Lewis Hamilton fügt Ferrari bei dessen wichtigem Heimspiel eine herbe Schlappe zu. Der Mercedes-Star untermauerte seinen Status als Monza-Spezialist und gewann zum vierten Mal den Großen Preis von Italien. Zuvor knackte Hamilton mit seiner 59. Pole Position den Rekord von Michael Schumacher in der Formel 1. Und damit noch nicht genug: Hamilton übernahm erstmals in dieser Saison die Führung in der Weltmeisterschaft von Sebastian Vettel.

Hamilton hatte auf dem Weg zu seinem sechsten Sieg in diesem Jahr und dem zweiten innerhalb einer Woche keinerlei Probleme. Von der Pole waren die Überraschungs-Hintermänner Lance Stroll und Esteban Ocon überhaupt keine Hürde. Hamilton dominierte das Geschehen im Königlichen Park nach Belieben. Er überquerte die Ziellinie vor Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas mit 4,4 Sekunden Vorsprung.

Vettel betreibt Schadensbegrenzung

Sebastian Vettel betrieb nach dem verpatzten Qualifying am Samstag Schadensbegrenzung. Von Startplatz sechs kämpfte er sich ohne größere Schwierigkeiten bis auf Platz drei nach vorne. Der Ferrari-Star überholte kurz nach dem Start Teamkollege Kimi Räikkönen, der sich schwerer tat, in der ersten Rennhälfte über Probleme am Heck seines Autos klagte und nur Fünfter wurde.

In der zweiten Rennhälfte konnte sich Räikkönen nicht gegen den heranstürmenden Ricciardo mit seinen Supersoft-Reifen verteidigen und musste den Überraschungs-Red-Bull ziehen lassen. Ein weiterer Husarenritt von Ricciardo, der das Rennen wegen einer Motorenstrafe vom 16. Startplatz aufgenommen hatte. "Ich habe zum Podium aufgeschlossen", sagte Ricciardo. "Ich habe pro Runde eine Sekunde zu Seb aufgeholt. Aber er konnte noch mal ein bisschen aufdrehen und ich verbrauchte meine Reifen."

Teamkollege Max Verstappen erlebte den nächsten rabenschwarzen Sonntag und war nach einem frühen Reifenschaden in Folge einer Kollision mit Felipe Massa chancenlos. Verstappen rettete sich immerhin auf Platz zehn: "Mein Rennen war nach drei Runden im Prinzip vorbei. Also musste ich aufholen. Mit meinem Rennen bin ich ziemlich glücklich, denn die Pace hier in Monza stimmte."

4. Monza-Sieg für Lewis Hamilton, Foto: LAT Images
4. Monza-Sieg für Lewis Hamilton, Foto: LAT Images

Die Punkteränge: Hinter Räikkönen überquerte Esteban Ocon die Ziellinie als Sechster. Der Force-India-Pilot war überraschend von Platz drei gestartet, konnte mit den Mercedes und Ferrari bei trockenen Bedingungen aber nicht mithalten. Ähnlich erging es Lance Stroll, der mit Platz sieben zumindest ein paar WM-Zähler mitnahm. Williams-Teamkollege Felipe Massa komplettierte die Top-8. Max Verstappen sicherte sich nach einem späten Gerangel mit Kevin Magnussen den zehnten Platz hinter Sergio Perez.

Der WM-Stand: Lewis Hamilton übernimmt erstmals in der Formel-1-Saison 2017 alleine die WM-Spitze. Mit seinem zweiten Sieg innerhalb einer Woche überholte er den bisherigen Spitzenreiter Sebastian Vettel. Hamilton hat nach 13 von 20 Rennen 238 Punkte auf dem Konto. Vettel liegt mit 235 Zählern dahinter. Valtteri Bottas bleibt Gesamtdritter mit 197 Punkten vor Daniel Ricciardo (144). Kimi Räikkönen belegt den fünften Platz miz 138 Zählern - genau 100 Punkte weniger als Hamilton.

