Die Millionen seines Vaters halten Williams aktuell gut am Leben. Doch Lance Stroll will als amtierender Formel-3-Europameister mit Leistung in der Formel 1 überzeugen. Aller Anfang ist schwer: Nach Testunfällen und schwachen Leistungen in den ersten Rennen stempelte ihn Landsmann Jacques Villeneuve als schlechtesten Rookie der Geschichte ab. Doch plötzlich schienen die zahlreichen Privattests im 2014er Williams zu fruchten, Stroll holte in Kanada seine ersten Punkte, in Baku sogar sein erstes Podium. Motorsport-Magazin.com traft ihn kürzlich zum Exklusiv-Interview.

Wie würdest du deine erste Saison in der Formel 1 bislang selbst zusammenfassen?
Lance Stroll: Es lief ziemlich gut bisher. Wir hatten einige schwierige Zeiten, aber das haben wir in der Rookie-Saison auch erwartet. Alles in allem lief es aber mit dem Podium und Punkten in drei Rennen ziemlich gut. Klar, wir hatten einige Probleme, das Auto ist nicht so gut wie wir es gerne hätten. Alles in allem bin ich mit der Entwicklung zufrieden, die ich als Fahrer gemacht habe.

Was war die größte Überraschung für dich, als du in die Formel 1 gekommen bist?
Lance Stroll: Nichts besonderes. Das Auto unterscheidet sich offensichtlich stark von jenem, welches ich vergangenes Jahr gefahren bin. Aber grundsätzlich war ich allem sehr offen, als ich in die Formel 1 gekommen bin. Ich habe jetzt nicht viel erwartet. Ich habe mir in den Kopf gesetzt, alles von Rennen zu Rennen zu sehen. Alles war neu für mich. Aber mit der Zeit gewinnst du Erfahrung und gewöhnst dich an alles.

Beeindruckend ist die Technik, vor allem, wie komplex die Motoren sind. Auch wie das Design aussieht und wieviel Arbeit darin steckt. Bis zu einem gewissen Grad ist es vielleicht zu viel. Aber F1 ist die Spitze des Motorsports und wir haben die besten Ingenieure der Welt.

Die Pirelli-Reifen sind für jeden Rennfahrer schwierig, weil ihre Charakteristik ganz anders ist als das, was ihr sonst kennt. Wie gelang dir die Unstellung?
Lance Stroll: Am Anfang musste ich meinen Fahrstil daran anpassen. Ich habe mich da viel mit meinen Ingenieuren und meinem Team ausgetauscht und sie haben mir bei dem Lernprozess geholfen, wie ich den Reifen auf Temperatur bringe und wie ich damit zu fahren habe, auch wie ich damit umzugehen haben während eines Rennens. Im Renn-Stint ist es sehr wichtig, wie man die Reifen managt. Der Unterschied zu vergangenem Jahr ist sehr groß. Aber mit der Zeit sammelst du deine Erfahrung und du verstehst, wie der Reifen funktioniert und was ihn glücklich macht.

Inwiefern hast du deinen Fahrstil geändert?
Lance Stroll: Um die Reifen richtig vorzubereiten, konzentrierst du dich mehr auf das Bremsen, um die Vorderreifen aufzuwärmen. Die Hinterräder sollen hingegen kalt bleiben, sie sollen so kühl wie möglich sein. Das hängt damit zusammen, dass die Vorderreifen gute Temperatur haben, um gut in die Kurven zu kommen. Vergangenes Jahr habe ich sehr spät und hart gebremst. Das geht in der Formel 1 so nicht. Wenn du hart in die Eisen steigst, geht die Oberflächentemperatur der Vorderreifen nach oben und wenn du dann in die Kurve einbiegst, neigt das Auto dazu, Grip zu verlieren. Vergangenes Jahr ist mir das so nie passiert. Die Charakteristik war, dass ich spät bremsen konnte und in der Kurve dennoch genug Grip hatte. Entsprechend habe ich meinen Stil angepasst und bremse jetzt früher, sanfter und länger mit gleichbleibendem Druck. Zudem liegt mein Fokus jetzt mehr auf dem Kurvenausgang. Ich achte darauf, keinen Wheelspin zu haben. Denn das verschleißt die Hinterräder.

Lance Stroll stellt sich den Fragen von Motorsport-Magazin.com, Foto: Sutton
Lance Stroll stellt sich den Fragen von Motorsport-Magazin.com, Foto: Sutton

Wieviel davon basiert auf Feeling und wieviel auf Daten, die du mit den Ingenieuren durchgehst?
Lance Stroll: Es ist ein Zusammenspiel aus beidem. Man muss sich die Daten natürlich anschauen, um zu verstehen, was man falsch macht. Aber es geht auch darum, etwas auch einfach zu tun und selbst herauszufühlen, was falsch und was richtig ist. Das dauert aber. Es dauert Wochen, sich dazu zu zwingen, bestimmte Dinge zu ändern.

In der Formel 3 bist du Hankook-Reifen gefahren. Wäre es diesbezüglich vielleicht besser gewesen, in der GP3 oder der GP2 zu fahren, um die DNS der Pirelli-Pneus zu lernen?
Lance Stroll: Vielleicht entwickelt man da eher Verständnis für die Reifen. Aber auch der Unterschied zwischen GP3 und F1 ist da. Die Formel 3 ist auch eine gute Rennserie. Die meisten Fahrer hier in der Startaufstellung sind Mal in der F3 gefahren, also sollt es eine ganz gute Vorbereitung sein.

