben das aufgrund des Regens heute Morgen nicht gemacht:"