Das sagen Hamilton, Bottas & Vettel zum Rennen

Lewis Hamilton: "Die Mercedes-Power war hier definitiv besser als die von Ferrari. Was soll ich sonst noch sagen? Der Start war ein bisschen schwierig, ich hatte wenig Grip. Aber es war ein ganz toller Tag für uns. Das Team hat versucht, alles am Auto zu optimieren und zu maximieren. Valtteri und ich haben alles rausgeholt."

Valtteri Bottas: "Lewis war ganz schön schnell hier. Ich musste den Kopg unten halben und versuchen, Platz für Platz gutzumachen. Das Auto war so stark. Ich habe auch am Funk gesagt: Wahnsinn, wie schnell wir sind. Es war ein Riesenspaß und eine Wahnsinns-Freude, das Auto zu fahren. Ein perfektes Ergebnis fürs Team."

Sebastian Vettel: "Ich weiß, dass ich nur Dritter geworden bin. Aber nach der Auslaufrunde und dem Podium hier fühlt man sich wie der König der Welt. Der Start war nicht so gut, ich hatte durchdrehende Reifen. Es hat etwas gebraucht, bis ich Vertrauen ins Auto hatte, dann konnte ich gut überholen. Ich hatte aber nicht die Pace der Führenden. Auch, wenn wir heute bei der Performance eine auf den Deckel bekommen haben, weiß ich, dass wir ein gutes Auto haben."

Ein paar Buhrufe der Tifosi für Lewis Hamilton auf dem Podium - er kann es verschmerzen, Foto: LAT Images
Ein paar Buhrufe der Tifosi für Lewis Hamilton auf dem Podium - er kann es verschmerzen, Foto: LAT Images

Das Wetter: Sonnenschein in Bella Italia! Beste Verhältnisse nach dem Regen-Chaos im Qualifying am Samstag. 24 Grad Luft- und 37 Grad Streckentemperatur sorgten für beste Verhältnisse für die 75.000 Zuschauer am Rennsonntag. Insgesamt kamen 167.000 Fans zum Wochenende in Monza.

Der Start: Lewis Hamilton hatte keinerlei Mühe, die Pole zu verteidigen. Nach der ersten Runde hatte der Mercedes-Star bereits einen Vorsprung von knapp zwei Sekunden. Dahinter konnte sich Lance Stroll nicht gegen Esteban Ocon wehren und musste dem Force-India-Piloten den zweiten Platz überlassen. Für beste Unterhaltung sorgten die beiden Finnen Valtteri Bottas und Kimi Räikkönen mit engen Rad-an-Rad-Duellen. Zunächst zog der Ferrari-Pilot vorbei auf den vierten Platz, dann setzte sich Bottas mit einem Überholmanöver außen in der Parabolica durch. Insgesamt ein sehr gesitteter Start des Feldes.

Ein Reifenschaden wirft Max Verstappen früh zurück, Foto: LAT Images
Ein Reifenschaden wirft Max Verstappen früh zurück, Foto: LAT Images

Die Zwischenfälle: Schon wieder Max Verstappen! In Runde drei kollidierte er mit Felipe Massa und zog sich einen Reifenschaden vorne rechts zu. Dem leidgeplagten Niederländer blieb nichts anderes übrig, als die Box für einen viel zu frühen Reifenwechsel anzusteuern.

Im ersten Renndrittel gerieten Fernando Alonso und Jolyon Palmer wieder einmal aneinander. Alonso beschwerte sich, dass der Brite den zwölften Platz nicht zurückgegeben habe, nachdem er in der zweiten Schikane abgekürzt hatte. Sah die Rennleitung ähnlich und brummte Palmer eine 5-Sekunden-Zeitstrafe auf. Alonso: "Das ist ein Witz!"

