Noch acht Rennen stehen in der Formel-1-Saison 2017 auf dem Programm. 20 Rennen werden insgesamt absolviert sein, wenn in Abu Dhabi Ende November der Weltmeister gekrönt wird. Dass es nicht - wie im Vorjahr - 21 Rennen sind, liegt am Wegfall des Deutschland GP, der erst im kommenden Jahr wieder Bestandteil des Kalenders sein wird. Für 2018 sind dann auch wieder jene 21 Rennen geplant, der zurückkehrende Frankreich GP ersetzt dabei den Malaysia GP, der nicht mehr ausgetragen wird.

Carey bringt Ausweitung auf 25 Rennen ins Spiel

Jene 21 Rennen sind für viele Beteiligte in der Formel 1 schon fast zu viel. Doch in den kommenden Jahren könnte der Umfang noch weiter zunehmen. Chase Carey, Nachfolger von Bernie Ecclestone als Geschäftsführer der Formel 1, brachte für die Zukunft eine Aufstockung des Kalenders auf 25 Rennen ins Spiel. Die neuen Eigentümer um Liberty Media wollen die Formel 1 populärer machen, vor allem Rennen auf dem nordamerikanischen Kontinent sollen dazu kommen. Zudem sollen die Rennwochenenden einen verstärkten Eventcharakter bekommen.

Wenngleich noch keine exakten Pläne bestehen, wie genau die Ausweitung des Rennkalenders stattfinden soll, spaltet das Thema das Fahrerlager. Red-Bull-Teamchef Christian Horner gehört zu den Kritikern. "Wenn wir auf das kommende Jahr blicken, haben wir einen Triple-Header, gefolgt von einem Double-Header mit nur einem Wochenende Pause dazwischen. Aus meiner Sicht sind 21 Rennen das absolute Limit", stellte er klar.

Horner spricht dabei den Monster-Sommer 2018 an. Der Frankreich GP sowie die Rennen in Spielberg und Silverstone folgen direkt nacheinander, nach einer Woche Pause folgen dann Hockenheim und Ungarn am Stück. Macht fünf Rennen in sechs Wochen.

Horner verweist dabei auch auf die finanziellen Belastungen für die Teams. "Wir pushen die Teams, die Ingenieure, das ganze Reisepersonal. Das bedeutet, wir bräuchten Wechselschichten. Und sobald man das tut, steigen die Kosten exponentiell dazu, weil man viel mehr Arbeitsleistung benötigt", mahnt Horner.

Christian Horner kritisiert die geplante Ausweitung des Rennkalenders, Foto: Sutton
Christian Horner kritisiert die geplante Ausweitung des Rennkalenders, Foto: Sutton

Umstrukturierung des Kalenders ein Muss

Aktuell folgt der Kalender einem ziemlich stringenten Muster. Saisonstart ist am letzten Sonntag im März, das Finale steigt am letzten November-Wochenende. Macht eine Winterpause von offiziell vier Monaten, wenngleich im Februar bereits die Testfahrten auf dem Programm stehen. Im Saisonverlauf gibt es von Ende Juli bis Ende August eine vierwöchige Sommerpause.

An dieser Strukturierung müsste sich bei einer weiteren Aufstockung des Kalenders wohl etwas ändern, will man nicht noch mehr Back-to-Back-Rennen haben. Vermutlich mit einem früheren Saisonbeginn und/oder einem späteren Ende.

Haas-Teamchef Günther Steiner glaubt, dass sich die Teams im Fall der Fälle ohnehin auf beides einstellen müssten. "Es wird beides geben, anders wird es nicht funktionieren. Ansonsten hätte man nur noch Back-to-Back-Rennen, und das ist unmöglich. Es gibt keine andere Möglichkeit, 25 Rennen unterzubringen", ist Steiner überzeugt.

Er bringt stattdessen eine Neugestaltung der Rennwochenenden an sich ins Spiel, um die Belastung zu reduzieren. "Vielleicht sollten wir die Wochenenden verkürzen, die Zeit verringern, in der wir unsere Garagen aufbauen. Das sollte man eher kontrollieren", meint der Südtiroler.

Grundsätzlich stehe er einer Aufstockung aufgeschlossen gegenüber, er verweist jedoch darauf, dass Carey selbst noch mit keinem Team darüber gesprochen habe. "Er hat nur gesagt, dass er es gerne machen würde. Aber bevor er das macht, bin ich sicher, würde er in die Strategiegruppe kommen und reale Antworten darauf bekommen, was die Teams können und was nicht. Er wird nicht einfach etwas organisieren, was wir nicht leisten können", versucht Steiner der Diskussion etwas Wind aus den Segeln zu nehmen.