Es ist kein Geheimnis, dass das Jahr ziemlich suboptimal für dich begonnen hat. Unfälle beim Test, Kollisionen in den ersten Rennen und fehlende Pace. Hattest du irgendwann Selbstzweifel?
Lance Stroll: Ich finde nicht, dass ich schlechte Rennen hatte. Ich habe schon erwartet, dass es schwierig wird, wenn ich hier ankomme. Aber ich habe es in meinem ersten Rennen geschafft, auf das Podium zu fahren und bin damit der jüngste Rookie, dem das je geglückt ist. Ich war auch in meinem zweiten Rennen in China bereits in Q3. In den Rennen gab es Berührungen und weitere Sachen, die nicht in meiner Hand lagen. Ich finde nicht, dass ich wirklich schlechte Rennen hatte. Es ist eben schwierig, aber das habe ich auch so erwartet. Es gab herausfordernde Zeiten, aber wir haben sie überstanden.

Aber während der Wintertests hattest du offensichtlich mit dem Auto zu k Autos zu kämpfen gehabt. Je gedacht, dass F1 zu groß für dich ist?
Lance Stroll: Nein, das habe ich nie gedacht. Ich war mir dessen bewusst, was ich in der Vergangenheit geschafft habe. Ich habe alles gewonnen, wo ich unterwegs gewesen war. Für mich war es eine neue Herausforderung, die einfach etwas Zeit gebraucht hat.

Zu Beginn der Saison war dein Rückstand auf Felipe relativ groß. In Baku hast du das Setup geändert, plötzlich lief es. Woran lag es? Was hast du geändert?
Lance Stroll: Ich hatte über den ersten Teil der Saison einen bestimmten Fahrstil und bin dann an einem Punkt angelangt, wo ich mich nicht mehr wohl gefühlt habe im Auto. Wir haben das Setup darauf grundlegend geändert und sind einen ähnlichen Weg wie Felipe gegangen. Darauf habe ich mich wesentlich wohler im Auto gefühlt. Ich hatte dann das Gefühl, mit dem Auto machen zu können, was ich wollte. Das hat meiner Performance geholfen.

Was genau hast du geändert?
Lance Stroll: Es hat einfach Zeit gebraucht. Mit meinem alten Fahrstil habe ich gewisse Dinge getan, die dem Auto nicht gut getan haben. Ich habe zu spät und zu hart gebremst. Ich musste also zunächst meinen Fahrstil ändern. Als mir das geglückt ist, konnte ich wieder zurück zum alten Setup gehen.

Wie viel wird von dir noch kommen?
Lance Stroll: Ich glaube viel. Ich kann zwar keine Zahlen nennen, aber es gibt noch viel, was ich lernen und verstehen lernen kann, um ein noch besserer Fahrer zu werden, als ich das jetzt nach zwölf Rennen bin. Da wird sicherlich noch einiges von mir kommen.

Lance Stroll kommt langsam in Fahrt in der Formel 1, Foto: LAT Images
Lance Stroll kommt langsam in Fahrt in der Formel 1, Foto: LAT Images

Felipe vergleicht eure Situation mit seiner, als er zu Ferrari gekommen ist. Du bist der junge Massa, er der erfahrene Schumacher. Wie siehst du das?
Lance Stroll: Es ist eine gute Beziehung. Er hat eine Menge Erfahrung. Er ist ein sehr netter Kerl. Wir arbeiten beide hart daran, dem Team zu helfen. Wir kommen sehr gut miteinander klar. Wir reden darüber, wie wir das Auto verbessern können. Er gibt mir auch Tipps das Wochenende über, die sehr hilfreich sind. Er ist alles in allem ein guter Benchmark.

Für dich muss das eine tolle Situation sein, denn du bist großer Michael Schumacher Fan. Was fasziniert dich so sehr an ihm - abgesehen von den Erfolgen?
Lance Stroll: Er ist eben mein Vorbild. Er war ein großartiger Fahrer, ist Champion. Ich habe ihn einige Male getroffen und er war immer sehr bescheiden und bodenständig. Aus diesen Gründen war ich damals ein Fan von ihm.

Wie sieht es mit deiner Zukunft aus? Du hast offiziell noch keinen Vertrag für 2018 unterschrieben.
Lance Stroll: Im Moment fokussiere ich mich auf den Rest der Saison. Ich schaue von Rennen zu Rennen und es ist noch ein langes Jahr. Nächstes Jahr will ich mich als Fahrer weiter verbessern und ich hoffe, das Auto wird nächstes Jahr konkurrenzfähiger, damit wir regelmäßiger um Punkte kämpfen können und vielleicht auch um mehr Podien. Das wäre großartig. Wir haben hier neue Leute, wie zum Beispiel Paddy [Lowe], der das Design für das nächstjährige Auto mitverantwortet. Wir haben auch Leute in der Fabrik, die am neuen Auto beteiligt sein werden, an dem aktuellen aber noch nicht. Da wird es einige Verbesserungen geben.

Das heißt, du planst fix mit Williams für die kommende Saison?
Lance Stroll: Ja.