Wenige Runden vor Schluss kamen sich Max Verstappen und Kevin Magnussen beim Kampf um Platz 10 ins Gehege. In der Curva Grande kam es zu einer leichten Berührung beider Autos, Magnussen fühlte sich abgedrängt. "Wenn das erlaubt ist, ist das völlig verrückt", regte sich Magnussen am Funk auf.

Die Strategien: Ein ganz eindeutiges Einstopp-Rennen in Monza. Nach dem Regen-Qualifying konnten alle Fahrer ihre Startreifen wählen. Die Spitze entschied sich geschlossen für einen Start auf den Supersoft-Reifen. Zur Rennmitte erfolgte bei Mercedes und Ferrari der Wechsel auf die Soft-Mischungen. Für einen Strategie-Kniff gab es keinen triftigen Grund in der Spitzengruppe. Daniel Ricciardo wählte von Startplatz 16 eine andere Strategie und startete auf den Soft-Reifen. So konnte er den Schluss-Stint auf den schnelleren Supersofts fahren.

Die Boxenstopps: Kimi Räikkönen legte als Erster einen Stopp an der Box ein. Der Finne kam auf Platz sechs liegend in der 16. Runde zum Reifenwechsel und wechselte von Supersoft auf Soft. Zuvor war es Räikkönen nicht gelungen, seine Vordermänner Ocon und Stroll zu überholen. Sebastian Vettel holte sich von Platz 3 in der 32. Runde einen neuen Satz Reifen und fuhr den zweiten Stint auf Soft-Reifen.

Der Führende Lewis Hamilton reagierte in der darauffolgenden Runde und wechselte ebenfalls von Supersoft auf Soft. In Runde 34 kam schließlich auch Valtteri Bottas zum Reifenwechsel rein. Daniel Ricciardo kam von P3 im 38. Umlauf an die Box und kehrte hinter Vettel und Räikkönen als Fünfter zurück auf die Strecke. Der Australier wechselte von seinen Soft-Startreifen auf die Supersofts.

Daniel Ricciardo fuhr im Rennen von Startplatz 16 bis auf P5 nach vorne, Foto: LAT Images
Daniel Ricciardo fuhr im Rennen von Startplatz 16 bis auf P5 nach vorne, Foto: LAT Images

Die Ausfälle: Jolyon Palmer war in der 30. Runde das erste Opfer des Rennens. Renault beorderte den Briten wegen eines Problems an die Box - Feierabend für den Fahrer, dessen Cockpit für 2018 heißbegehrt ist. Wenig später erwischte es einmal mehr einen McLaren-Piloten. Diesmal war es Stoffel Vandoorne, der wegen eines Power-Verlusts sein Auto vorzeitig abstellte. Gerüchtehalber könnte sich McLaren schon am Montag nach dem Rennen von Honda trennen. Zwei Runden vor Schluss wurden zudem Marcus Ericsson und Fernando Alonso vorzeitig an die Box gerufen.

Die Analyse: Klare Angelegenheit bei trockenen Bedingungen für Mercedes. In Monza wirkte der Vorsprung auf Ferrari größer als zuletzt in Spa. Lewis Hamilton und Valtteri Bottas verwalteten die Doppelführung und den nächsten Doppelsieg souverän. Sebastian Vettel konnte den beiden Silberpfeilen diesmal nicht gefährlich werden. Kimi Räikkönen kämpfte eine Weile mit seinem Auto und musste sich Daniel Ricciardo - dem heimlichen Star des Rennens - in der Schlussphase geschlagen geben. Nach den beiden Highspeed-Kursen von Spa und Monza geht es in zwei Wochen weiter auf den Stadtkurs von Singapur.

Die Top-Facts des Rennens

  • Hamilton feiert 4. Sieg nach 6. Monza-Pole
  • 6. Saisonsieg für Hamilton - Vettel bleibt bei 4
  • Hamilton übernimmt erstmals alleinige WM-Führung
  • Ricciardo verbesser sich von Startplatz 16 auf P5
  • Verstappen nach Reifenschaden nur Zehnter
  • Beide McLaren sehen die Zielflagge nicht