Die Formel-1-Saison 2017 hat uns bisher einen spannenden WM-Kampf beschert. Die große Rennaction fand allerdings nur vereinzelt statt. Der Grand Prix in Singapur verfügte mit dem unerwarteten Regen über alle Zutaten für einen spannenden Nachmittag. Nach der Startkollision zwischen Vettel, Verstappen und Räikkönen war die Luft aber schnell raus. Red Bulls verheißungsvolle Longrun-Pace reichte nicht aus, um Hamilton zu attackieren.

"Wisst ihr, was eine Schande ist?", warf Villeneuve im Gespräch Motorsport-Magazin.com ein, als er auf die Leistung des Rennsiegers angesprochen wurde. "Schau dir einfach mal das Qualifying an. Die Autos sehen schnell aus und es macht Spaß", holte er zunächst mit einem Lob aus, um dann seine Kritik am 14. Saisonrennen loszuwerden: "Es gibt kein Racing."

Der Weltmeister von 1997 war enttäuscht davon, dass Hamilton seinen Verfolger Ricciardo ab dem Ende der Safety-Car-Phase in Runde fünf für den Rest des Rennens scheinbar mühelos kontrollieren konnte. Selbst weitere Neutralisierungen brachten nicht den erhofften Angriff. "Er hatte einen unglaublichen Start und dann freie Bahn", fasste Villeneuve das Rennen des Siegers kurz und bündig zusammen.

"Es geht nicht um Anpressdruck oder um die Flügel", sieht der 46-Jährige den Grund für zu wenig Action nach wie vor nicht beim Konzept der Chassis. Für ihn haben die teilweise ereignislosen Rennen in der Formel 1 nach wie vor nur eine Ursache: "Sie müssen immer langsam fahren um die Reifen nicht zu überhitzen. Aus diesem Grund findet kein Rennen statt."

Für Villeneuve steht fest: "Tatsache ist, dass die Reifen überhitzen und die Fahrer immer nur bei 80 % fahren können. Pirelli muss etwas dagegen tun, denn das zerstört die F1 im Moment." Harte Worte vom 162-fachen Grand-Prix-Teilnehmer. Obwohl die Piloten diese Saison bereits mehrfach über den zu extremen Härtegrad der Pirelli-Pneus klagten, war Villeneuves Kritik in Singapur nicht unberechtigt.

Singapur-Asphalt zwang Pirelli-Reifen in die Knie

Der Grund war der Asphalt des Marina Bay Street Circuit. Während die Oberflächen auf permanenten Rennstrecken sehr fein sind, ist der Asphalt auf Straßenkursen in der Regel deutlich grober. Die Mikrorauheit ist es, die hier den entscheidenden Unterschied macht. Sobald ein Auto rutscht, werden die Reifen dadurch stärker beansprucht, überhitzen schneller und verlieren deutlich stärker an Performance.

Für Pirellis 2017er Pneus war der Belag auf den permanenten Kursen teilweise sogar zu schonend, denn am Aufwärmen der Reifen scheiterten dieses Jahr schon viele Piloten. "Ein Teil der Herausforderung ist schon, ihn ans Arbeiten zu bekommen", erklärte Daniel Ricciardo früh im Jahr. "Es dauert immer eine Weile, um dahin zu kommen."

Im Vorjahr war einer der Hauptkritikpunkte an Pirelli, dass die Reifen im Rennen zu schnell überhitzten. Oft brach der Reifen beim Vordermann sofort ein, sodass er sich nicht mehr wehren konnte, wie Alonso bemängelte: "Du musst dich nicht anstrengen oder den richtigen Moment oder die richtige Stelle abwarten. Wenn es in der einen Kurve nicht klappt, wartest du halt auf die nächste und überholst dann."

Bei anderen potentiellen Duellen strapazierte der Verfolger sein schwarzes Gold nach wenigen Kurven in Dirty Air über und musste seine Offensive einstellen. "Die Reifen sind viel härter als letztes Jahr und sie neigen definitiv weniger zum Überhitzen", hatte Hamilton Pirelli schon nach den ersten Erfahrungen mit der Generation 2017 ein positives Zeugnis ausgestellt.

Die inflationären Überholmanöver vergangener Jahre sehen wir in dieser Saison tatsächlich nicht mehr. Spannende Verfolgungsjagden und Zweikämpfe gab es dafür umso häufiger. In Sochi und auf dem Red Bull Ring gab es Kämpfe bis zum Zielstrich, auch kleinere Duelle wie das von Sebastian Vettel und Max Verstappen in Silverstone hatten eine längere Halbwertszeit.

Pirelli: Kein Reifen ohne Verschleiß

In Singapur sorgte der Asphalt dafür, dass es den Piloten nicht möglich war, unter Rennpace dicht hintereinander herzufahren. Dass Reifenschonen irgendwann in der Saison wieder ein Thema werden würde, hatte Hamilton schon im März bei den Testfahrten prognostiziert: "Du kannst nicht immer zu 100 Prozent pushen. Die Reifen bauen immer noch ab."

Pirelli hatte allerdings von vornherein nicht auf dem Plan, einen unzerstörbaren Reifen zu konstruieren. "Die Anforderung war, unterschiedlichen Verschleiß zu haben - und nicht keinen", stellte Pirelli-Manager Mario Isola klar. Dass Hamiltons Vorahnung also in manchen Fällen doch noch eintritt, dürfte für die Italiener keine allzu große Überraschung sein. Genauso wenig wie die Kritik Villeneuves.