Klar ist: Mit jedem weiteren Rennen steigen die Einnahmen für die kommerziellen Rechteinhaber der Formel 1, sprich für Liberty Media. Aus wirtschaftlicher Sicht ist es also verständlich, dass die Amerikaner ein Interesse daran haben, so viele Rennen wie möglich auszutragen.

Besonders der amerikanische Markt liegt Liberty Media am Herzen, Foto: Sutton
Besonders der amerikanische Markt liegt Liberty Media am Herzen, Foto: Sutton

Qualität über Quantität?

Doch Cyril Abiteboul, Managing Director von Renault, spricht ein Kernproblem an dieser Vorgehensweise an. "Ich denke, Qualität steht über Quantität", sagte der Franzose. "Ich denke, wir brauchen ikonische, große Rennen, etwas wirklich Großes, das die Erwartungen für die Rennen schürt", so Abiteboul weiter.

Er sieht keine Notwendigkeit, die Aufstockung des Kalenders als Mittel zur Steigerung der Attraktivität der Formel 1 zu benutzen. "Wenn man sich die Vergangenheit ansieht, hat man nicht viele Rennen benötigt, um die Formel 1 populär zu machen", zeigt er auf. Vielmehr drohe eine Übersättigung, was die Fans eher dazu veranlassen könnte, der Formel 1 den Rücken zu kehren.

Christian Horner versucht sich an einer Metapher. "Es ist wie ein gutes Buch. Viele verschiedene Kapitel machen ein gutes Buch aus, aber nicht jedes Kapitel an sich ist aufregend und fesselnd. Aber es kann der Punkt kommen, an dem man es übertreibt", meint der Brite. Entsprechend schließt er sich Abitebouls Standpunkt an. "Pickt euch die Premium-Events heraus, die großen Events und macht sie fantastisch. Qualität über Quantität ist auch unser Credo", fügte er an.

Auch hier vertritt Günther Steiner eine etwas andere Ansicht. Für ihn ist die Frage der Übersättigung auch eine Frage der Definition. "Manche Leute wollen mehr Rennen, andere sind glücklich, wie es ist, andere wollen weniger. Es sollte ziemlich ausgeglichen sein. Das Gute an vielen Rennen ist, dass man sich ja selbst dafür entscheiden kann, einige Rennen nicht anzusehen. Wenn sie aber nicht vorhanden sind, kann man es auch nicht entscheiden, weil es sie schlicht nicht gibt", argumentiert Steiner für die Entscheidungsfreiheit und damit die Eigenverantwortlichkeit der Fans.

In Spa wurde ein Zuschauerrekord aufgestellt, Foto: LAT Images
In Spa wurde ein Zuschauerrekord aufgestellt, Foto: LAT Images

Belastungen für die Fahrer kein Thema

Relative Einheit besteht jedoch bei der Frage, ob die zunehmende Anzahl an Rennen eine Belastung für die Fahrer wäre. "Wie jeder andere Sportler brauchen auch sie Zeit, um sich zu regenerieren. Aber ich sehe nicht, dass es bei Back-to-Back-Rennen da besondere Probleme gäbe. Ob 21 oder 25, das macht keinen großen Unterschied", sagte Abiteboul.

Christian Horner wird bei seinen Ausführungen noch deutlicher. "Die meisten Fahrer sind Mitte 20, Anfang 30 und die meisten bekommen Millionen dafür gezahlt, die besten Autos der Welt zu fahren, und das an 21 Wochenenden im Jahr. Für mich klingt das nach einem guten Deal", stellt er klar.

Zumal die Belastung heute eher noch geringer sei als früher. "Es gibt keine Testfahrten mehr. Wenn man sich nun die Anforderungen an die Fahrer ansieht im Vergleich zu der Zeit vor 15 Jahren; damals sind sie nach dem Rennen nach Jerez geflogen zu einem dreitägigen Test, danach ging es direkt zum nächsten Rennen. Das Leben eines Rennfahrers, verglichen damit, wie es einmal war, hat sich viel mehr auf das Rennfahren fokussiert, weshalb sie jetzt viel mehr Freizeit haben als vor 10, 15 Jahren", erklärt Horner.

Steiner schließt sich diesen Ausführungen an: "Physisch ist es kein Problem für die Fahrer. Und wie Cyril und Christian bereits sagten, haben sie ein gutes Leben. Vier Sonntage mehr zu fahren, sollte sie nicht stören."